Ich habe wirklich die Nacht kaum geschlafen. Vielleicht zwei Stunden. Wenn ich daran denke, wie mühevoll ich mir meinen Führerschein „erarbeitet“ habe während meines Klinik-Aufenthaltes, mit Gutachten von der Klinik und Fahrprobe mit dem TÜV und MPU (Idiotentest) und Hilfsmittelberatung und Fahrstunden und theoretischer und praktischer Prüfung und Ausnahmegenehmigung vom Mindestalter und Ausnahmegenehmigung für das Parken und Steuerbefreiung und TÜV-Abnahme für den Umbau und … jetzt schickt mein Vater ein Fax zur Führerscheinstelle und alles war vergeblich? Zumindest bis ich 18 bin?
Was wäre ich ohne Frank, der mit mir heute morgen zur Führerscheinstelle gefahren ist. 95 Sperrungen, Umleitungen, als wir endlich ankamen, war der Sachbearbeiter beim Frühstück. Also erstmal warten.
Nach einer Viertelstunde durften wir rein. Wir stellten uns vor, er fragte mich, ob ich meinen Führerschein dabei hätte. „Der liegt bei der Polizei.“ – „Sehr gut, dann waren die ja mal richtig fix.“
Frank hakte gleich ein: „Was ist daran sehr gut? Das ist sehr schlecht für meine Mandantin. Sie kommt nämlich jetzt nicht mehr zur Schule.“ – „Ja, das ist hart, aber es steht eindeutig im Gesetz, für Ausnahmen vom Mindestalter ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Und der hat sie widerrufen. Widerrufene Zustimmung heißt keine Ausnahme, keine Ausnahme heißt kein Führerschein unter 18. Da kann ich Ihnen auch nicht weiterhelfen, da müssten Sie vielleicht erstmal mit dem Vater reden, der wird ja Gründe haben, warum er Ihnen die Zustimmung wieder entzieht.“
„Was mich jetzt interessiert“, sagte Frank, „ist: Die Ausnahmegenehmigung wurde nur deshalb widerrufen, weil der Vater seine Zustimmung zurückgezogen hat?“ – „Das ist als Grund völlig ausreichend“, antwortete der Mitarbeiter.
„Das steht außer Frage. Meine Frage war, ob es der einzige Grund war für den Widerruf.“ – „Das reicht als Grund aus, Sie brauchen nicht zwei oder drei Gründe, Rücknahme der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters reicht aus, um die ganze Ausnahmegenehmigung zu widerrufen.“ – „Okay. Hatten Sie im Fall meiner Mandantin diesen einen ausreichenden Grund oder gab es noch weitere Gründe darüber hinaus, die in Ihre Entscheidung eingeflossen sind?“ – „Das hatte ich nicht zu prüfen, weil, wie gesagt, der eine Grund ausreicht.“
„Gut. ‚Nicht geprüft‘ heißt also: Der Widerruf der Ausnahmegenehmigung stützt sich zur Zeit ausschließlich auf das zurückgenommene Einverständnis des Vaters. Richtig so?“ – „Kann man so sagen.“ – „Also richtig so. Das ist nämlich sehr wichtig. Der Vater hat zwar seine Zustimmung zurückgenommen, hatte aber bereits zu dem Zeitpunkt, als er Ihrer Behörde erklärt hat, dass er die Zustimmung zurücknimmt, kein Sorgerecht mehr. Damit spielt diese Erklärung rechtlich keine Rolle.“
„Doch.“ – „Nein. Bei Erteilung des Bescheides lag das geforderte Einverständnis der gesetzlichen Vertreter vor. Jetzt wurde bestimmt, dass der Vater nicht mehr gesetzlicher Vertreter ist, also kommt es ab dem Zeitpunkt, wo der Vater dieses Recht verliert, nicht mehr auf sein Einverständnis an. Es heißt: Das Einverständnis der gesetzlichen Vertreter muss vorliegen. Er ist aber nicht mehr gesetzlicher Vertreter. Also muss sein Einverständnis auch nicht mehr vorliegen. Folglich ist es völlig egal, was er danach noch alles erklärt.“
„Ich nehme an, das haben Sie schriftlich. Das mit dem Sorgerecht.“ – „Selbstverständlich“, sagte Frank.
