Von einem Komma, dem Weltuntergang und Weihnachten

Es gibt mal wieder was lustiges: Als ich gestern mit der U-Bahn nach Hause fuhr, stand auf der elektronischen Zuganzeige am Bahnsteig der Hinweis: „Achtung! Letzter Zug vor dem Weltuntergang!“ – Leider war der Akku meines Handys schon so weit leer, dass ich kein Foto mehr machen konnte. Schade. Ein Typ regte sich auf, dass da ein Komma fehle…

Gleiches (Akku-) Problem hatte ich auch kürzlich beim Schwimmtraining, allerdings hatte dort jemand ein Billighandy dabei, um dokumentieren zu können, was regelmäßig bestritten wird, wenn man sich bei den zuständigen Stellen beschwert.

Das einzige barrierefreie WC im Schwimmbad ist seit Wochen defekt. Eigentlich wurde an der Kasse gesagt, es sei wieder in Ordnung, aber als ein 12jähriges Mädchen aus der parallel zu uns statt findenden Gruppe in die Gemeinschaftsumkleide zurück gerollt kam und Tatjana ansprach, ob sie mal bitte mit ihr kommen könne, ahnte ich schon, dass man uns mal wieder für dumm verkauft hatte. Tatjana kam eine Minute später ohne das Mädchen zurück, kniete sich vor mir hin, nahm meine Hand und guckte mich mit ihrem unschuldigsten Blick und klimpernden Wimpern an: „Tatjana, darf ich in der Dusche Pipi machen?“ – „Nur im Handstand“, blödelte ich zurück.

Wir waren vorgestern auf dem Weihnachtsmarkt. Mit acht Rollis und sechseinhalb zweibeinigen Fußgängern enterten wir die Spitalerstraße, den Rathausmarkt und den Jungfernstieg. Es war so brechend voll, dass wir fast nur darauf achten mussten, niemandem über die Füße zu fahren. Die meisten Leute waren noch nicht in ihrer Weihnachtsruhe angekommen, sondern suchten hektisch und genervt nach Geschenken. Am besten fand ich
die Werkzeuge in Lebensgröße aus Schokolade: Schrauben, Muttern, Schraubenschlüssel, Hammer, … konnte man alles aus Schokolade kaufen.

Den Spruch, ob wir hier nun unbedingt mit unseren Rollstühlen durchfahren müssten, hörte ich mindestens drei Mal. Ich hatte mir vorgenommen, an diesem Tag auf keinen dummen Spruch zu reagieren und alles ignoriert. Beim dritten Mal kam die Antwort allerdings von direkt hinter mir: „Ja, sollen sie über das Pflaster krabbeln oder was?“, fragte eine Stimme, die ich irgendwo schon einmal gehört hatte. Ich drehte mich um und blickte in das Gesicht eines Mannes um die 60, das ich bisher nur aus dem Fernsehen kannte. Bevor ich irgendwas erwidern konnte, war er auch schon wieder in der Menge verschwunden.

Schade, ich hätte ihn bei zwei weiteren Sprüchen gerne noch einmal hinter mir gehabt. Erstens: „Wünschen Sie sich zu Weihnachten, noch einmal wieder laufen zu können?“ – Von einer wildfremden Frau. Und: „Ich
wollte Ihnen nur sagen, dass sich eine ihrer Behinderten aus dem Staub gemacht hat!“ – Zu einer unserer Fußgängerinnen, als eine siebzehnjährige Rollifahrerin in die Sparkassenfiliale in der Spitalerstraße abgebogen ist, während der Rest der Gruppe schonmal langsam weiterrollte…

Ich werde den Heiligen Abend zum ersten Mal seit fünf Jahren nicht für mich alleine verbringen. Die letzten Jahre bin ich abends mit einigen Leuten aus der WG in den Michel zum Gottesdienst gefahren, in diesem Jahr bin ich von Marie und ihren Eltern eingeladen worden, Weihnachten mit ihnen zusammen zu verbringen. Ich freue mich auch schon sehr darauf, denn Cathleen fährt am 24. zu ihrer Mutter und ihren jüngeren Geschwistern, Frank und Sofie sind heute für eine Woche in die Sonne geflogen, … ich wäre sonst so ziemlich alleine. Meine beiden Halbschwestern hatten auch gefragt, ob ich zu ihnen kommen möchte, aber mein Vater will wohl auch dorthin – vielen Dank.

Ich wünsche auf diesem Weg allen meinen Leserinnen und Lesern ein paar ruhige Festtage!


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert