Einen hab ich noch! Der letzte Paratriathlon für mich in diesem Jahr. Wie immer: Bis kurz vorher war nicht klar, ob er wirklich stattfindet, und ob unsere Wettkampfklasse starten darf, und dann ging wieder alles ganz schnell.
Weil es bis ins südliche Niedersachsen nicht ganz so weit zu fahren ist wie die letzten Male, als wir nach Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz mussten, waren auch mehr Hamburgerinnen und Hamburger am
Start als sonst.
Die Hinfahrt mit dem Auto verlief komplikationslos, die Nacht in einem Vierbettzimmer einer jugendherbergsähnlichen Unterkunft auch, aber
das Frühstück war grausam: Hart gekochte Eier an Karotten, zu trinken gab es Instant-Kirsch-Brause. Ohne Flachs! Als wir im Frühstücksraum auftauchten, waren lediglich noch einige Deko-Möhren, jede Menge hart gekochte Eierhälften und Instantbrause übrig. Sportler seien hungrig, man habe falsch disponiert. Immerhin erstatte man uns die elf Euro Frühstückskosten, so dass wir kurzerhand beim Bäcker anhielten, zwei Tüten Brötchen und ein Glas Nutella erjagten, um dann zwischen einer Drogerie und einer Kreuzung, mitten auf dem Gehweg, mit einem Taschenmesser die Brötchenhälften zu bestreichen.
Die vorbeischlendernden Leute hatten so etwas natürlich noch nie gesehen; in Anbetracht der großen Menge Rollstuhlfahrer traute sich aber
niemand, einen Ton zu sagen. Einer lief beim Glotzen fast gegen ein Straßenschild. Marie meinte böse: „Ich warte noch auf den Kommentar: Guck mal, Hubert, die Behinderten demonstrieren für ein gleichwertiges Leben in den Heimen. Wenigstens samstags wollen sie auch einmal Brötchen
mit Nutella.“
Ganz so schlimm wurde es nicht, aber eine Frau, schätzungsweise Anfang 60, starrte uns ebenfalls an, mit halb geöffnetem Mund. Mir fällt
so etwas eigentlich nicht auf, es sei denn, es wird zu penetrant. Ich zählte leise bis 10, als sie dann immernoch glotzte, streckte ihr auf eine Entfernung von etwa 20 Metern eine Hand mit einem Nutella-Brötchen entgegen. „Möchten Sie auch eins?“, fragte ich sie. Verdattert schaute sie weg und ging zügigen Schrittes davon. Etwa eine Minute später war sie plötzlich wieder da: „Entschuldigung, dass ich eben so geschaut habe, aber darf ich wissen, was Sie hier machen?“ – „Frühstücken!“ riefen Cathleen, Marie und Nadine wie aus einem Mund, teilweise noch kauend.
„Haben Sie sich ausgeschlossen?“, fragte sie weiter. Oh nein! Da ich auf nüchternen Magen nur begrenzt skurrile Menschen ertrage, kürzte ich das ab und erklärte: „Wir haben gleich einen Wettkampf und wollen vorher
noch was zwischen die Kiemen kriegen, nachdem es in unserer Unterkunft nichts vernünftiges gab.“ – „Achso. ‚Zwischen die Kiemen‘ ist ja niedlich. Sie nehmen aber nicht an diesem Marathon teil hier, oder?“ – „Triathlon, doch.“ – „Ganz blöd gefragt: Wo ist denn der Unterschied zwischen Marathon und Triathlon? Ich kenne mich im Sport nicht so aus.“ –
„Beim Marathon wird gelaufen, beim Triathlon ist auch noch Schwimmen und Radfahren dabei.“ – „Achja, wie dumm von mir, Sie können ja gar nicht laufen. Aber das mit dem Radfahren habe ich neulich im Fernsehen gesehen, bei der Olympiade, da war ein Blinder mit einem Nichtblinden auf einem Tandem. Alle Achtung, das könnte ich nicht. Haben Sie denn auch so spezielle Räder?“
Ich antwortete brav: „Einen Rennrollstuhl, ja.“ – „Achso, ja, sowas habe ich mal gesehen, die spielen ja auch Basketball damit.“ – „Ja, das sind noch wieder andere Rollstühle, aber im Prinzip … sowas ähnliches.“ –
„Das find ich toll, wissen Sie? Bei Ihnen sieht man die Behinderung ja,
bei mir nicht so, ich hab nämlich Leukämie.“ – „Das ist ja nicht so schön, dann wünsche ich Ihnen gute Besserung und noch einen schönen Tag!
