In meinem Eintrag, in dem es um einige Neuerungen in der Pflegeversicherung ab 2013 geht, habe ich unter anderem positiv bewertet, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die als medizinische Begutachtungsstelle für alle gesetzlichen Krankenkassen arbeitet, einen Verhaltenskodex erstellen und sich an diesen halten muss. In diesem Fall bezog sich das auf Begutachtungen durch die Pflegekassen.
Damit soll wohl verhindert werden, dass sich Gutachter dieser Institution daneben benehmen. Es ist traurig, dass so etwas nötig ist, aber es ist nötig, wie eine gestrige Begutachtung einer achtzehnjährigen in unserem Wohnprojekt beweist. Grundsätzlich finden bei uns solche Begutachtungen nur noch dann alleine statt, wenn derjenige, der begutachtet werden soll, das ausdrücklich wünscht. Das Gegenteil ist meistens der Fall: Eine Pflegekraft und ein unabhängiger Zeuge sind meistens zusätzlich mit im Raum. Und so gab es gestern auch drei Zeugen für jene Unverschämtheit, die dem Gutachter einen sofortigen Rauswurf beschert hat. Näheres muss ich mir sparen, denn das hat natürlich ein Nachspiel und ich war auch nicht selbst dabei.
Ich greife das aber auf, weil ich heute einen Artikel in der Süddeutschen gelesen habe, in dem ein von einer Krankenkasse beauftragter Gutachter, der prüfen sollte, ob ein Mann, der sich selbst so gut wie gar nicht mehr bewegen kann, einen Rollstuhl nebst mehrerer Sonderausstattungen bekommen dürfe. Der Gutachter habe gesagt, er fahre auch nur einen Opel Zafira, obwohl er lieber einen Porsche Cayenne hätte.
Genau diese Haltung hatte auch unser Gutachter von gestern an den Tag gelegt. Es kann doch wohl nicht sein, dass solche Vergleiche gezogen werden. Was interessiert, welches Auto der Gutachter fährt? Hier geht es darum, zu entscheiden, ob eine Behinderung ausgeglichen werden muss, ob sie ausgeglichen werden kann und ob der Ausgleich der Behinderung einigermaßen wirtschaftlich möglich ist. Dazu gibt der Gutachter seine Stellungnahme ab, optimalerweise schriftlich und begründet, und damit ist gut.
Wenn er den Eindruck hat, der Antrag schießt über das Ziel hinaus, wird es doch ein Leichtes sein, das darzustellen und zu begründen. Dann kann die Krankenkasse das ablehnen und der Mann kann die Entscheidung vor Gericht anfechten und sich einen Gutachter nehmen, der nicht von dem bezahlt wird, der möglichst nicht bezahlen will. Und wenn er meint, kann der Gutachter seine persönlichen Präferenzen bei der Fahrzeugwahl ja mit seinem Arbeitgeber besprechen. Oder sich einen anderen Job suchen, dann kann er sich auch ein anderes Auto kaufen. Ich bin es echt satt.