Nicht im Stehen

Wo ich gerade beim Thema „eklig“ bin …

Wenn man sich zu sehr über irgendetwas beschwert, man gleichzeitig aber mit Privilegien ausgestattet ist, kann es passieren, dass man diese Privilegien wegen der Beschwerde verliert. Wenn mir meine Oma also jede Woche zwei Euro Taschengeld zusteckt, sollte ich mir gut überlegen, worüber ich mich bei meiner Oma beschwere.

So ähnlich funktioniert es auch in der Politik. Wer Grund hat, sich zu beschweren, wird mit einem Privileg ausgestattet, damit er die Klappe hält. Hält jemand trotz Privileg die Klappe nicht, wird ihm das Privileg wieder weggenommen.

Toll ist es nun, wenn die sonst als selbstverständlich angepriesene Barrierefreiheit gegenüber den Menschen mit Behinderung bei Bedarf als Privileg verkauft wird. Oder wenn man behinderten Menschen Sonderrechte einräumt, um Dinge, die noch nicht so funktionieren oder die sich nicht so regeln lassen, wie es erforderlich wäre, zu kompensieren; dafür aber erwartet, dass niemand aufmuckt.

In dem Schwimmbad, in dem wir trainieren, gibt es einen barrierefreien Umkleideraum, eine barrierefreie Dusche und ein barrierefreies WC. Und Parkplätze für Rollstuhlfahrer. Dass man von den Rollstuhlparkplätzen nur durch schwere Feuerschutztüren in die Schwimmhalle kommt, die sich nur manuell öffnen lassen, kann man dadurch
kompensieren, dass es einen Rufknopf gibt, mit dem man die Kassenkraft in die Tiefgarage bestellen kann. Dass eine weitere Brandschutztür abgeklebt und verkeilt wurde, weil sie so öffnet, dass alle Gäste und vor allem auch Rollstuhlfahrer einmal komplett um den Türflügel herum fahren müssen, kommentiere ich mal gar nicht erst.

Die gleiche Fehlplanung gibt es auch bei den barrierefreien Duschen. Die Brandschutztür und die Tür zum barrierefreien Umkleideraum kommen sich beim Öffnen so ins Gehege, dass man erstmal die eine Tür hinter sich zufallen lassen muss, zurückfahren, und dann die andere öffnen zu können. In den Umkleidekabinen fehlen seit Monaten mal wieder die Schlösser (huch, besetzt) … aber das hier ist eigentlich die Höhe:

Seit mindestens zwei Monaten ist regelmäßig die einzige barrierefreie Toilette defekt. Mal funktioniert sie wieder für einen Moment lang, dann ist sie wieder aus. Einen wesentlichen Anteil daran dürfte haben, dass es sich um das weit und breit einzige WC handelt, das im Vereins- und Schulumkleidebereich befindet. Alle Leute, die mal eben dorthin müssen, benutzen das Behinderten-WC. Wenn ich mich umziehe, sind das in 10 Minuten meistens fünf bis sechs Leute.

Beim vorletzten Mal war es trotz „Bitte nicht benutzen“-Schild von oben bis unten vollgekotet, beim letzten Mal war es zwar unbenutzt, dafür aber gesperrt. Die Mutter einer neuen Teilnehmerin zog einen der Schwimmhallenmitarbeiter quasi an der Krawatte dorthin und regte sich tierisch auf. Daraufhin entfernte er das Schild und meinte, wenn sich die Toilette wieder beruhigt, funktioniert sie wieder, sie verstopfe nur ständig, weil behinderte Menschen und Mütter dort Windeln reinwerfen. Im Moment laufe sie nur langsam ab. Es täte ihm für die jetzt anwesenden Leute zwar leid, aber sie würde nicht glauben, welches Klientel hier teilweise einzöge. Dabei werde so viel getan für die Menschen mit Behinderungen. Sie würden immer mit offenen Armen empfangen. Und oft seien sie undankbar und würden sich über alles aufregen.

„Klopapier, Seife und Papierhandtücher wären schonmal ein erster Schritt, um die Aufregung zu legen. Und eine Grundreinigung. Und wenn es solche Probleme mit fremdem Klientel gibt, muss man sich eben was einfallen lassen, so dass die Türen nur noch mit einer Behindertenkarte zu öffnen sind.“ – Das ginge nicht, die Tür sei gleichzeitig ein Fluchtweg.

Aber mit der Grundreinigung hat sie schon recht, wie ich finde. Wenn man sich mal die Fugen ansieht, unter dem Spülknopf und auf dem Fußboden vor dem Becken … auch wenn ich mich lieber nicht zu laut beschweren möchte, aber Rollstuhlfahrer haben da bestimmt nicht im Stehen gepinkelt.

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