Ich muss mal weiter essen, wir müssen nämlich gleich wieder los. Unsere
Trainerin meckert sonst.“ – „Ja, ich will Sie nicht aufhalten. Wer ist denn Ihre Trainerin?“ – „Die junge Frau dahinten, die da auf dem grauen Verteilerkasten sitzt.“ – „Die ist ja noch sehr jung. Ich finde das ja toll, wenn junge Menschen sich für soziale Zwecke einsetzen. Na jedenfalls wünsche ich Ihnen viel Spaß auf dem Wettkampf.“
Als sie weg war, sagte Cathleen: „‚Haben Sie sich ausgeschlossen?‘ Aus unserer Zehner-WG oder was? Der letzte hat die Tür zugeschlagen und keiner hat seinen Schlüssel mit.“ – „Tja, wir können ja auch nicht mal eben über den Balkon klettern, nä?! Am Ende verheddert sich der Rolli dabei im Blumenkasten“, ergänzte Marie ohne eine Miene zu verziehen. Cathleen blödelte weiter: „Du meinst die kleinen Vorderräder?“ – Marie guckte genervt vorwurfsvoll, als würde Cathleen nichts verstehen: „Wieso
denn die Vorderräder? Du kannst doch kippeln. Das Gepäcknetz, Schatzi, das Gepäcknetz.“ – „Ach ja, das Gepäcknetz. Sieht man übrigens immer seltener, oder? Selbst die älteren Leute haben mittlerweise alle Rucksäcke oder Beutel oder so.“ – „Stimmt. Oh, kennst du noch diese Rangierrollen? Wo man die großen Räder abnehmen konnte und dann konnte dich einer auf solchen Rangierrollen schieben?“
Ich verstand nur Bahnhof. Cathleen fuhr fort: „Ja! Das war geil. Und dann hat er dich losgelassen und du rolltest unaufhaltsam bergab. Lenken
und bremsen war ja nicht mehr drin.“ – „Genau. Die einzige Chance war: Sich seitlich umwerfen.“ – „Was ja problemlos ging. Einmal falsch geatmet, kippte der Stuhl um.“ – „Herrlich. Oder diese großen Ballonreifen vorne.“ – „Na komm, du bist wenigstens nirgendwo hängen geblieben damit.“ – „Nee, aber dafür hattest du dreimal die Woche einen Platten. Irgendwas war immer platt.“ – „Hat sich aber im Fahrkomfort kaum bemerkbar gemacht. Die Stühle wogen ja locker 35 Kilo, vor allem mit dieser doppelten Schere unter der Sitzfläche, zum Zusammenklappen.“
Wie gut, dass ich das nicht mehr erleben muss. Eine Stunde später sah
ich mich auf einer Wiese stehend, nach einer kurzen Aufwärmrunde einige
Dehnübungen praktizierend, fortgesetzt unendliche Trinkmengen schluckweise in mich reinschüttend, langsam immer aufgeregter werdend. Tatjana rannte mit Sonnenlotion und Fettcreme durch die Gegend, versorgte alle blassen und weniger blassen Hamburgerinnen und Hamburger großzügig und leistete allen Angsthasen seelischen Beistand.
