Nette neue Nachbarn

Keine Woche, nachdem die andere große Wohnung in diesem Haus nach über einem Jahr Leerstand nun auch an eine Rolli-WG vermietet worden ist
(allerdings dort drei Rollis und drei Fußgänger), gibt es bereits den ersten Ärger.

Dass die sich mal vorstellen, kann man erwarten, muss man aber nicht.
Ist ja jedem selbst überlassen und der Trend geht ja heutzutage eher zur Anonymität. Dass wir uns mal vorstellen, wurde auch abgelehnt. Sofie
hatte Anfang dieser Woche mal geklingelt und „Hallo“ gesagt, ist aber gleich mit einem dummen Spruch (an dieser Tür klingelt man nur, wenn es brennt) abgebügelt worden.

Okay. Wie gesagt, die Entscheidung steht ja jedem frei. Heute nun klingelte es bei uns an der Tür. Nein, es brannte nicht… Es war einer der neuen Mitbewohner, der wissen wollte, wem von uns der Viano gehört. „Mir. Was ist denn damit?“ fragte ich.

Der müsse umgeparkt werden. Der stehe so, dass er nur sehr schlecht aus seiner Parkbucht käme. Okay, nun wäre das ja kein Problem, da wir ja
mehrere Tiefgaragenplätze dort unten haben, diese zu tauschen, wenn dann andere Leute besser mit ihrem Auto nach draußen kommen würden. Nur was mich wunderte: Eigentlich waren sämtliche rollstuhlgerechten Plätze so angeordnet, dass sich keiner mit einem anderen irgendwie ins Gehege kommen könnte. Und mit den „normalen“ Plätzen für Fußgänger, den er als Fußgänger wohl bekommen würde, erst recht nicht. „Ich komm mal mit runter“, sagte ich.

Unten angekommen wusste ich, warum das so war. Er parkte nicht auf einem der Parkplätze, sondern direkt auf dem gelb schraffierten Weg zum Notausgang. Ich guckte etwas dumm aus der Wäsche und fragte: „Welcher ist denn jetzt Ihr Parkplatz?“

Er antwortete: „Der Vermieter sagte, dass ein Parkplatz zur Wohnung gehört. Das ist der mit der 4 dort. Und wenn ich weitere haben wollte, müsste ich die anmieten. Für Mieter koste das 60 Euro, für Nichtmieter 100 Euro pro Monat. Das ist mir zu teuer, aber ich dachte mir, hier ist ja noch Platz.“

„Da ist aber der Notausgang, oder?“ fragte ich, in der Hoffnung, er würde seinen Fehler ohne große Diskussion bemerken. Er antwortete: „Ach,
Scheiß-Notausgang! Wenn einer hier raus will, nimmt er das Garagentor!“
– „Ähm, das wird elektrisch betrieben. Und wenn es brennt und der Strom
nicht geht?“

„Warum sollte der Strom nicht gehen, nur weil es brennt?“ – „Weil der
Brand vielleicht durch einen Kurzschluss ausgelöst worden ist und in der Zwischenzeit ist irgendwo eine Sicherung rausgesprungen?“ – „Ich glaube nicht, dass das Garagentor an irgendeiner Sicherung mit dranhängt.“ Oh. Mein. Gott.

„Zur Not rennt man halt durch das Haus raus.“, fügte er hinzu. – „Als
Rollstuhlfahrer? Bei Stromausfall? Die Treppe hoch? Ich glaube, der Notausgang hat schon seinen Sinn.“ – „Kann man nicht das Tor auch entkoppeln?“ meinte er und fing an, an der Antriebs-Einheit des Garagentors herumzuspielen. Nachdem er ein paar Mal heftigst daran ruckelte, krachte irgendetwas laut und das Tor konnte von Hand wenige Zentimeter geöffnet werden. „Ist irgendwie bestimmt auch nicht nach Vorschrift“, meinte er.

Das tolle ist jetzt nur, dass das Garagentor gar nicht mehr auf geht,
auch nicht elektrisch. Und bei dem Schnee ist das Auto die einzige Möglichkeit für mich, aus dem Haus rauszukommen, da ja nirgendwo vernünftig geräumt wird. Naja, am Wochenende soll es ja warm werden und schütten, dann geht der ganze Schnee ja vielleicht weg. Dann komme ich vielleicht auch wieder zur S-Bahn oder zum Bus oder kann mit dem Handbike fahren.

Ich sagte: „Also vor dem Notausgang können Sie nicht stehen. Das hat ja seinen Sinn, dass da eine weitere Tür ist. Ich würde vorschlagen, Sie
sprechen nochmal mit dem Vermieter und erklären ihm bei der Gelegenheit
auch gleich, was mit dem Garagentor ist. Denn so kommt ja jetzt niemand
mehr rein oder raus.“ – „Och, da ist doch eine Handkurbel in der Ecke, dann drehen wir das erstmal von Hand auf.“ – „Das hatten wir letzten Winter schon, dann kommt aber jeder Fremde hier rein.“ – „Man kann die Autos ja abschließen.“

Seufz. Ich hab keinen Bock mehr. Wo ist der Sommer? Wo ist mein Strand, mein blaues Meer? Ich will hier raus!!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert