Eine Seefahrt, Tag 2

Nach einem ersten halben Tag, einer kurzen Nacht und einem ersten Morgen sitze ich mit einem Laptop unter einem Sonnenschirm und höre den Vögeln zu. Kreischende Vögelnde sind auch dabei … es ist schräg, aber es
ist nicht so schräg wie ich befürchtet hatte. Wenn man ein Paar ist, hat man mal Sex, und wenn man im Urlaub ist, vielleicht einmal öfter. So
ist gut vorstellbar, was hier los ist. Es gibt aber auch noch andere Beschäftigungen. Ich habe mich mit zwei Frauen und einem Mann gestern sehr lange und instensiv über viele verschiedene Themen unterhalten. Und
Marie und ich haben die Nacht tatsächlich zum Schlafen genutzt. Wenn sie auch kurz war, auf einem sanft schaukelnden Boot und moderater Raumtemperatur schläft es sich sehr entspannt. Kulinarische Köstlichkeiten sind an Bord eigentlich ständig zu haben, am besten gefallen mir die Frucht- und Gemüseplatten. Gurkenscheiben, Karotten, Wassermelonen, Trauben, Ananas, Apfelstücke – alles gekühlt, alles lecker. Kühler ungesüßter Tee als Standardgetränk lassen mich auch die um zehn Uhr morgens bereits mehr als dreißig Grad Lufttemperatur aushalten.

Zum Frühstück gab es neben Brötchen und Aufstrich auch Minibratwürste, Spiegelei und kalten Orangensaft. Und es gab tatsächlich
auch Leute dazwischen, die sich eine Bikinihose und ein T-Shirt übergezogen haben. Vielleicht auch, weil man dann auf den Barhockern mit
Kunstlederbezug nicht so schnell festklebt. Allerdings muss ich dazu sagen, dass Shane offenbar selektiert hat. Von zwölf Personen sehen zehn
so aus, dass ich sie, wäre ich Malerin, gerne portraitieren würde. Nackig. Wie aus dem Ei gepellt. Bei zweien will ich es lieber nicht selbst beurteilen, denn die sind behindert. Und da bin ich möglicherweise voreingenommen. Ja richtig gelesen, Behinderte sind auch dazwischen. Eine inklusive Swing-Swapp-Bootstour sozusagen. Allerdings wollte bislang weder mit mir noch mit Marie jemand swingen oder swappen.
Worüber ich im Moment auch nicht traurig bin! Es ist aber spannend zu sehen, wie die Berührungsängste zunehmend abnehmen: Gestern abend fragte
mich bereits eine Frau (in meinem Alter), ob ich Empfindungen in dem Bereich dort unten hätte. Und befand, dass wir dafür, dass wir im Rollstuhl sitzen, eigentlich recht sexy wären. Ich bin gespannt, wie ernst man uns bei der Mottoparty nimmt, die heute abend unter dem Thema „Dominanz“ und morgen nacht unter dem Thema „Schlafen“ steigt. Und ich bin gespannt, ob der erwähnte Mini-Sexshop das vorrätig hat, was ich mir
kaufen möchte; ob er Kreditkarten akzeptiert und ob ich mir vor Ort ein
schelmisches Grinsen verkneifen kann.

Mein allerliebster Aufenthaltsort ist übrigens ein Schwimmring. Durchmesser geschätzt 150 Zentimeter, in der Mitte offen, in den luftbefüllten Teil sind mehrere Getränkehalter eingelassen. Für Schatten
sorgt eine ebenfalls aufblasbare Palme, die fest in den Ring eingelassen ist. Hin und wieder muss das ganze Ding mal in Richtung Sonne gedreht werden, ansonsten kamen regelmäßig Leute vorbei geschwommen, die entweder an meinen Füßen kitzeln oder mich nassspritzen
wollten. Marie hat es sich heute morgen zwei Stunden auf einer Luftmatratze im Schatten der Yacht bequem gemacht – so lässt es sich tatsächlich aushalten.

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