„Lange oder kurze Hose?“, fragte Anja. Tatjana sah sie entsetzt an: „Langer Einteiler! Oben und unten lang! Es sind noch nicht mal 14 Grad! Du holst dir sonst den Tod, wenn du den Neo ausziehst und hier durch die
Gegend radelst. Ich hoffe, du hast einen dabei?“ – Anja zog den Kopf ein und nickte schüchtern. Irgendwann saßen wir endlich alle auf dem Steg. Tatjana rannte immernoch mit Getränken rum, wurde dann weggeschickt. Doch der Start verzögerte sich, weil es Probleme mit der Zeiterfassung gab. „Es geht jeden Moment los“, ließ uns ein offizieller Typ mit weißer und roter Fahne in der Hand wissen. Zwanzig Minuten vergingen, zum Glück schien die Sonne und wärmte uns. Dann durfte Tatjana doch wieder auf den Steg. Brachte noch mehr Isomix in Nuckelflaschen.
So langsam wurde es eklig. Triathlon ist kein Schönheitswettbewerb, wurde mir in einer der ersten Stunden erklärt. Marinierte Stinkesocke, damit kann ich leben – aber wenn der Pegel nach zwanzig Minuten schon am
Hals steht und es kontinuierlich an den Handgelenken aus den Ärmeln tropft, ist irgendwann auch meine Schmerzgrenze erreicht. Marie hatte beste Laune und foppte mich: „Du transpirierst. Aus allen Nähten.“ – „Ich komm gleich kuscheln.“
Marie streckte mir die zu einem Anti-Vampir-Zeichen überkreuzten Zeigefinger entgegen. Lisa, in diesem Zusammenhang selten um einen Kommentar verlegen, dessen Tragweite sie jedoch meistens erst realisiert, nachdem sie ihn ausgesprochen hat, grinste bis über beide Ohren. Und sagte dann: „Das nennt man ‚Zentralheizung‘!“
Marie fing an zu lachen. Lisa fuhr fort: „Sagt meine Oma!“ – Jetzt musste ich auch lachen. Ich fragte: „Wieso denn deine Oma? Was hat sie denn damit zu tun? Macht sie auch Triathlon?“ – „Nein, sie kann nicht mehr so viel raus, liegt meistens im Bett und muss gepflegt werden, aber
sie will immer alles wissen. Alles, alles, alles. Dann macht sie die Augen zu. Wahrscheinlich stellt sie sich das dann alles vor. Ich muss alles genau beschreiben, ob die Kühe Flecken hatten und all so Zeugs.“
„Okay, und wie kommt sie jetzt zur Zentralheizung?“ – „Ja, pass auf. Ich hab ihr von meinem Wettkampf erzählt und wenn ich alles erzählen soll, habe ich ihr natürlich auch davon erzählt, wie ich auf dem Steg gesessen und Pipi gemacht habe.“ – Marie kiecherte und sagte: „Auweia. Und?“
Lisa sagte: „Ja, nicht lachen, das lustige kommt erst. Sie hat ihre Augen aufgemacht und hat mich ganz vorwurfsvoll angeguckt und gefragt, warum ich das mache. Und dann habe ich gesagt: ‚Oma, beim Triathlon darf
man sich wie ein Räuber benehmen und das finde ich toll. Zu Hause darf ich das nicht. Und das Pinkeln ist wirklich lustig. Also nicht einfach so, da würde ich mich schütteln. Aber wenn man im Wasser schwimmt und dann kommt plötzlich das Gefühl wo es überall ganz heiß wird, das ist einfach herrlich. Und Mama hat das erlaubt.’“
Marie und ich kugelten uns schon wieder vor Lachen. Lisa fuhr fort: „Das macht man allenfalls stiekum und still.“ – „Was für ein Ding? Stiekum?“ – „Ja genau! Du kennst das auch nicht, oder?“ – „Na, ich würde
aus dem Zusammenhang schließen, dass das sowas wie ‚unauffällig‘ oder ‚lässig‘ heißt.“
Lisa antwortete: „Nein eben nicht. Stiekum heißt ‚heimlich‘. Das, was
du meinst, ist ‚Nonchalance‘. Das hat mir meine Oma in dem Zusammenhang
auch beigebracht. Man pinkelt stiekum und nonchalant, also heimlich und
gekonnt lässig. Und dazu gehört, dass man das nicht jedem laut erzählt.“
Eine andere Teilnehmerin, vermutlich knapp 50, die auch auf dem Steg wartete, mischte sich in die Unterhaltung ein: „Deine Oma ist ja drollig. ‚Nonchalance‘ heißt übrigens auch ein sehr tolles Parfüm.“
Lisa guckte die Frau entsetzt an: „Wirklich?“ – Die Frau nickte. Lisa
fuhr fort: „Na jedenfalls meinte sie, auch wenn ich jung bin, es ist ein erster Schritt, sich eine diskretere Wortwahl anzugewöhnen. Eine Umschreibung! Angeblich sagt man auch nicht, man muss auf Toilette, sondern man geht sich frisch machen. Dabei finde ich das voll albern, weil ‚frisch machen‘ find ich viel peinlicher als wenn man auf Klo muss.
