Das war ja wieder eine Aktion … ich sage nur: Schwimmtraining. Da ich ja zur Zeit kein Auto habe, musste ich mit dem Rolli und dem ganzen Gepäck zur U-Bahn. Dort ging der Aufzug nicht, also mit dem Bus zur nächten Station, dann bis zum Hauptbahnhof, dort umsteigen (erster Aufzug, zweiter Aufzug, über die Straße, dritter Aufzug) in die S-Bahn, drei Stationen weiter, noch ein Aufzug, zum Bus, noch drei Stationen – endlich da. 90 Minuten für eine Strecke, für die ich mit dem Auto höchstens 20 Minuten brauche.
Über einen gefrorenen Matschweg bergauf in in den Eingangsbereich der
Schwimmhalle, durch eine Drehtür, da der Behinderteneingang abgeschlossen ist (sonst steht der bei der Kälte ständig offen), erreicht mich ein Anruf von einer Kollegin aus dem Team: Sie sind zu zweit im Auto, mit zwei Rollifahrern, und es sind alle Behindertenplätze
belegt. Ob ich mal in die Tiefgarage runterkommen und beim Aussteigen helfen könnte. Okay.
Normalerweise sind wir nicht in dieser Schwimmhalle, nur ausnahmsweise. Und zum Glück bleibt es auch bei wenigen Ausnahmen im Jahr. Das Bad ist zwar eins der neuesten in Hamburg und für Rollifahrer wohl mit am besten geeignet, aber vieles ist dennoch schlichtweg eine Zumutung. Eine Feuerschutztür zwischen Aufzug und Eingangshalle: So schwergängig, dass man sich mit voller Kraft dagegen lehnen muss, um sie
zu öffnen. Und dann geht sie, da die Wand eine Rundung hat, nur bis rund 60° auf. Dann stößt sie gegen einen Stopper, der mitten im Gang montiert wurde. Als Rollstuhlfahrer muss man also erstmal vom Aufzug ins
Treppenhaus, wenden, und von dort zur Tür. Vom Aufzug direkt geht nicht, weil der Türflügel einem entgegen schwenkt und, wie gesagt, nur zur 60° sich öffnen lässt (und nicht zu 90-100, wie sonst üblich).
Der nächste Aufreger: Es gibt zwar zwei Kassen, aber nur eine Einlass-Spur. Das heißt: Alles quält sich durch eine kleine Klapptür. Es
ist in der Regel auch nur eine Kasse offen. Fußgänger können mir ihrer Karte am Drehkreuz zahlen, das geht relativ fix, nur passen Rollis ja nicht durchs Drehkreuz. Also anstellen. Zwölf Minuten, obwohl wir nur einmal die Karte vorzeigen müssen.
Dann das nächste Ärgernis: Die Rolli-Umkleide ist in einem Bereich, der morgens für Schulbetrieb genutzt und abends in der Regel abgeschlossen wird. So auch heute. Also muss einer durch das ganze Schwimmbad wieder zurückeiern, um an der Kasse zu fragen, ob mal einer die Zwischentür aufschließen könnte. „Ja, ich schicke eine Kollegin.“ – Nach fünf Minuten muss nochmal einer hineiern: „Oh, war die Kollegin noch nicht da? Ich ruf nochmal an.“
Eine Rolli-Umkleide für alle, mit den Türen gibt es dasselbe Problem wie am Eingang. Die Türen schwenken entweder so auf, dass man erstmal um
den Türflügel herum fahren muss oder es handelt sich um Schiebetüren, die so verzogen sind, dass sie sich nicht abschließen lassen. Oder sie sind – zu Reinigungszwecken – dauerhaft abgesperrt. Dazu sind von den 10
Schränken, die im Behindertenbereich stehen, sechs defekt. Man sollte es nicht glauben, aber die Batterien sind leer, so die Angestellte. In der Tat gehören in die über 1.000 Schränke pro Tür 3 Einwegbatterien, die den Strom liefern, um nach Einschieben der Karte das Schloss verriegeln zu können. Früher hat man mit der Hand am Schlüssel gedreht, ohne Batterie, heute ist ein kleiner Motor in dem Schloss, der absperrt und den Schlüssel abwirft. Hoffentlich hat das Bad einen eigenen Sondermüllcontainer für die leeren Batterien…
Die Putzmaschine hat vor dem Notausgang eigentlich auch nichts zu suchen, und warum ist der Raum mit der einzigen Behindertendusche und dem einzigen Behindertenklo abgesperrt? – „Das WC ist defekt“, weiß die Mitarbeiterin. – So langsam werde ich sauer. „Achso. Kann man das nicht am Eingang sagen? Bevor wir uns umziehen?“ – „Hat der Kollege das nicht gesagt? Das tut mir Leid, vielleicht wusste er es nicht oder es war zu viel los. Wir helfen Ihnen zur Not auf das normale WC.“ – Ist klar. Da passt mein Rolli nicht mal durch die Tür. Immerhin ging die Dusche.
Anschließend rollten wir einer nach dem anderen durch den Schulumkleidebereich zur Schwimmhalle und … wen wundert es … auch dort war die Tür abgeschlossen. Also musste wieder einer den ganzen Weg zurück, zur Kasse, im Badeanzug, nass, frierend, um zu bitten, dass auch
die anderen Zwischentür aufgeschlossen wird. „Ist bei Ihnen heute Tag der geschlossenen Türen?“ fragte unsere Trainerin. Ob wir heute nochmal zum Schwimmen kommen würden?
Wir kamen. Und unsere Trainerin überzog kackfrech die Trainingszeit, um die Verspätung wieder auszugleichen. Und, wen wundert es? Nach unserem Training war die Zwischentür schon wieder abgeschlossen. Laut Schild ‚wegen Reinigungsarbeiten‘. Also nochmal wieder Bescheid sagen. Diesmal innerhalb der Halle. Dann endlich zur warmen Dusche (die Tür zum
Raum war auch wieder abgeschlossen, aber wir wussten ja, dass es nur wegen der defekten Toilette war, und da das ein Schloss war, das man mit
einer Münze öffnen konnte, taten wir das auch) und als wir zum Ausgang kamen, hatte unsere Trainerin den Typen an der Kasse wohl schon so klein
gefaltet, dass er keinen Pieps mehr sagte, als wir, mehr als 45 Minuten
zu spät, die Schranke passierten.
Und dann wieder 90 Minuten mit Bus und Bahn zurück. Insgesamt war ich
über fünf Stunden für einmal Schwimmen unterwegs – so ein Wahnsinn. Aber das Training war schön – inhaltlich, meine ich.