Heute war der Kontrollwahnsinn in Hamburg ausgebrochen. Ich muss in öffentlichen Nahverkehrsmitteln nichts bezahlen, sondern nur einen amtlichen Ausweis mitführen, dass ich tatsächlich Rollstuhlfahrerin bin. Der befindet sich in meinem Portmonee und das habe ich eigentlich immer dabei. Ich glaube, ich habe es seit meinem Unfall erst ein oder zwei Mal zu Hause vergessen, obwohl ich es dabei haben wollte.
Heute war so ein Tag. Ich war mir sicher, ich hatte es in meinen Rucksack gepackt, aber es war letztlich zu Hause auf dem Schreibtisch. Ich saß in der S-Bahn, als am Diebsteich der Sicherheitsdienst einstieg. Sonst wird fast nie kontrolliert, sonst werde ich nie kontrolliert – heute war natürlich alles anders. Hier fiel mir erstmals auf, dass ich meinen Ausweis nicht dabei hatte. „Ich hab meinen Ausweis zu Hause vergessen“, sagte ich kleinlaut. Der Sicherheitstyp antwortete: „Ich glaube Ihnen auch so, dass Sie einen haben. Nächstes Mal bitte dran denken.“
Glück gehabt. Statistisch gesehen ist danach erstmal mindestens drei Monate Kontrollpause. Aber nur statistisch: In Nettelnburg stiegen zum zweiten Mal drei Kontrolleure ein. Und der Typ machte natürlich ein Fass auf. Ich musste in Bergedorf aussteigen (was ich sowieso vorhatte), und da ich mich nicht ausweisen konnte (mein Perso lag schließlich auch zu Hause), wurde ich vorläufig festgenommen (hat der Typ wirklich so gesagt!) und die Bundespolizei wurde angerufen. Nach 40 Minuten Wartezeit waren die dann auch da. Kurze Unterhaltung, einer der beiden Typen funkte meine Personalien durch, bekam kurz darauf als Antwort: „Die ist negativ.“
Keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte, jedenfalls sagte der deutlich ältere der beiden: „Sie werden jetzt von mir mündlich verwarnt, weil Sie Ihren Fahrschein nicht dabei hatten, und dann hat sich das hier für uns erledigt.“ – Der Typ vom Sicherheitsdienst fragte: „Und stimmen die Personalien nun?“ – Der ältere Polizist antwortete: „Weiß ich nicht. Sie sind nicht unplausibel. Es liegt nichts gegen die junge Dame vor, wenn sie diejenige ist, für die sie sich ausgibt. Wir müssen davon ausgehen, dass hier nur die Papiere fehlen, es liegt also keine Straftat oder Ordnungswidrigkeit vor, wir haben keine Handhabe, die Dame länger festzuhalten.“ – „Und was schreibe ich nun auf?“ – „Gar nichts“, sagte der Polizist.
Und tschüss. Auf dem Rückweg … stiegen in der Holstenstraße schon wieder Kontrolleure zu. Der Typ schaute mich an und winkte gleich ab. Die stiegen Diebsteich wieder aus und tatsächlich stiegen in Stellingen nochmal welche ein. Derjenige fragte mich direkt: „Papiere dabei?“ – Ich schüttelte den Kopf. – „Immer dran denken, ja?“ – Ich nickte.
Als ich zu Hause ankam, schaute ich als erstes nach meinem Portmonee und meinen Ausweisen. Alle noch da… Ich hoffe, der zweite Kontrolleur schickt jetzt nicht noch eine Aufforderung, innerhalb von 7 Tagen bei der S-Bahn vorzuturnen und die Papiere zu zeigen. Aber ich hätte es verdient!