Ja, ich darf darüber schreiben. Hat Lisa gesagt. Es geht um Sexualität. Mit dem Wort sind alle vorgewarnt, die nichts über Sexualität lesen möchten.
Jeder Mensch erlebt Sexualität ja etwas anders. Damit meine ich nicht nur, dass jeder Mensch verschiedene Beuteschemata, Interessen, Vorlieben, vielleicht sogar Fetische hat. Damit meine ich vor allem, dass sich Paare, die zusammen sind und miteinander ins Bett gehen, relativ schnell auf ein gemeinsames Muster verständigen. Mitunter wird das am Anfang noch ein paar Mal gewechselt, vielleicht wird es irgendwann öde und daher entweder Grund für einen Seitensprung oder für den gemeinsamen Besuch im Sexshop – die Gefahr, sich in einem langweiligen Trott wiederzufinden und dabei das Gefühl zu schüren, eben aus diesem irgendwann ausbrechen zu müssen, wird, glaube ich, von vielen unterschätzt.
Ich erwähne nicht, wer mir neulich diese mal eben eingeschobene Geschichte erzählte: „Wir haben meistens Sonntagsmorgen Sex. Unter der Woche sind wir so kaputt, dass wir sofort einpennen, am Wochenende haben
wir den Rhythmus der Woche im Blut. Die innere Uhr lässt mich um halb acht aufwachen, dann wälzen wir uns hin und her und würden am liebsten noch einen Moment weiterschnorcheln. Naja, und dann kommt irgendwann die
Frage: ‚Kannst du auch nicht schlafen? Wollen wir vögeln?‘ – Und anschließend knacke ich dann immer noch zwei Stunden weg.“
Lisa ist mit ihrem Freund noch nicht so lange zusammen. Inzwischen habe ich auch ihn kennengelernt. Ich finde ihn sehr nett. Am Morgen im Bus, kurz vor dem Triathlon, plauderte sie aus dem Nähkästchen: „Sorry, ich bin gerade etwas rollig. Mit meinem Freund hätte ich jetzt Sex.“ – „Wieso ausgerechnet jetzt?“, fragte ich verwundert. Und dachte dabei an die Geschichte von der Freundin, die regelmäßig Sonntagmorgen Sex hat. Lisa klärte auf: „Weil Morgen ist. Wir haben morgens fast immer Sex.“ – „Echt? Das wäre nichts für mich. Ich bin eher für abends zu begeistern, und dann gemeinsam einschlafen.“
„Ich auch. Deswegen gehört mir auch der Sex abends. Da habe ich sozusagen den Hut auf und lasse mich kraulen und andere Sachen und dann schlafen wir zusammen ein. Und der Sex morgens gehört ihm. Und da ist es
halt so wie er das gerne will. Rein, raus, Nikolaus. Glatte Nummer. Nicht nachdenken.“ – „Und du?“ – „Ich brauch ja nur die Beine breit machen. Und danach kann ich super noch eine Runde weiterschlafen. Er fängt ja früh an zu arbeiten, ich hab ja noch ein bißchen mehr Zeit.“ – „Das ist deine Beziehung, ich würde mir da vielleicht ein wenig benutzt vorkommen. Ich weiß nicht.“ – „Ach was, das ist mir zu kopflastig. Sex ist ein Trieb, den man erfüllt oder eben nicht. Ich bin ehrlich, mir ist es lieber, wenn der Sack leer ist, wenn er zur Arbeit geht.“ – Ich musste einen Moment grinsen. Und fragte dann aber: „Denkst du, er geht sonst fremd?“ – „Nicht er speziell. Alle Menschen sind nicht für Treue geboren. Die Moral der Kirchen ist out, was die Nachbarn sagen, ist auch egal, da kann es nicht schaden, andere Anreize zu geben und Bedürfnisse zu befriedigen. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.“
„Wenn du so glücklich bist, will ich dir da nicht dreinreden“, sagte ich nachdenklich. Und Lisa: „Ja, bin ich. Nicht nur vom Rechnen. Früher hab ich masturbiert, aber Sex ist viel schöner. Und falls der mal nicht schön genug ist, kann ich ja trotzdem noch masturbieren. So wie früher. Also immer ein Plus. So einfach ist das.“