Aufregung und Schamlippen

Eine Aufregung gibt es unter einigen meiner Leser, da kann ich inzwischen nur noch mit dem Kopf schütteln. Ja, inzwischen kann ich wieder mit dem Kopf schütteln, denn inzwischen hat man rausgefunden, dass es sich nicht nur um einen entzündeten Schleimbeutel gehandelt hat, der Schmerzen verursacht hat (und der sich schon wieder beruhigt hat), sondern zusätzlich auch noch um einen eingeklemmten Nerv. Und das wiederum hat der Orthopäde, bei dem ich war und der seine Patienten im Schnelldurchgang behandelt, natürlich nicht gesehen. Das hat Ronja festgestellt. Inzwischen habe ich von meiner Hausärztin noch eine Spritze bekommen, und zwar in den Muskel, der den Nerv eingeklemmt hat, und siehe da: Die Schmerzen sind weg. Quasi über Nacht. Okay, diese Entzündung an der Schulter ist noch fühlbar, aber das Verhältnis zwischen Sonntag und Mittwoch würde ich mal als 100:10 bezeichnen. Sehr schön.

Aber zurück zur Aufregung: Eigentlich weiß doch jede und jeder, was er mir geschrieben hat, oder? Und dann kann sich doch auch jede oder jeder ausmalen, ob meine Worte an sie oder ihn gerichtet waren. Dachte ich. Natürlich freue ich mich, als bester deutscher Blog gewählt worden zu sein, natürlich freue ich mich über Glückwünsche und natürlich bin ich dankbar. Und was die Hilfe angeht, die mir einige Menschen per Mail angeboten haben, sehe ich diese nicht nur als Kompliment, sondern bin sogar sehr gerührt.

Dennoch: Ich kann nicht alle Mails und alle Kommentare beantworten, es sind inzwischen sogar mehr als 800. Die Zeit habe ich einfach nicht. Ich versuche, alles zu lesen, ich bewahre die auch auf, einzelnen schreibe ich auch eine Antwort, aber bei allen schaffe ich das nicht. Dennoch bin ich dankbar. Und habe das mehrmals jetzt zum Ausdruck gebracht.

Trotzdem bekomme ich massenweise Mails, in denen überwiegend Leserinnen mein Verhalten unmöglich und vor allem undankbar und hochnäsig finden. Ich würde mich wie ein Star benehmen, der über jedem Dank stünde. Ich glaube, man darf im Leben nicht alles auf sich beziehen. Wenn ich zwischendurch gesagt habe, dass ich von einigen Dingen auch genervt bin, dann sind das beispielsweise Leser, die jetzt meinen Blog von Beginn an durchlesen (was ja toll ist), aber dann unter jedes zweite alte Posting einen einzelnen Satz schreiben (was nicht toll
ist). Zum Beispiel: „Wieso ist denn da der Aufzug kaputt gewesen?“ – Oder: „Wieso schalten die denn nicht die Rolltreppe in die andere Richtung?“ – Oder: „Warum war das damals in der Zeitung?“ – Oder: „Bist du dir sicher, dass die Tür zu war?“ – Und unter die übrigen Beiträge, wo man keine Fragen stellen kann, bis zu drei (pro Eintrag) Einwort-Kommentare schreibt: „Krass!“ – „Wow!“ – „Ohaa!“

Was soll das? Will mich jemand ärgern? Oder gegen die eingeschaltete Moderationsfunktion protestieren, indem er mir 300 (!) neue Kommentare vorwirft, die ich dann einzeln durchklicken soll? Dazu kann ich nur sagen: Ich kann auch 100 auf einmal auswählen und in gemeinsamer Aktion löschen. Das sind sechs Klicks und damit vielleicht ein Promill des Aufwandes, den derjenige betreibt, der das alles eintippt. Manchmal glaube ich, es gibt zu viel Langeweile auf der Welt.

Mehrere andere Leser bombadieren mich seit Wochen mit jeder Meldung, die man über behinderte Menschen finden kann. Für jede Meldung eine neue Mail. Guck mal, was ich gefunden habe, schau mal hier. Und dann sind das Inhalte wie: In München hat einer unberechtigt auf einem Behindertenparkplatz geparkt. Oder: Die Polizei half einer Seniorin in der Fußgängerzone von Bochum, nachdem bei ihrem E-Rolli der Akku leer war. Natürlich freue ich mich über außergewöhnliche Links, keine Frage. Aber ein leerer Akku ist nicht außergewöhnlich. Und mich interessiert es
nicht!

Es soll sich wirklich niemand, der mir ein Feedback gibt, sei es als Kommentar oder als Mail, vor den Kopf gestoßen fühlen. Im Gegenteil, ich möchte ja unbedingt gerne Feedbacks bekommen. Insofern soll auch bitte niemand, der einen Kommentar schreibt, mir gratuliert hat, mir mailt oder ähnliches, diese distanzierte Haltung auf sich persönlich beziehen.
Sondern lediglich dabei im Hinterkopf behalten, dass noch mehr Leute schreiben und nicht alle eine persönliche Antwort bekommen können und dass es noch Leute dazwischen gibt, die mich ganz offensichtlich ärgern wollen.

Apropos: Mehrere Leute aus der Rolli-Szene haben mich in den letzten Tagen entrüstet auf eine Veröffentlichung im Internet über meinen Blog aufmerksam gemacht. Ein Online-Magazin hatte (ebenfalls) über meinen Deutsche-Welle-Preis berichtet und dem Artikel die Überschrift verpasst:
Innere Schamlippen? Fühlen sich an wie die Sitzheizung im Auto.“ – Ja. Passt.


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