Wir haben es ja so gewollt. Wir wollen ja den örtlichen Handel nicht mehr unterstützen. Stattdessen die ganzen Paketdienste und die Versandunternehmen. Und auch wenn ich mich lieber beraten lasse, Dinge anschaue und vielleicht auch anfasse, und dafür am Ende 3 bis 20 Prozent
mehr bezahle – ich habe fast keine Chance mehr. Ein Geschäft nach dem nächsten schließt oder ist bereits geschlossen, und die wenigen, die noch vor Ort sind, haben kaum noch Auswahl. Wir haben es so gewollt.
Also suche ich im Netz nach dem günstigsten Preis, scrolle bis zum ersten seriösen Händler und bestelle. Einen Artikel, den ich hier nicht bekomme, für 202 Euro. Am dritten Weihnachtstag. Da hatte ich ja Zeit dafür. Per Kreditkarte gezahlt, Versand kostenlos nach Hause – die Ware verlässt unser Lager noch am selben Tag! Wow.
Ich könnte das Ende der Arie vorweg nehmen, indem ich erwähne, dass ich bis heute noch keine Ware erhalten habe. Aber das wäre nicht so unterhaltsam.
Man mag ja so einem Versandhändler zugestehen, dass er nach Feiertagen (und insbesondere zwischen Feiertagen) sein Versprechen, die Ware verlässt am selben Tag sein Lager, nicht einhalten kann. Immerhin kommt am 02.01., also am vierten Werktag nach meiner Bestellung, der Paketbote zu mir. Kurz vor 17.00 Uhr klingelt er, stellt ein Paket auf meine Fußmatte und hält mir sein Gerät zur Unterschrift hin. Ich sehe, dass das Paket in Fetzen hängt und sage: „Oh, das möchte ich mir erstmal
angucken.“
Da auch der Inhalt schon klappert und klimpert, verweigere ich gleich
die Annahme. Er hält mir wieder sein Gerät hin. „Nein, ich verweigere die Annahme.“ – „Du nix Paket?“ – „Nein, das Paket ist kaputt. Geht zurück.“ – „Nix Paket?“ – „Nein! Zurück!“ – „Dein Paket hier. Nix Paket?“ – „Nein! Annahme verweigert. Nix Paket, Paket zurück. Da: Kaputt. Broken. Return!“ – „Ah.“ – Er klimperte auf seinem Gerät herum, hielt es mir wieder hin. Und fragte: „Du nix Paket?“
Nix Paket. Als er wieder weg war, schaute ich in die Sendungsverfolgung. „Das Paket ist beschädigt und wird zur Nachverpackung an eine Zustellbasis weitergeleitet. Wir bedauern die Unannehmlichkeiten. Die Zustellung wird sich um ein bis fünf Tage verlängern.“
Am 03.01., gegen 17.00 Uhr, klingelt es erneut. Derselbe Paketbote. Mit demselben Paket. Dieses Mal mit ein paar hübschen braunen Klebestreifen an der Seite des Kartons, die gestern noch in Fetzen hing.
Ob sie den Inhalt wohl auch geklebt haben? Wieder hält er mir sein Gerät hin. Ich hole einen dicken schwarzen Faserstift, lasse mir das Paket auf den Schoß stellen, streiche meine Adresse durch und schreibe „Annahme verweigert“ in großen Lettern auf den Karton. Was dem Paketboten missfällt. „Nix Paket?“
„Nee. Nix Paket, finished, goodbye“, sage ich ihm. Normalerweise rede
ich nicht so. Ich möchte den Job nicht machen. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass man, bevor man jemanden alleine auf Tour schickt, nicht
überprüft, ob er einen Führerschein hat und ob er „Annahme verweigert“ versteht. Verarschen kann ich mich also auch alleine.
Zwei Stunden später klingelt es erneut an meiner Tür. Meine Nachbarin: „Huhu, ich hab Sie gar nicht kommen sehen. Ich habe ein Paket
für Sie angenommen.“ – „Da steht doch groß drauf: Annahme verweigert.“ –
„Ja, ich hab mich schon gewundert, wer das da drauf geschrieben hat.“
Ich schreibe also eine Mail an den Absender. Der antwortet sofort: „Dann müssen Sie das Paket an uns zurücksenden.“ – Ich stehe dafür zwanzig Minuten in einer Filiale des Unternehmens an, zahle sieben Kröten dafür und bekomme heute eine Mail, dass die Ware wieder eingegangen, aber beschädigt sei. Man akzeptiere, dass ich von meinem Widerrufsrecht als Endverbraucher Gebrauch machen möchte, allerdings sei
eine Erstattung des Kaufpreises ausgeschlossen, da der Inhalt nicht mehr verkaufsfähig sei.
Ich hätte eigentlich die Nachbarin, die das Paket angenommen hat, im Regen stehen lassen müssen. Gut gemeint ist mal wieder das Gegenteil von
gut gemacht. Ich könnte kotzen.