Auch wenn zwei Monate nach Marias Einzug noch immer keine Entscheidung der Kostenträger vorliegt, gehen wir derzeit alle davon aus, dass sie bei uns wohnen bleiben kann. Entsprechend sind wir bereits
auf der Suche nach zusätzlichem Pflegepersonal für sie. Für drei Tage machte eine Krankenschwester ein Praktikum, die – nach ihren Angaben – aus ihrem Job in einem großen Klinikkonzern zu uns wechseln möchte. Drei
Tage hielten wir es mit ihr aus, bevor wir sie gestern an die frische Luft gesetzt haben. Man sollte nicht glauben, dass jemand mit dem Generalschlüssel, der ihm ausgehändigt wird, um im Notfall (oder nach Absprache) die Zimmertüren öffnen zu können, durch die Bewohnerzimmer zieht und sich nach Wertsachen umsieht. Aber solche Menschen gibt es und
an einen solchen sind wir geraten.
Wer verlangt in einem Bewerbungsgespräch schon nach einem Personalausweis? Die Frau legte alle möglichen Papiere vor, unter anderem auch ein Zwischenzeugnis des Klinik-Konzerns, das sehr positiv war, sowie eine Kündigungsbestätigung zum 31.03.12. Es war also alles plausibel bis … wir erkannten, dass die Frau, die wir vor uns hatten, gar nicht die Frau war, auf die die Zeugnisse ausgestellt waren, sondern, wie sich später herausstellte, eine engere Bekannte (?) eben dieser. Angeblich soll sie ihre Papiere ohne ihr Wissen entwedet, kopiert und später wieder zurückgestellt haben.
Das ganze wäre erstmal gar nicht aufgefallen, hätte nicht ein Sicherheitsmitarbeiter des Elektronikladens auf unserem Grundstück die Frau dabei beobachtet, wie sie alle möglichen Gegenstände (darunter auch
zwei Computer-Monitore) in ihr Auto verladen hat. Er dachte zunächst, die klaut Ausstellungsstücke aus seinem Laden und geht irgendwo durch den Notausgang raus – oder ähnliches. Das Treiben dauerte eine gute halbe Stunde, die Frau wirkte nervös und verdächtig, der Wachmann rief kurzerhand die Polizei.
Die Frau hatte es also nicht auf einen Job abgesehen, sondern sie wollte nur im Praktikum bei uns klauen. Dabei war sie eigentlich ganz nett. Es wird nie langweilig, jetzt beschäftigen wir uns erstmal mit einem internen Sicherheitskonzept. Den Sicherheitsmitarbeiter, um die 40, Glatze, schätzungsweise 175 Kilo schwer, kannten wir sonst nur vom Sehen. Es versteht sich von selbst, dass wir durch die Zimmer gegangen sind und jeden um eine Unterschrift in einer Dankkarte und einen Groschen
Schein gebeten haben. Immerhin hat er viele Leute vor einem größeren Schaden bewahrt, da sind mindestens 5 Euro drin. Am Ende konnten wir ihm
einen Gutschein über 210 Euro besorgen: Sämtliche Leute, in deren Zimmer sie sich bedient hatte, steckten durchweg 20 Euro rein, eine sogar 50 Euro.
Frank, Sofie und ich sind später zum Geschäftsführer des Elektroladens gegangen und haben mit dessen Segen und in seiner Anwesenheit dem Sicherheitsmann die Karte samt Gutschein überreicht. Der
wollte den erst gar nicht haben, meinte, das sei selbstverständlich und
wenn er in dem Fall nicht die Polizei gerufen hätte, wäre er wohl für seinen Job nicht zu gebrauchen, aber wir haben am Ende darauf bestanden.
Die Summe sei deshalb so hoch, weil fast 20 Leute zusammengeworfen hätten, denen er einen zum Teil erheblichen Schaden erspart hatte. Am Ende meinte er: „Irgendwann komm ich nochmal zu einem Kaffee bei Euch da
oben vorbei. Ich muss doch mal sehen, wie ihr da oben eigentlich so wohnt.“