Gerade meine gestern in den Raum geworfene Forderung, alles was lebe, solle aus dem Leben auch ein Lebensrecht ableiten können, hat mir so viele Mails auf den Rechner gespült, dass ich meine Gedanken dazu aufschreiben und festigen möchte.
Besonders oft wurde ich gefragt, ob ich Vegetarierin sei. Das liegt nahe, denn auch wenn es in der Diskussion mit dem Vater eindeutig um Menschen ging, habe ich sehr bewusst nicht geschrieben, dass meiner Meinung nach „alle Menschen, die leben“ ein Lebensrecht haben, sondern eben „alles, was lebt“.
Nein, ich bin keine Vegetarierin. Ich bin mir nicht sicher, ob ich zurzeit auf Fleisch verzichten würde, wenn ich von BAfÖG leben müsste.
Ich stimme den meisten Menschen, die mir Mails geschrieben haben, völlig zu, dass das Töten von Tieren in das Lebensrecht der Tiere eingreift. Daher verletzt jeder, der ein Stück Fleisch isst, dieses Recht. Klar ist wohl auch, dass dieses Lebensrecht ein von Menschen geschaffenes Recht ist und sich auch nur an Menschen richtet: Kein Tier würde sich selbst ein solches Recht auferlegen oder von einem Menschen auferlegen lassen.
Möglicherweise mit vielen Lesern meines Blogs uneinig bin ich mir aber, wie mit Situationen umgegangen wird, in denen in dieses Recht eingegriffen wird, in denen dieses Recht verletzt wird. Unter Menschen sind diese Situationen relativ klar geregelt und auch sanktioniert, Stichwort Notwehr, Stichwort lebenslange Freiheitsstrafe. Weniger als meines Erachtens erforderlich ist es für die Situationen geregelt, in denen dieses Recht entweder indirekt verletzt wird und in denen das Lebensrecht von Tieren betroffen ist.
Hier wird man meiner Meinung nach zuerst den Konflikt lösen müssen, dass die Regeln der Natur, nämlich dass Lebewesen einander fressen, sic nicht mit dem von den Menschen auferlegten Lebensrecht vereinbaren lässt. Vielmehr ist es sogar völlig paradox.
Auch wird man vorher den Konflikt lösen müssen, dass es viel zu viel Menschen auf der Welt gibt und diese in einigen Teilen sich auch noch einen völlig unverschämt, um nicht zu sagen unverfroren luxuriösen Lebensstandard, zum Nachteil anderer (Menschen, Tiere) entwickelt haben Stichwort Sklaverei, Stichworte Massentierhaltung und Tierversuche. Di „Natur“ lasse ich mal völlig außen vor.
Ich glaube, ich werde diese beiden Konflikte (und noch einige andere) nicht lösen können. Weder insgesamt für alle, noch für mich alleine. Eine Perspektive in der Argumentation zu suchen, die Evolution gehe ihren Weg, halte ich einerseits für bequem, andererseits für korrekt. Eine Rechtfertigung darin zu suchen, sich rücksichtslos zu verhalten, finde ich jedoch extrem arschig.
Ich denke, dass ich vor einem Anspruch, die Probleme der Welt allein zu lösen, konsequenterweise nur sofort mit einem Suizid kapitulieren könnte. Der Preis, den andere für mein Weiterleben zahlen, ist sehr hoch, egal ob mit oder ohne Behinderung. Ich habe mich, egoistisch wie ich bin, dafür entschieden, weiter zu leben. Dabei aber relativ bewusst zu leben und beispielsweise kein Fleisch zu kaufen, das aus Massentierhaltung stammt und keine Kosmetik zu benutzen, bei deren Herstellung Tiere gequält wurden.
Trotzdem, und hier möchte ich nun abschließend auch noch den Aspekt beleuchten, dass es angenehmer ist, mit den viel zu vielen Menschen auf der Welt in Frieden zusammen zu leben, werde ich weiter darauf bestehen dass jedes Leben wegen seines Lebens ein Recht am Leben hat. Und zwar nicht nur aus Egoismus. Auch wenn das letztlich dazu führt, dass noch mehr Menschen auf der Welt sind und ich täglich zum Rechtsbrecher werde leider nicht nur, wenn ich etwa einmal pro Woche Fleisch esse.