Minus mal minus und ein Truthahn

Seit heute habe ich endlich wieder ein Auto und ich hoffe, dieses Mal hält es etwas länger. Ich durfte es heute um kurz vor Feierabend abholen, als letzte Handlung des Autohauses sozusagen. Man war so freundlich und hatte mich noch dazwischen geschoben, eigentlich sollte es erst Freitag fertig sein.

Als ich dann etwas aufgeregt den Zündschlüssel in der Hand hielt und mir bei geöffneter Fahrertür auf dem Fahrersitz sitzend alles erstmal anschaute, kam ein Typ in Jeans und Sakko, braungebrannt, Halbglatze, Brille, an meine Tür. Den Dialog möchte ich unbedingt verewigt haben:

„Guten Abend!“

„Guten Abend!“

„Na, fahren Sie gleich noch vom Hof oder wollen Sie das Auto verkaufen?“

„Nee, ich bin gleich weg.“

„Neues Auto?“

„Ja. Sieht gut aus, oder?“

„Naja, ich würde mir eher den Scirocco kaufen als so einen Truthahn. Können Sie überhaupt Auto fahren? Ich meine wegen dem Rollstuhl? Wie geben Sie denn Gas?“

„Mit der Hand. Das Auto ist umgebaut.“

„Achso. So ein Umbau ist bestimmt sehr teuer.“

„Och, das geht eigentlich. Diese Geräte gibt es inzwischen auch in Serie und ab Werk.“

„Und? Hat Papa bezahlt? Oder das Amt?“

„Nee, hat Tochter selbst bezahlt.“

„Ah, Tochter hat früh geerbt.“

„Nee, Tochter wurde umgenietet und hat deshalb eine Menge Kohle gekriegt. Und um von A nach B zu kommen, kauft sie sich ein Auto. Und damit sie auch noch eine Freundin im Rolli mitkriegt, kauft sie sich einen Truthahn und keinen Scirocco.“

„Und sind die heutigen Zeiten nun schlechter oder besser? Als ich in Ihrem Alter war, haben wir uns einen alten Golf geholt für 600 Mark und den aufpoliert. Wenn da was kaputt ging, wurde das nicht gleich so teuer. Hätte es ein guter Gebrauchter nicht auch getan? Das ist doch nur
eine Frage der Zeit bis da die erste Schramme drin ist. Gerade bei Frauen.“

„Bitte?“

„Naja, ich kenn das von meiner Frau, die nimmt auch immer jede Kurve zu eng und semmelt alles um. Wie lange haben Sie jetzt den Führerschein?“

„Seit drei Jahren. Und bisher habe ich noch keinen Unfall verschuldet. Und auch keine Schramme.“

„Aber Sie hatten schon einen. Unfall. Und glauben Sie nicht, Sie hätten daran keine Schuld. Jeder Unfallbeteiligte trägt eine gewisse Teilschuld, auch wenn er freigesprochen wird. Das ist einfach so.“

„Naja, das letzte Auto parkte, als ein Lkw dort reinkrachte.“

„Ja, vermutlich mit einem Hinterrad auf der Fahrbahn oder so.“

„Nee, zufällig nicht.“

„Frauen können nicht parken. Das ist einfach so. Und Behinderte sollten auch nicht Auto fahren. Das ist auch einfach so. Nicht ohne Grund hat man zwei Hände am Lenkrad und zwei Beine an den Pedalen. Sowas
kann nicht gut gehen. Heißt ja auch schon Pe-da-le. Hatten Sie Latein?“

„Kann sein.“

„Nun seien Sie nicht gleich zickig. Ich habe einfach meine Erfahrungen gemacht und mir meine Meinung gebildet. Dass Sie eine andere
Meinung haben, ist mir klar. Jede Frau glaubt, sie könne Auto fahren. Aber Frauen können es nunmal nicht.“

„Behinderte Frauen können das. Minus mal Minus ergibt nämlich Plus. Schönen Abend noch.“

Tür zu. Nett lächeln und vom Hof fahren… So ein Arschloch. Und nun noch zu den erfreulichen Dingen: Das Auto ist genial. Man soll ja auf den ersten 1.000 Kilometern nicht so viel Gas geben und nur mäßig beschleunigen, aber was ich bisher mitgekriegt habe, ist der Hammer. Die
Zwei-Liter-Maschine mit DSG-Getriebe ist ein Traum. Das Ding schnurrt wie ein Kätzchen (trotz Diesel) und hat gerade im unteren Drehzahlbereich eine ungeahnte Durchzugskraft. Schaltet extrem früh hoch
(fährt auf ebener Strecke bei 60 schon im 6. Gang) und verbraucht, wenn
man bei 60 mit Tempomat auf gerader Strecke fährt laut Anzeige niedliche 2,6 Liter auf 100 km.

Eine Freundin, die die gleiche Motorisierung in ihrem Touran hat, sagt, dass sie bei sparsamer Fahrweise selbst im Stadtverkehr nicht über
6 Liter kommt. Sofie fielen fast die Augen raus, ihr alter Passat hat zwischen 12 und 15 Liter Super verbraucht, vor allem durch die 4-Stufen-Automatik.

Nee, ich bin bisher sehr zufrieden. Endlich wieder ein Auto!

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