„Gut, dann formulieren Sie das doch kurz in ein, zwei Absätzen, packen die Dokumente dazu und reichen einen Widerspruch gegen unsere Entscheidung ein. Dann wird das geprüft.“ – „Dann ist meine Mandantin volljährig. Sie benötigt den Führerschein für ihre Mobilität im Rahmen der Gesundheitssorge und der Schulausbildung. Ich protestiere gegen die sofortige Vollstreckung der Entscheidung ohne vorherige Anhörung der Betroffenen und beantrage, dass der Bescheid vorläufig außer Vollzug gesetzt wird.“ – „Ja, machen Sie das bitte schriftlich und packen Sie alle erforderlichen Dokumente dabei.“ – „Das mache ich nicht schriftlich, das erkläre ich Ihnen hiermit mündlich zur Niederschrift.“ – „Ja, dann gehen Sie bitte in das Gebäude A zum Empfang, die Mitarbeiterin dort nimmt das dann auf.“ – „Gut. Wer ist Ihr Vorgesetzter?“ – „Der ist im Weihnachtsurlaub.“ – „Ist ‚Weihnachtsurlaub‘ sein Vor- oder Nachname?“
„So, es reicht jetzt“, sagte er, öffnete die Tür und machte eine Geste, dass wir den Raum verlassen sollen. „Wer ist der Nächste?“ Frank sagte: „Das sind diese 150-Prozentigen, die sich nie eingestehen können, dass sie auch mal einen Fehler machen. Die halten sich für unfehlbar.“ Ich eierte hinter ihm her. „Und jetzt?“ – „Abwarten.“
Wir fuhren zum Gebäude A, zur Information. „Zulassung, Führerschein oder Ausnahme?“ fragte uns die Dame mit ausländischem Akzent. „Zur Rechtsantragsstelle möchten wir“, sagte Frank. „Einen Antrag erklären zur Niederschrift.“ – „Oh ich weiß nicht, in welcher Sache? Zulassung, Führerschein oder Ausnahme?“ – „Führerschein.“ – „Dann gehen Sie bitte Haus D.“ – „Nee, Haus D hat uns gerade nach Haus A geschickt, zur Information.“ – „Ja, aber Führerschein gibt es in Haus D.“ – „Wir wollen zur Rechtsantragsstelle.“ – „Antrag auf Fahrerlaubnis können Sie stellen in Haus D bitte. Ich habe hier keine Anträge für Führerschein.“
„Gut, wo erreiche ich den Leiter der Behörde?“ – „Leiter ist in Weihnachtsurlaub.“ – „Ach der auch? Der wird ja aber einen Stellvertreter haben für die Zeit. Wo erreiche ich den?“ – „Das ist der Herr …, haben Sie einen Termin?“ – „Nein, wo bekomme ich den?“ – „In Geschäftszimmer, das ist Raum …“
Wir mussten einmal quer durch das Gebäude vom Altbau in den Neubau, dort in den Fahrstuhl und oben wieder zurück vom Neubau in den Altbau, um das Geschäftszimmer zu erreichen. Dort hing ein Zettel an der Tür: „Bitte in Zimmer … melden.“ Dort angeklopft: „Wir möchten zu Herrn …“ – „Haben Sie einen Termin?“ – „Leider nicht.“ – „Worum geht es denn?“ – „Meiner Mandantin wurde der Führerschein weggenommen, so richtig mit Polizei und Sichersetellung und so. Aber nur, weil ein Mitarbeiter der Führerscheinstelle etwas übersehen hat. Kann ja mal vorkommen. Jetzt wollten wir eben mit ihm reden, aber der ist … sagen wir mal … sehr pampig. Kann seinen Fehler nicht zugeben und verweist uns auf den schriftlichen Dienstweg. Der dauert aber einige Wochen und meine Mandantin kommt ohne Auto nicht mehr zur Schule und zum Arzt.“
„Warten Sie mal, ich frage mal kurz, ob er einen Moment für Sie Zeit hat.“ Alle Achtung. Sie verschwand, kam kurz danach wieder und sagte: „Kommen Sie bitte mit.“ Auf dem Schreibtisch lag die Bild-Zeitung. „Ich bin gerade beim Frühstücken, aber das macht nichts, kommen Sie rein, geht das so? Warten Sie, ich schiebe die Stühle eben zur Seite. So. Was kann ich für Sie tun? Ein Führerschein wurde entzogen, habe ich gehört, wegen eines Fehlers unserer Behörde?“