Das eine ist normal und das andere ist als wenn man stinkt.“
Jetzt lachte auch die Frau. Lisa meinte: „Ich dann gesagt, dass mir kein anderes Wort einfällt, was meine Leute nicht albern finden. Oder was nicht richtig derb ist. Und dann hat sie vorgeschlagen, ich soll doch das umschreiben und ‚Zentralheizung‘ sagen.“
Bevor wir das noch weiter vertiefen konnten, wurden wir per Lautsprecher aufgefordert, unsere Startpositionen einzunehmen. „Wir haben internationale Teilnehmer, wir starten mit internationalem Kommando. We will start with the international command.“ – Wo waren die denn? Die internationalen Teilnehmer? Ich klärte Lisa auf: „Das bedeutet, der sagt nicht ‚Auf die Plätze!‘, sondern stattdessen ‚Take your marks!‘ – nicht wundern!“
Marie sagte: „Es gibt doch diesen Witz, wo einer das nicht versteht und vom Startblock klettert, um ein Markstück aufzuheben, was dort am Fußboden liegt.“ – Ich reagierte nicht. Sie setzte noch einen drauf: „Du, da sind Zombies im See.“ – „Ach Marie! Hör auf damit, ich will mich
konzentrieren.“ – „Ich will, dass du dich vor Lachen verschluckst und ich dich überholen …“ – „Take your marks! Möööööp!“
Das Schwimmen verlief, von dem anfänglichen Gewusel abgesehen, ohne Zwischenfälle und mit gut dosierten Kräften. Cathleen, Marie und ich teilten uns die ersten drei Zwischenzeiten unserer Startklasse, brachten
mit jeweils hauchdünnen Vorsprüngen Tatjana ins Schwitzen, die uns vom Wasser in die Wechelzone bringen sollte. Lisa, die zum allerersten Mal völlig alleine einen Wettkampf schwamm, war weit zurück, genauso wie Anja. Für die beiden war Ankommen das Ziel.
Beim Biken schaffte es ebenfalls keiner von uns dreien, sich entscheidend abzusetzen. Marie hatte bei Bergabfahrten mehrmals Probleme
mit dem letzten Gang, also mit der längsten Übersetzung, die ständig wieder raussprang, so dass sie nur im vorletzten fahren konnte. Vermutlich ist der entsprechende Seilzug zu straff eingestellt gewesen. Es hat aber nicht wirklich gestört, weil die Bergabfahrten immer nur sehr kurz waren, dafür umso steiler – und in einer scharfen Kurve endend. Das war, als wir uns die Strecke angesehen hatten, noch nicht. Tolle Wurst, wenn man kurzfristig den Streckenverlauf ändert ohne jeden Hinweis. Ich sah Lisa schon fliegen und sie meinte hinterher, es war kurz davor.
Die per Rennrolli zu bewältigende Strecke war sowohl im Verlauf als auch im Profil sehr gut, allerdings, und irgendwas ist ja immer, kollidierte Marie, kurz nachdem sie mich überholt hatte, mit einem Fußgänger, der meinte, die gesperrte Straße überqueren zu müssen, als sie dort angedonnert kam. Alles Brüllen half nichts, er reagierte viel zu spät und Marie hatte hinter einer Kurve und bergab viel zu viel Speed
drauf, um ausweichen oder bremsen zu können. Zumal Rennrollis ohnehin einen schier endlosen Bremsweg haben, anders als Rennbikes. Der Typ sprang im letzten Moment zur Seite, Marie erwischte ihn aber trotzdem mit ihrer Schulter am Bein und brachte ihn ins Straucheln und Fallen. Und er fiel genau dorthin, wo ich vorbei rutschten wollte. Zum Glück war
es nicht nass, so dass ich noch genug Zeit hatte, um auf der anderen Seite um Marie herum lenken konnte.
