So legt euch denn, ihr Brüder, in Gottes Namen nieder; kalt ist der Abendhauch. Verschon uns, Gott! mit Strafen und lass uns ruhig schlafen! Und unsern kranken Nachbarn auch!
Vollmond ist. Sagt zumindest mein Smartphone. Man sieht es auch, wenn man aus dem Fenster guckt. Oder auf das Foto hier oben. Ja, es ist ein Foto, eben gerade aufgenommen. Man sieht es aber auch, wenn man die Leute beobachtet. Vor zwei Stunden lief einer mit freiem Oberkörper durch die Straße. Bei 12 Grad.
Matthias Claudius sorgt sich in seinem „Abendlied“ um seinen kranken Nachbarn. Das in Deutschland wohl bekannteste Boulevardblatt sorgt sich hingegen heute um den Umgang seiner Leser mit behinderten Menschen. „Wie gehe ich richtig mit Behinderten um?“ ist da in fetten Lettern zu lesen.
Experten kommen zu Wort und erklären uns erstmal, wie wir richtig miteinander zurecht kommen: Man soll mir bitte nicht mitleidig über den Kopf streichen oder mir ungefragt Geld zustecken. Unterhaltungen führt man mit mir am besten nicht in Babysprache.
Statt darüber nachzudenken, ob ich an meinen Rollstuhl gefesselt sein könnte, sollte man mich lieber fragen, wie lange er mit einer Batterieladung fährt. Und Leute, deren Behinderung nicht offensichtlich ist, fragt man lieber nicht direkt, ob sie behindert sind – sondern lieber, ob sie besondere Unterstützung brauchen.
Vor Rollstuhlfahrern sollte man sich nicht hinknien, und bei Kindern im Rollstuhl sollte man die Eltern fragen, was die Kleine so mag. Auf keinen Fall sollte man gespieltes oder übertriebenes Mitleid zeigen. Und falls jemand einen spastischen Anfall kriegt (was ist das?), darf man ihn fragen, ob er ein Glas Wasser haben möchte.
Gut, dass wir darüber mal gesprochen haben. Sind das wirklich Dinge, die die Nation verunsichern und die sich nur von Experten beantworten lassen?
Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön! So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehn.