Ich hatte vermutet, dass ich meinen Partner mehr vermissen würde. Die ersten paar Tage waren schon hart, weil mich einzelne Dinge und Gedanken immer wieder schmerzhaft an ihn erinnerten, an seine schönen und freundlichen Seiten, aber inzwischen ist es gut auszuhalten. Allerdings wundert es mich, wie sehr der Körper vermissen kann: Früher habe ich mich nie nach körperlicher Liebe gesehnt. Erst als mich alle möglichen Leute ermutigten, mal auszuprobieren, wie das mit meiner Behinderung klappt, habe ich damit angefangen. Einmal angefangen, so habe ich das Gefühl, kann man damit nicht wieder aufhören.
Ich habe zur Zeit niemanden, der mit mir in die Kiste springt und ich vermisse es auch nicht. Ich habe mich auch nach der Trennung rund drei Wochen nicht ein einziges Mal selbst berührt. Ich hatte danach überhaupt kein Verlangen. Dachte ich. Hatte ich aber irgendwie doch. Ich weiß nicht, wie normal das ist oder ob womöglich irgendein Hormonkanal verstopft war und dann plötzlich wieder frei geploppt ist: 6 Mal innerhalb von 24 Stunden. Hätte mir das eine Freundin erzählt, hätte ich sie gefragt, ob sie zu viel Zeit oder keine anderen Hobbys hat. Will sagen: Ich war von mir selbst überrascht. Nein, inzwischen hat sich das wieder relativiert.
Aber als ich heute auf den Bus wartete, war ein Angebot wie für mich gemacht: Krauel, Krauel – in einer Minute. Ich hab angstrengt gesucht, ob ich mich auf den ersten Blick in jemanden vergucken könnte, ob da vielleicht ein Zaunpfahl winkt, aber die Busfahrerin war schon über 50 und der Rest war eine Horde junge Schülerinnen und Schüler. Nee nee, wenn mich einer kraulen will, dann möchte ich schon einen richtigen Prinzen attraktiven Kerl. Und dann bitte einen, der mich mag. Mit meiner Behinderung, nicht wegen ihr.
Krauel, Krauel.