Fast jeder erfolgreiche Kinofilm wird ein zweites Mal aufgewärmt. Mit einem zweiten Teil. Der zweite Teil wird meistens mit weniger finanziellen Mitteln produziert als der erste, und so wundert es nicht, warum der zweite (dritte, vierte, …) Aufguss oft nicht mal annähernd das Niveau des ersten Filmes erreicht. Nicht so bei „Keinohrhasen“. Dessen zweiter Teil, „Zweiohrküken“, ist durchaus sehenswert. Ich persönlich finde ihn wesentlich trauriger und tiefsinniger als den ersten Film, aber am Ende sind alle happy. Etliche Gags sind auch dabei, einige niveauvolle, viel Schweinkram und die übliche Portion Machogehabe. Im Gegensatz zum ersten Film (oder habe ich es nur schon verdrängt) gibt es einige sehr alberne und irreale Szenen.
Zusammengefasst: Der Film hat mir gefallen. Das Popcorn hat auch geschmeckt. Die Leute, mit denen ich dort war (Sofie, Frank, Liam und Lina), waren gut drauf. Der Rest war Scheiße. Stinkesocke meckert mal wieder. Über ein Chaos, wie es in einer Comedy nicht besser könnte vorkommen.
Sinnvollerweise reserviert man für einem Samstagabend die Kinokarten vorher. Es gibt eine Reservierungs-Hotline. Dort unterhält man sich mit einem Computer. Über den kann man sich durch ein Menü fragen und für jede erdenkliche Vorstellung jede freie Karte reservieren. Ob Loge oder Parkett, ob am Gang oder in der Mitte, egal welcher Film, welche Uhrzeit und mit wievielen Personen, man bekommt am Ende eine Abholnummer und kann sich direkt im Kino seine vorbestellten Karten aus einem Automaten holen. Das gleiche funktioniert auch über ein Online-Portal. Super bequem. Es sei denn, man ist Rollstuhlfahrer. Rollstuhlfahrerplätze lassen sich nicht über das Internet oder über den Sprachcomputer der Hotline reservieren. Es gibt aber auch keine Möglichkeit, im Kino direkt
anzurufen. Es sei denn, man kennt den Trick 17: Man quatscht sich durch sämtliche Abfragen durch und gibt dann bei der Anzahl der zu reservierenden Karten einfach „neun“ (oder mehr) ein. Dann nämlich wird man mit einer Mitarbeiterin der Kasse verbunden, die die Bestellung persönlich aufnimmt.
Leider kommt diese Abfrage für die Anzahl erst ganz am Ende. Und es kann sein, dass an der Kasse gerade so viel zu tun ist, dass es dann heißt: „Zur Zeit sind alle Abfrageplätze belegt. Bitte rufen Sie später wieder an.“ Wie nervig. Toll auch, wenn man Rollstuhlfahrerplätze und weitere Plätze für Fußgänger reservieren will. Beides zusammen geht nämlich nicht. Man muss also die Rollstuhlfahrerplätze über die Dame an der Kasse persönlich reservieren, danach noch einmal anrufen und die Fußgängerplätze über den Sprachcomputer reservieren. Leider bekommt man so keine zusammenhängenden Plätze. Was im Klartext heißt: Wenn man mit einer Gruppe, bestehend aus Rollifahrern und Fußgängern, gemeinsam ins Kino will, fährt man am besten morgens ab 10 Uhr schonmal vorbei und kauft sämtliche benötigten Karten für die jeweilige Vorstellung.
So machte das auch Lina gestern. Leider verfügt dieser eine Kinosaal nicht über rollstuhlgerechte Plätze, sondern nur über einen rollstuhlgerechten Zugang. Daher fragte die Mitarbeiterin an der Kasse, ob wir uns auf normale Sitzplätze am Gang umsetzen könnten. Selbstverständlich. Nur darf man leider nicht voraussetzen, dass die Mitarbeiterin mitdenkt. Sonst hätte sie nämlich diejenigen Sitzplätze in der mittleren Reihe des Kinos genommen und nicht die in Reihe 5. Die Sitzplätze waren zwar am Gang, allerdings musste man, um zu Reihe 5 zu kommen, erst 10 Stufen abwärts fahren. Wie schön, dass Liam kräftig genug war, um seine Mädels über die Stufen zu befördern.
Aber auch die Hin- und Rückfahrt war genial. Dass Schnee liegt und immer mehr Schnee fällt, liegt wohl an der Jahreszeit. Warum aber wird die Treppe an „unserem“ S-Bahnhof geräumt, der Weg zum Aufzug aber nicht? Es war kaum vorwärts zu kommen in dem dicken Matsch und so verpassten wir erstmal die Bahn. Zeit genug, genau diese Frage mal an der Infosäule zu stellen. Antwort: „Die Räumung der Bahnhöfe wird durch Subunternehmen geleistet. Dort sitzen anscheinend nicht die hellsten Köpfe. Ich werde das umgehend weitergeben.“ Okay.
Nach dem Kino kehrten wir noch kurz in unserer Lieblingskneipe in der Schanze ein, tranken noch ein Bier, bevor es zurück nach Hause gehen sollte. Die Haltestelle „Sternschanze“ ist im S-Bahn-Bereich rollstuhlgerecht, die Rolltreppe war zwar defekt, jedoch funktionierte der Aufzug. Zumindest bis wir oben ankamen. Oben dachte er sich: „Meine Fahrgäste sind so nett, ich mach einfach mal die Tür nicht auf und genieße ihre Anwesenheit noch ein wenig länger.“ Liam war über die Treppe gegangen und stand nun draußen. Kein Knopfdruck, kein Rütteln an der Tür konnte diese dazu bewegen, sich uns zu öffnen.
Also fuhren wir wieder nach unten. Das ging. Aber unten das gleiche Spiel: Die Tür öffnete sich nicht. Noch ein letztes Mal nach oben: Wieder Fehlanzeige. Zeit für den Alarmknopf. Nach 30 Sekunden eine Sprechverbindung mit der Notrufzentrale der S-Bahn Hamburg: „Guten Morgen, sie haben den Notruf gewählt?“ – „Ja, guten Morgen, wir stecken im Aufzug fest. Die Tür bleibt verschlossen.“ – „Es sind zu viele Personen im Aufzug.“ – „Wie bitte?“ – „Es sind zu viele Personen im Aufzug.“ – „Es sind genau 4 Personen im Aufzug und das Ding ist auf 825 Kilogramm ausgelegt. Wir wiegen nicht mal die Hälfte.“ – „Es ist kalt, vier Personen sind zu viele für den Aufzug. Fahren Sie bitte einzeln hoch, dann klappt das.“ – „Naja, jetzt wir kommen hier nicht mehr raus.“ – „Ja, fahren Sie bitte einzeln hoch!“ – „Ja, das geht nicht, die Tür öffnet sich nicht. Wir würden ja gerne aussteigen, nur es geht nicht.“ –
„Ja, fahren Sie bitte nach unten und steigen Sie dort aus. Bis auf einen. Und dann fahren Sie einzeln hoch.“ – „Unten öffnet sich die Tür auch nicht.“ – „Probieren Sie das bitte aus.“ – „Das haben wir schon ausprobiert.“ – „Probieren Sie es bitte nochmals aus. Ich möchte das sehen.“
Ah, Big Brother is watching us. Also fuhren wir nach unten. Unten das gleiche Spiel: Die Tür blieb zu. „Ich werde einen Techniker anrufen und mich gleich wieder bei Ihnen melden.“ Geniale Idee. Nach 10 Minuten meldete sich der Herr wieder: „Ich habe einen Techniker erreicht, der ist auf dem Weg zu Ihnen. Das wird aber noch einen Moment dauern.“ – „Wie lange?“ – „Etwa 30 bis 45 Minuten. Der Techniker ist zur Zeit in Bergedorf. Und es liegt Schnee. Ich bitte Sie um ein wenig Geduld, der Techniker kommt so schnell es geht.“ Wahnsinn.
„Ich muss mal“, sagte Lina. Ich liebe ihren Humor. „Mach doch in die Hose“, antwortete Frank ohne eine Miene zu verziehen. Lina streckte ihm die Zunge raus. „Oh menno. Kalt!“
Eine Stunde später drückten wir erneut auf den Notrufknopf. „Der Techniker kommt so schnell es geht, sie müssten sich leider noch einen Moment gedulden.“ Idioten. Bevor wir noch etwas fragen konnten, hatte er schon aufgelegt. So langsam wurde es wirklich kalt. Lina verlor langsam die Geduld. „Ich piss mir hier echt gleich in die Hosen. Das kann doch nicht Stunden dauern!“ Frank fragte: „Hat einer ne Windel für Lina?“ Sofie und ich schüttelten den Kopf. Solche Vorräte, dass man noch andere damit versorgen kann, nehme ich für gewöhnlich nicht mit. Jetzt wurde es Frank zu bunt. Er drückte erneut den Notrufknopf. Es tutete und tutete, aber niemand meldete sich. Ich kann verstehen, dass es keinen Spaß macht, Leute in Notlagen zu vertrösten. Aber zumindest eine ungefähre Angabe zur Wartezeit wollten wir haben. Es war nichts zu machen. Es meldete sich niemand.
Also griff Frank zum Handy. „Rollstuhlfahrer und ihre Beziehung zur Polizei“ – darüber könnte ich bald einen eigenen Aufsatz schreiben. Das zweite Mal innerhalb von drei Tagen, dass ich mir absolut hilflos vorkam. „Guten Morgen. Wir sind eine Gruppe von vier Rollstuhlfahrern, die am S-Bahnhof Sternschanze seit fast zwei Stunden im Aufzug festhängt. Die Notrufzentrale hat uns auf eine Wartezeit von etwa einer Stunde eingestimmt, ist aber jetzt nicht mehr erreichbar. Wir frieren und müssen zum Klo. Können Sie uns irgendwie helfen?“ Frank wurde gefragt, wo genau das ist und wo man ihn zurückrufen könne. Vermutlich war das eine Rückfrage, um die Authentizität des Anrufes einzuschätzen, denn meines Wissens wird die Handynummer zur Polizei immer übermittelt. „Es ist bereits ein Fahrzeug zu Ihnen unterwegs.“ – „Ja, keine Panik bitte. Auf eine halbe Stunde mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr drauf an, wir würden nur gerne vor Sonnenaufgang mal wieder ins Warme.“ – „Das eingesetzte Fahrzeug müsste jeden Moment bei Ihnen eintreffen.“
Oh nein. Man konnte durch den gläsernen Aufzug in die Schanzenstraße schauen. Ein Streifenwagen kam mit Blaulicht die Straße entlang und parkte direkt vor dem Eingang. Zwei junge knackige Uniformierte kamen die Treppe hoch und unterhielten sich mit Liam. Dann kamen sie zu uns. „Wir fragen gerade nochmal bei der Leitstelle der S-Bahn nach, was hier los ist. Ich habe schon von ihrem Kumpel gehört, dass sie hier schon 2 Stunden festhängen. Entweder kommt jetzt hier in den nächsten 5 Minuten ein Verantwortlicher vorbei oder wir holen die Feuerwehr. Verletzt ist aber niemand von Ihnen, oder?“
Als es hieß, dass der Verantwortliche noch etwa 15 Minuten brauche, antwortete der eine Beamte: „Dann bestell uns mal hier ein Fahrzeug der Feuerwehr zum Öffnen der Aufzugstür.“ Gesagt, getan. Ich schaute auf die Uhr: Diesmal waren es sechs Minuten. Auch die Feuerwehr kam mit Blaulicht. So ein Irrsinn. Ein großes Fahrzeug, sechs Leute drin, eine große Werkzeugkiste. Der dritte Schlüssel passte – die Tür war auf. Wir durften endlich aussteigen. Die Polizei sperrte die Aufzugstüren oben und unten mit Flatterband ab.
Da es schon kurz vor drei Uhr war, mussten wir in Altona umsteigen. Natürlich war an „unserem“ Bahnhof zwar frisch geräumt und gestreut worden (irgendwann an dem Abend oder in der Nacht), der Weg zum Aufzug jedoch immernoch nicht. Wenigstens funktionierte er. Als wir endlich wieder zu Hause waren, wollte ich nur noch ins Bett. So ein schöner Abend mit so einem bescheuerten Abschluss. Am meisten genervt war Lina, denn die musste vor dem Zubettgehen noch duschen.