Unfall mit verletzter Person? Immer anhalten. Der Typ stand auf, fing
zu meckern an: „Man darf immer nur so schnell fahren, dass man in dem Bereich zum Stehen kommt, den man einsehen kann.“ – „Sind Sie verletzt?“
– „Nein.“ – Also weiter. So ein Idiot, das mag im Straßenverkehr gelten, aber nicht auf gesperrten Rennstrecken. Deshalb sind sie ja gesperrt. Ich ließ Marie überholen. Soviel Fairness muss sein. Entsprechend ließ sie mich kurz vor dem Ziel, als ich immernoch eine Länge hinter ihr war, auf gleiche Höhe aufholen, so dass wir beide gleichzeitig über die Ziellinie rollten. Was den anderen Teilnehmerinnen
unserer Startklasse einen um 2 Positionen besseren Platz einbrachte, denn wir wurden dafür beide disqualifiziert. Die erste schlechte Nachricht.
Die zweite schlechte: Der Typ, der über die gesperrte Straße geschlendert ist, hat sich beim Veranstalter gemeldet, weil er angeblich
doch verletzt sei. Das Knie blute, seine Hose sei versaut, habe er später bemerkt. Zum Glück hat er nicht abgestritten, vor Ort erst gesagt
zu haben, dass alles in Ordnung ist. Das hätte dann nämlich mitunter ganz andere Konsequenzen haben können. Tatjana meinte, hätte er unwiderlegbar das Gegenteil behauptet, hätte Marie das eine mehrjährige Sperre einbringen können. So wird gegen Marie jetzt wegen Körperverletzung ermittelt. Der Typ hat Anzeige erstattet. Sie musste Personalien bei der Polizei angeben, wurde noch vor Ort verhört. Sie hat
allerdings die Aussage verweigert. Die Polizisten meinten aber gleich, dass das wohl eingestellt werden würde – ob sie eine Haftpflichtversicherung hätte.
Die gute Nachricht: Wegen der Disqualifizierung ergehen noch zwei Strafbescheide. Tatjana erwartet 500 € pro Person. Und kennt ja nun den Namen des Störers, meinte, sie schickt das unserem Vorstand mit der Bitte, eine entsprechende Spende bei ihm einzuwerben.
Und bei der Gelegenheit bekamen wir dann alle auch noch einmal Nachhilfe bei den Regeln: Absichtlich langsam fahren, offensichtlich überholen lassen oder anders auf das Wettkampfergebnis taktisch einzuwirken, ist nicht erlaubt. Vorsicht ist auch bei einer Sache geboten, die es mehr im Behindertensport gibt als anderswo: Wenn wir mit
unseren Rennstühlen nebeneinander an einer Verpflegungsstation vorbei donnern, ist es üblich, dass der, der am dichtesten dran ist, dem anderen auch eine Trinkflasche angelt, auch wenn es ein Gegner ist. Dabei müsse man nur aufpassen, dass man sich nicht berührt. Nicht an den
Stühlen, sondern auch nicht am Körper. Also bloß nicht anticken oder sowas. Sondern nur hinhalten und im Zweifel loslassen. Ansonsten führt das auch sofort zur Disqualifikation. Auch wenn derjenige sagt, es sei ihm egal, vielleicht sogar im selben Team ist – es ist nicht erlaubt.
„Weder stiekum noch nonchalant?“, fragte Marie. Tatjana, vermutlich ohne ein Wort verstanden zu haben, antwortete: „Gar nicht. Und ‚gar nicht‘ heißt ‚gar nicht‘. Ohne Wenn und Aber.“