Helena ist wieder da. Angeblich gab es nicht genügend Personal, um ihre Rückfahrt zu organisieren oder durchzuführen. Und das Handy hat man
ihr am ersten Tag abgenommen, weil beim Probewohnen und in den ersten vier Wochen generell kein Handy erlaubt sei. Helena ist Marie und mir um
den Hals gefallen, als sie wieder da war, konnte es nicht abwarten, endlich (verspätet) in die Schule zu kommen, und fand das Wochenende schrecklich. Die anderen Jugendlichen seien einzeln ganz okay gewesen, aber ein völlig kaltes, rechthaberisches Klima, in dem es nur darum geht, der Coolste zu sein, herrschte in der Gruppe vor. Die Mitarbeiterinnen seien alle sehr arrogant gewesen. Und niemand habe mit ihr geschmust. Dabei ist sie eine absolute Schmusebacke.
Nee, ich weiß schon, wofür Marie und ich uns erneut „fortbilden“ lassen haben: Wie erziehe ich mein Kind nicht? 95% der dort vermittelten
Inhalte erschließen sich einem intellektuell durchschnittlich begabten Erwachsenen innerhalb von 30 Sekunden. Ich kam mir ein wenig so vor wie beim Lesen jener Gebrauchsanweisungen, in denen fett aufgeführt wird, dass man seinen Hamster nicht in den Föhn stecken oder seine Gummistiefel nicht im Backofen trocknen soll. Aber egal, wir haben darüber geredet und jetzt weiß ich es.
Das Kinder-Intensivbett, das ich gestern stillgelegt hatte, weil ein Gerät ständig falschen Alarm gibt, war zwischenzeitlich von einem Techniker angesehen und für in Ordnung befunden worden. Meine Oberärztin
hat es heute wieder belegt, und als nach zwanzig Minuten wieder falscher Alarm ausgelöst wurde (wieder mit höllenlautem Dauer-Dingeldingeldongdong über die ganze Station), hat die Oberärztin entschieden, dass das Gerät komplett ohne akustische Alarme weiterbetrieben wird. Bedeutet: Geht es der dort angeschlossenen Patientin wirklich schlecht, bekommt man das mitunter erst ganz verzögert mit. Auch im Stationszimmer, wo die Vitalparameter aller Betten auf einem vernetzten Monitor ebenfalls angezeigt werden, ließen sich keinerlei sinnvolle EKG-Werte für dieses eine Bett erheben. Zudem blinkte das Ding permanent aufgeregt, so dass man ständig dorthin blickt. Dieses Mal habe ich nun den Chefarzt angesprochen, weil ich es unverantwortlich finde, jemanden, der intensiv überwacht werden soll, in
ein Bett zu legen, das nicht intensiv überwachbar ist.
„Das ist aber geprüft worden, das Gerät ist in Ordnung. Habe ich hier
schwarz auf weiß.“ – „Tun Sie mir bitte einen Gefallen und schauen Sie einmal auf den Flur, da blinkt es Ihnen schon entgegen.“ – „Gleich. In fünf Minuten.“ – Vermutlich wollte er mir einen Vorsprung lassen, denn als er kam, wurde das eine Bett erneut gesperrt. Was zur Folge hatte, dass ein Kind in ein anderes Krankenhaus verlegt werden musste. Und nun verleg mal ein Intensivkind … Meine Oberärztin guckte mich mit schmalen Augen an. Tja, ist so. Es ist verdammt schwer, sich gegen sie durchzusetzen, aber alles andere hätte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren können.