Männerhort

Ich war mindestens ein halbes Jahr nicht mehr im Kino. Viel zu lange. „Männerhort soll gut sein“, hörte ich. Vielleicht hätte ich mehr auf die Formulierung achten sollen. Wenn etwas gut sein soll, heißt das:
Mach dir selbst ein Bild. Habe ich gemacht.

Marie und ich, dazu noch zwei Freundinnen aus Hamburg, bekamen vier der zehn letzten Plätze der Vorstellung. Und zum Glück waren diese Plätze in räumlicher Nähe zu den bereits belegten Rollstuhl-Stellplätzen, so dass unsere laufenden Freundinnen uns nicht allzu weit tragen mussten. Genauer gesagt: Nur über eine Stufe und drei Plätze. Ein Mann: „Können die nicht gehen?“ – „Wir sind verliebt, deswegen trage ich sie auf Händen“, war die spontane Antwort. Er hatte vermutlich die beiden Rollstühle nicht gesehen, die nach unserem Sitplatzwechsel im Flur abgestellt wurden. „Hoffentlich sind die nachher
noch da und hoffentlich kippt keiner sein Bier drüber“, meinte Marie.

Wie habe ich ihn vermisst, den Geruch nach den Kartoffelchips mit Käsesoße und Oliven. Wie habe ich die umherfliegenden Popcorn, das unter
den Sitzen über die Teppiche laufende Bier und die kreischenden Teenies
in der letzten Reihe vermisst. Und die Mädchen mit Konfirmandenblase, die während 108 Minuten Film jeweils drei Mal nach draußen mussten. Und natürlich alle in der Mitte der Reihen saßen. Zum Glück war im Kinosaal kein Handyempfang, so dass uns wenigstens das erspart blieb. Der Ton war
auch so laut eingestellt, dass ein Unterhalten nicht mehr möglich war, nach immerhin 45 Minuten Werbung konnte der Film ja beginnen. Zum Glück ist noch niemand auf die Idee gekommen, den Film selbst mit den von den Privatsendern bekannten Werbepausen zu unterbrechen.

Die ersten zehn Minuten des Films, in denen die drei Paare vorgestellt wurden, fand ich noch recht lustig. In der Zeit kam auch der
bereits im Trailer verratene beste Witz vor: „Im Einkaufscenter shoppen
gegen im Internet einkaufen ist wie Sex gegen onanieren.“ – Ja prima. Ansonsten wurden 90 Minuten lang nur Klischees bedient. Immerhin wurden Menschen mit Behinderungen nicht ausgelassen, so dass der Film ein Sternchen von mir bekommt. Die Frage, welche Behinderung vorliege, so dass er mit seinem fetten Porsche auf einem Rolliparkplatz parke, wurde mit „Tourette, du Fo**e. Funktioniert immer wieder.“ beantwortet. Die paralympischen Spiele bekamen auch nochmal ihr Fett weg.

Und ansonsten handelte der Streifen von rülpsenden Typen, die sich einen Heizungskeller teilten, Chips und Bier konsumierten und ihr Refugium gegen einen türkischen Hausmeister verteidigen mussten. Der beruflich erfolgreichste der drei Männer verkaufte Dixi-Toiletten und hatte natürlich auch so eins vor sein Einfamilienhaus gestellt. Klar, dass das nicht nur ein Musterklo war, sondern auch benutzt wurde, und irgendwie auch klar, dass irgendwann der Hausmeister die Dixitoilette unfreiwillig mit seinem Rasenmäher an den Haken nahm und kilometerweit durch die Straßen zog. Und während drinnen weiter gekackt wurde, zerlegte sich die Kabine in ihre Einzelteile und alle Bewohner der Schickimicki-Siedlung konnten sich davon überzeugen, wie der erfolgreichste Toilettenverkäufer der Welt mit heruntergelassener Hose aussieht. Silikon-Vaginas, Sexdating über das Internet, ein Hausmeister,
der den Kloverkäufer erst mit einer Flex von seinen Handschellen, anschließend von dem Staubsauger im Schritt befreit und dabei auch noch zufällig gefilmt wird, runden das Bild ab. Und die Frauen? Eine ist schwanger, die zweite ist nicht nur dauershopping sondern auch dauergeil
und täuscht irgendwann mit Vitaminpillen einen Suizid vor – und die dritte ist ein Er und sucht nachts halbnackt Nacktschnecken im garteneigenen Biotop.

Ich will nicht zuviel verraten. Mein Fazit: Ich habe vorher zu wenig getrunken. Und ich hatte nach einem halben Jahr Kino-Abstinenz überzogene Erwartungen, die dieser Film leider nicht erfüllen konnte.

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