„Ja, meine Mandantin hat vorzeitig vor dem 18. Geburtstag eine Fahrerlaubnis bekommen wegen Ihrer Behinderung und dem Weg zur Schule. Ganz normal, mit MPU, Gutachten, Auflagen, umgebautes Auto, Fahrtenbuch, Einverständnis der Eltern.“ – „Ich verstehe. Und dann?“ – „Mutter und Vater hatten damals gemeinsames Sorgerecht. Inzwischen dreht der Vater ein bißchen am Rad, jetzt kürzlich auch ein bißchen doller, nun wurde ihm das Sorgerecht entzogen. Das gibt es schriftlich.“ – „Oh jee. Ja.“ – „Ja, nicht schön, aber das sind nunmal die Fakten. Jetzt hat der Vater aus Frust hierher ein Fax geschickt, gleich nachdem ihm das Sorgerecht entzogen wurde und er eine Kontaktsperre hat, dass er sein Einverständnis für den Führerschein widerruft.“ – „Oh. Nein. Das ist aber gemein. Ja, manchmal kann man sich in die Menschen nicht reinversetzen.“ – „Genau. Problem ist jetzt: Ihre Behörde hat daraufhin den Führerschein über die Polizei einziehen lassen. Mit Bescheid und Amtshilfe-Ersuchen und Sicherstellungsprotokoll und und und. Das Ding ist nur: Der Vater war zu dem Zeitpunkt, als er sein Einverständnis zurückgenommen hat, überhaupt nicht mehr gesetzlicher Vertreter. Das heißt: Auf seine Zustimmung ist es in dem Moment schon gar nicht mehr angekommen. Und nur auf diese Rücknahme von dem Einverständnis stützt ihr Mitarbeiter seine Entscheidung. Das hat er mir heute morgen persönlich bestätigt.“ – „Hm. Wusste er denn zu dem Zeitpunkt, als er das angeordnet hat, dass der Vater kein Sorgerecht mehr hat?“
„Vermutlich nicht. Aber jetzt weiß er es. Er weiß also jetzt auch, dass es für die Anordnung des sofortigen Vollzugs keine Handhabe mehr gibt, vor allem, weil ja auch keine Anhörung stattgefunden hat, bei der diese Dinge ja ans Licht gekommen wären. Dann wäre es ja gar nicht zu der Entscheidung gekommen. Ich verstehe, wenn er darüber jetzt nicht sofort entscheiden will, aber meine Mandantin braucht ihr Auto, nur so funktioniert der ganze Eingliederungsplan, da hängt ja noch eine Menge mehr dran. Ich habe also darum gebeten, dass dieser sofortige Vollzug erstmal außer Kraft gesetzt wird. Sie hat sich ja nichts zu Schulden kommen lassen und führt ihr Fahrtenbuch und hält sich an alle Auflagen und so. Der Mitarbeiter möchte aber, dass wir das normale Widerspruchsverfahren beschreiten. Nur dann ist die Mandantin 18.“
„Haben Sie die ganzen Unterlagen mal da? Ich schau mir das mal eben an.“ Er bekam von Frank die Unterlagen rübergereicht. Dann griff er zum Telefon. „Ja, … hier. Bearbeiten Sie die Sache Julia …? Das ist die junge Frau im Rollstuhl. Ja, kommen Sie doch mal bitte in mein Büro. Was? Nein, bitte sofort.“
Sehr gut. „Wir versuchen, das mal zu klären. Ich muss natürlich auch erstmal hören, wie sich das aus seiner Sicht darstellt. Kommen Sie denn mit den ganzen Umbauten so zurecht? Ich sehe das manchmal hier auf dem Hof, wenn Leute kommen und hier diesen blauen Parkausweis beantragen. Die sind manchmal so schnell mit ihrem Rollstuhl im Auto, das ist sagenhaft. Ich bewundere das.“ – „Vielen Dank“, sagte ich und lächelte ihn an. Schleim. Dann klopfte es. Herr Pampe kam herein.
