„Oh nein, nicht schon wieder so ein Behindi-Mitleids-Thema“, werden die ersten Leser nach der Überschrift denken. Tja, liebe Leser, ich wünschte auch, dass ich so etwas nicht ständig miterleben müsste. Meine Leser können weiterscrollen, das wünsche ich mir für mein Leben in solchen Momenten auch.
In Momenten, wo die Welt in Ordnung ist, wo ich versuche, meinen Jan anzugraben, gerade seine volle Aufmerksamkeit habe, ihn bei lauter Diskomusik antanze, ihm Salzstangen in den Mund stecken darf (nicht mit dem Mund, aber immerhin frisst er mir inzwischen aus der Hand…) und wo es dann plötzlich heißt: „Behinderte raus!“
Das wurde so nicht ausgesprochen. Soll ich erwähnen. Sagt Frank, der Jurist aus unserer WG. Aber ich darf öffentlich sagen, dass man gestern abend sieben Rollstuhlfahrer aus dem Roschinsky geworfen hat – und nur die sieben Rollstuhlfahrer. Dass ihnen angedroht wurde, man würde die Polizei rufen, wenn sie dem Rauswurf nicht nachkommen und somit einen Hausfriedensbruch begehen. Schließlich darf die Inhaberin ja selbst entscheiden, welche Gäste sie haben will und welche nicht.
St. Pauli ist eine eher linke Szene. Entsprechend gibt es auch Menschen, die nicht wegschauen, sondern sich einmischen. So verließen mit uns rund 50 Leute die Kneipe und schworen, den Laden niemals wieder aufzusuchen. Einige Gäste verlangten, die Geschäftsführerin sprechen zu dürfen. Nachdem das draußen immer weiter eskalierte, kam sie vor die Tür und erklärte, dass es Sicherheitsbestimmungen gäbe, an die sie sich zu halten hätte. Mit uns wollte sie aber nicht sprechen.
Morgen früh hat einer der Beteiligten einen Termin bei der Boulevardpresse. Man muss sich ja nicht alles gefallen lassen. Ich bin gespannt, ob die etwas schreiben.