Stark und tapfer

Ich glaube, es ist der größte Sprung in meinem Blog: Über drei Jahre zurück ins Jahr 2009, zu einem meiner ersten Beiträge. Ähnlich, wie ich bereits in 2009 der Notärztin, die mich damals nach meinem Unfall erstversorgt hatte, einen Besuch abgestattet habe, um mich bei ihr zu bedanken, habe ich aus einem bestimmten Anlass heraus heute auch noch einer anderen Person, die die Weichen nach meinem Unfall entscheidend gestellt hat, eine kleine Aufmerksamkeit vorbei gebracht.

Den Anlass lieferte diese Person selbst: Den Eintritt in den Ruhestand. Wie ich mehr oder weniger zufällig erfahren habe, geht der Richter, der mich Anfang 2009 von einem auf den nächsten Tag an meinem Krankenbett besucht
und einen Verfahrenspfleger bestellt hat, weil mein Vater damals mit der ganzen Situation überfordert war, Ende des Monats in Rente. Anlass genug, die Geschäftsstelle anzurufen und um einen Termin zu bitten. Um 16.20 Uhr war es soweit und die Mitarbeiterin hatte ihr Wort gehalten: Sie hat ihm nicht verraten, wer warum zu ihm kommen würde.

Zuerst konnte er mich überhaupt nicht zuordnen, dachte, ich sei eine Nebenklägerin eines seiner Strafverfahren gewesen, bis ihm dann, nach dem einen oder anderen kleinen Hinweis, die Sache dämmerte. Und dann wollte er alles genau wissen. Über das eine oder andere wird er ja in der Verfahrensakte gelesen haben, aber spätestens mit meinem 18. Geburtstag verliert sich ja meine Spur für ihn. Eigentlich hätte er Feierabend, aber wir saßen nach anderthalb Stunden immernoch da. Ich erzählte ihm von meinen Eltern, von unserem Wohnprojekt, von meinem Sport, von meinem Studium und ich habe ihm gesagt, dass ich ihm wirklich sehr dankbar bin: Vor allem, dass es mir finanziell so geht wie es mir geht, verdanke ich seinem ersten Schritt.

Er war ziemlich gerührt und hatte ein paar Mal, als ich ihm quasi die Kurzfassung meines Blogs aus dem Mund der Autorin servierte, Tränen in den Augen. Seufzte dann und sagte: „Nun fang ich hier auf meine alten Tage gleich noch an zu heulen. Das ist mir in meinen langen Jahren wirklich selten passiert.“

Am Ende brachte er mich zur Tür und quatschte eine Passantin an, ob sie ein Foto von uns beiden vor der Tür des Gerichtsgebäudes machen könnte. Dann verabschiedete er mich mit den Worten: „Sie sind eine starke und tapfere junge Frau. Ich bin stolz auf Sie.“ – Das aus seinem Mund ging mir natürlich runter wie Öl. Ich wünsche ihm jedenfalls einen erfüllten Ruhestand.

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