Der Leiter wollte die Akte lesen. „Herr …, setzen Sie mich mal ins Bild. Warum wurde das jetzt angeordnet? Wegen dieses Schreibens hier vom Vater? Seite …?“ fragte er und zeigte ihm die aufgeschlagene Akte. Herr Pampe nickte. Der Leiter erklärte: „Wie ich hier gerade erfahren habe, hatte der Vater zu dem Zeitpunkt kein Sorgerecht mehr. Das ist wohl sowas wie eine Trotzhandlung von ihm.“ – „Das konnte ich zu dem Zeitpunkt aber nicht wissen.“ – „Das wirft Ihnen auch niemand vor. Ich muss jetzt nur von Ihnen wissen: Wenn Sie gewusst hätten, dass der Vater kein Sorgerecht mehr hat, hätten Sie dann nach dem Schreiben genauso gehandelt und den Führerschein eingezogen?“ – „Natürlich nicht. Das ist ja wie bei einer GmbH. Wenn da der gesetzliche Vertreter ausscheidet, kann der ja auch nichts mehr erklären. Dann gilt nur noch, was die übrigen oder die neuen wollen. Die Mutter ist noch übrig, und die hat den Widerruf nicht mitunterschrieben, also würde ich davon ausgehen, dass die weiterhin einverstanden ist.“
„Genau so machen wir das“, sagte der Leiter. „Machen Sie bitte gleich mal so ein Ding fertig, äh, dass wir den Kram hier zurücknehmen nach 48 und dann Ihre Vorschriften mit dazu. Das andere Ding da wird ausgesetzt, ergibt sich ja logisch. Begründung: Unsere Behörde hat inzwischen von Tatsachen Kenntnis erhalten, die blablabla. Schreiben Sie rein, war nicht mehr vertretungsberechtigt. War der Behörde nicht angezeigt worden. Äh schreiben Sie mit rein: Der zu Unrecht eingezogene Führerschein wird der Betroffenen wieder ausgehändigt. Irgendwie sowas. Fummeln Sie das mal eben zurecht. Belehrung nicht vergessen. Und dann bringen Sie das hierher zur Unterschrift bitte. Das muss ich unterschreiben.“ – „Und was mache ich mit dem Vater? In Kopie?“ – „Nix! Das heften Sie zur Akte, schreiben einen Vermerk zu der Seite mit diesem Bescheid hier und dann nix weiter. Wenn er nachfragt, soll er erstmal nachweisen, dass er vertretungsberechtigt ist. Keine Auskünfte an Unberechtigte.“
„Dankeschön“, sagte Frank.
„Achso, wenn Sie nochmal einen Moment draußen warten würden“, sagte er zu uns. Wir rollten nach draußen, er schloss die Tür. Durch die Tür war aber alles zu verstehen, da er direkt dahinter stand. „Herr …, was ist denn da drüben los bei Ihnen, haben Sie da so viel zu tun oder was? Sie können doch nicht die Leute auf das Widerspruchsverfahren verweisen. Das Mädel fährt hier mit einem Anwalt auf. Das zahlen wir am Ende alles! Sie müssen doch damit rechnen, dass das nach hinten losgeht, gerade wenn Sie wissen, dass Sie falsch entschieden haben, weil Sie nicht alle Fakten kannten. Es verlangt ja niemand von Ihnen, dass Sie alle Fakten kennen, aber wenn Sie das merken, dann … ein bißchen mehr Fingerspitzengefühl. Gerade bei Behinderten! Überlegen Sie mal, wie schnell daraus eine Show wird! Bild-Zeitung, fette Überschrift: Behinderter Frau wird Führerschein weggenommen von der bösen Behörde. Ihr Anwalt wurde abgewimmelt. Jetzt stellt sich raus: Alles ein Irrtum! Und dann eine rührige Geschichte. Und wir mittendrin als Deppen der Nation und ich oder Herr … machen hier auf Elefant im Sand.“
„Ich habe es verstanden. Ich schreibe eben den Bescheid.“ Er kam aus der Tür und stampfte ohne ein Wort an uns vorbei. Der Leiter kam nochmal raus. „Wenn der Kollege das fertig geschrieben hat, bekommen Sie Ihren Führerschein wieder ausgehändigt. Ich wünsche Ihnen allzeit gute Fahrt.“ – „Vielen Dank.“ sagte ich.
