Bei Geld Hört Die Freundschaft Auf

Sollte ich die Büchse mit der Moral öffnen? Oder lieber nicht? Ich rede von der Zahlungsmoral. Ich bin gerade ein bißchen traurig.

„Bei Geld hört die Freundschaft auf“, heißt ein bekannter Spruch. Ich frage mich erneut: Wie ist der Spruch zu verstehen?

Bedeutet er, dass man mit Freunden alles teilt, nur nicht sein Geld?

Oder dass das Verleihen von Geld Freundschaften gefährdet oder gar beendet?

Oder dass man, wenn man Geld verleiht, lieber auf Nummer Sicher geht und das Vertrauen, dass man in anderen Bereichen der Freundschaft hat, hier besser nicht bemüht? Also sich eine Unterschrift geben lässt?

Oder dass man in einer Freundschaft kein Geld verleiht, weil man den Nachdruck, den einige Leute brauchen, um Geld zurück zu zahlen, in eine Freundschaft nur schwer aufbauen kann?

Oder noch was anderes?

Wenn ein Freund (oder auch eine Freundin) in einer Notlage ist, darf er mich anpumpen. Es ist mir egal, ob er nur heute sein Geld vergessen hat oder ob er blank ist. Wenn wir vor der Kinokasse stehen, zahle ich für ihn mit, ohne dass wir darüber erstmal diskutieren müssen.

Wenn ich für jemanden zum Beispiel ein Geburtstagsgeschenk besorge, was wir aber mit mehreren Leuten bezahlen, lege ich das Geld erstmal aus. Oder wenn ich für eine Bahnfahrt Tickets besorge, besorge ich sie auch gleich für meine Freunde mit.

Es gibt Menschen in meinem Freundeskreis, die kaum Geld haben. Die von Grundsicherung oder noch weniger (Heimtaschengeld) leben müssen. Ic glaube, wenn man jemanden fragt, ob ich geizig bin, werden sich alle a die Stirn tippen. Mir geht es finanziell besser als einigen anderen Menschen, und es ist mir eine Freude, wenn ich die Menschen, die ich gerne mag, daran teilhaben lasse. Ich lade meine Freunde gerne ein, mal zum Kaffee, zum Eis oder auch mal ins Kino. Nicht immer, nicht ständig, aber immer mal wieder.

Was macht mich jetzt traurig? Dass der Spruch „Bei Geld hört die Freundschaft auf“ irgendwie eine Wahrheit haben muss. Nein, ich meine nicht meine engsten Freunde. Wenn ich Marie Geld leihe oder für sie etwas auslege, habe ich die Kohle zurück, sobald wir uns wiedersehen. Bei Cathleen ist das nicht anders.

Ich habe heute mal eine Liste gemacht, von wem ich noch Geld bekomme Es sind über zehn Leute und die Ausstände belaufen sich auf insgesamt 388 €. Eine Trainingspartnerin schuldet mir seit nunmehr sechs Wochen 140 € für neue Hochdruckbereifung, die ich für sie mitbestellt habe. Inzwischen habe ich nun schon drei Mal immer direkt vor dem Training eine SMS geschrieben, dass sie an das Geld denken soll. Heute gibt sie mir 50 € in die Hand und sagt: „Anzahlung, der Automat war leer.“

Und als wäre diese Unverfrorenheit kaum noch zu überbieten, wollten wir nach dem Training noch einen Kakao trinken. Da sagt Nadine: „Kann mir jemand fünf Euro leihen?“ – Und die besagte Trainingspartnerin antwortet: „Lass dich von Jule einladen, die hat von mir gerade 50 Euro bekommen.“

Sehr nett.

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