Countdown

Wenn alles klappt, werde ich nächsten Montag oder nächsten Dienstag nach Hamburg verlegt. Dort soll ich dann noch zwei Wochen im Krankenhaus bleiben (so eine Art Anschlussbehandlung) und werde dann Ende Juni entlassen. Der Chefarzt hat zwar noch nicht zugestimmt, aber der Oberarzt sagte heute bei der Visite, dass es nur daran liegt, dass er in Urlaub war und sich damit noch nicht beschäftigt hat. Ich schätze, ich kann das alles erst dann glauben, wenn ich wieder zu Hause bin. Trotzdem zähle ich jetzt schon die Tage. Ich werde morgen nochmal nachfragen, was der Chefarzt gesagt hat. Ich kann es nicht mehr erwarten und möchte so schnell wie möglich hier raus. Vor allem bei dem schönen Wetter!

Wo ist der Strand? Ostsee, ich will zu dir! Hörst du mich rufen? Ich will in dir schwimmen, an deinem Strand im warmen weichen Sand liegen, mich bräunen lassen, ein leckeres Eis essen, braungebrannten Typen hinterher gucken, meine Leute um mich herum haben, coole Spiele spielen, schlafen, gekrault werden und überhaupt!!!

Ich vermisse meine Leute, mein Zimmer, meinen PC, laut Musik hören, auf dem Balkon sitzen, Fernsehen, meine Schule (man sollte es nicht glauben), mein Training, mein kuscheliges Bett, meine Badewanne, mein Auto – einfach alles.

Und ich hasse langsam immer mehr, mein „Schlafzimmer“ mit fremden Leuten teilen zu müssen. Über das Wochenende hatte ich eine rund 70-jährige Oma hier drin, die mir so derbe auf den Wecker gegangen ist, dass ich fast geplatzt wäre. Sie wollte mir in einer Tour alles recht machen und ich konnte machen, was ich wollte, ich habe sie nicht auf Distanz bringen können. Ständig kam sie an mein Bett und bedauerte mich.
„Soll ich dir ein Eis kaufen? Bei dem schönen Wetter den ganzen Tag im Bett liegen, ich bin froh, dass ich laufen kann. Willst du nicht doch ein Eis?“

Selbst als ich irgendwann ungnädig wurde und sie nur noch angepflaumt habe („nein, hab ich auch schon 20 Mal gesagt, langsam muss mal gut sein“, „halten Sie jetzt mal bißchen Abstand hier, Sie gehen mir auf den Wecker“) fing sie an: „Ich kann verstehen, dass du frustriert bist, wäre ich auch, wenn ich nicht aufstehen könnte. Und Du willst wirklich kein Eis?“ ARGHHH! Zum Glück ist sie seit gestern wieder weg.

Inzwischen darf ich für vier halbe Stunden pro Tag aus dem Bett in den Rollstuhl. Endlich bekomme ich auch meine Physiotherapie wieder vernünftig auf einer Liege und nicht mehr im weichen Bett. Es ist so eine Wohltat, mal wieder sitzen zu dürfen. Am Anfang hat mir mein Kreislauf das noch ziemlich übel genommen, aber inzwischen geht es ganz gut.

Nachdem mich einige Leser per Mail angeschrieben haben und gefragt haben, warum diese Tasse Tee solche Folgen haben kann, will ich das gerne nochmal erklären: Durch meine Querschnittlähmung bewege ich meine Beine nicht, allenfalls passiv. Entsprechend schlecht durchblutet ist das alles, vor allem die Haut. Verletzt man sich so einen schlecht durchbluteten Teil (was oft doppelt gefährlich ist, weil man es einfach nicht merkt, wenn man zum Beispiel auf einem spitzen Gegenstand sitzt), dauert es oft Wochen oder gar Monate, bis das wieder abheilt. Hinzu kommt, dass die Haut unter Druck überhaupt nicht abheilt, sondern sich eher noch weiter zurückbildet. Deswegen muss die verletzte Haut permanent entlastet werden. Eine einfache Falte im Bettlaken kann dann schon ganz böse Folgen haben.

Naja, und bei Verbrühungen an den Oberschenkeln, und zwar großflächig sowohl vorne wie auch hinten, ist es nicht nur sehr schwierig, die ganze betroffene Haut ständig zu entlasten, sondern es heilt auch so gut wie überhaupt nicht. Am Anfang hat es alles nur knallrot vor sich hin genässt, aber inzwischen sieht es wieder aus wie Babypopo. Und die beiden Infekte, die ich noch dazu bekommen habe, haben dem ganzen natürlich nochmal den letzten Kick gegeben.

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