„Darf ich noch eine Frage stellen?“ fragte Frank. „Der Vater hat zur Zulassungsstelle den gleichen Blödsinn geschickt. Betrifft die Zulassung des Autos. Gleiche Rechtslage. Die sind noch nicht tätig geworden oder es liegt heute in der Post. Könnten Sie da …“ – „Ich sage dem Kollegen Bescheid, dass er sich mit der Zulassungsstelle hier im Haus kurzschließen soll. Die Unterlagen über das Sorgerecht haben wir ja, das
mache ich dann. Sagen Sie ihm gleich noch das Kennzeichen, ja?“
Zwanzig Minuten später kam Herr Pampe wieder, ging ohne uns zu beachten in das Büro, kam mit einer Unterschrift und einem aufgestempeltem Siegelabdruck wieder raus. „Sie dürfen jetzt erstmal ohne Führerschein fahren, müssen aber alle Auflagen genauso beachten. Wenn Sie angehalten werden, sagen Sie, dass Sie im Besitz einer Fahrerlaubnis sind, nur den Führerschein nicht dabei haben. Dann könnte es sein, dass sie verwarnt werden, auch gebührenpflichtig, das leiten Sie dann an mich weiter.“ – „Der Führerschein liegt noch bei der Polizei. Die haben gesagt, dass die Post erst heute rausgeht. Wir würden jetzt mit dem Bescheid dorthin fahren und den Führerschein wieder abholen.“ – „Ich glaube nicht, dass das funktioniert, aber Sie können es ja versuchen. Dann sollen die hier kurz anrufen.“
Ich war erstmal überglücklich. Bis ich zu Hause ankam. Ich passte gerade den Briefträger ab, der ein Einschreiben für mich hatte. „Stilllegung des Kraftfahrzeuges.“ Ja super. Dürfte sich aber erledigt haben, werden wir telefonisch mit der Zulassungsstelle klären.
Am Nachmittag fuhr ich mit Frank zur Polizei. Als wir nach dem Beamten verlangten, hieß es, der wäre gerade unterwegs. Aber in etwa 20 Minuten sei er wieder da. Also warteten wir. Als er reinkam und uns sah, kam er auf uns zu und sagte: „Und?“ Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen. Er guckte mich an: „Nein! Zeigen Sie her.“ Ich packte den Bescheid aus. „Wahnsinn. Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Wie haben Sie das angestellt? Das ist alles schon fertig geschrieben und eingetütet. Ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie hier heute auftauchen. Nun habe ich mir die Arbeit umsonst gemacht. Siehste, Pech gehabt. Ich hol den ganzen Kram mal eben her. Haben Sie das Protokoll von gestern dabei?“ Ich nickte. Ich bekam schon einen Schreck, dass er es losgeschickt hat. Aber er hat sein Versprechen gehalten.
Im Zurückkommen riss er einen großen Briefumschlag auf. „Hier, Lotto, guck dir das mal an, alles für die Katz!“ sprach er seinen Kollegen an. „Man, man, man. … und ich gurken gestern zu der jungen Frau im Rollstuhl und nehmen ihr den Führerschein weg. Den Führerschein!! Großes Theater, die Führerscheinstelle ruft hier extra an und mit Fax und hüh und hott und wir gondeln da extra hin und richten da Unheil an, du, und heute war sie mit ihrem Anwalt da und dann schreiben die, April April, alles nur geträumt.“
Lotto, der Kollege, rümpfte die Nase. „Na toll.“ Er nahm seinem Kollegen das Papier aus der Hand. „Das hätten die ja auch mal vorher überprüfen können da, die Klappstühle. Die gehören alle verhaftet. Vor allem sind Sie ja nun den ganzen Tag unterwegs wegen diesem Schwachsinn hier. Wir kriegen die Fehlfahrt ja wenigstens noch bezahlt.“
„Ist mir alles egal, Hauptsache, ich habe meinen Führerschein wieder“, sagte ich und hätte vor Glück bald geheult. Der Beamte drückte mir den in die Hand. „So, hier. Feierlich zurück. Nicht wieder wegnehmen
lassen!“ Ich musste noch unterschreiben. Und dann nichts wie nach Hause.