Nun kommt sie also. Die Maut für Pkws. Vorausgesetzt, dieses aufwändige System wird nicht noch von der EU kassiert. Was mir vor allem
widerstrebt, ist die damit verbundene Erfassung und Nutzung von Daten. Ich schätze, es dauert nun nicht mehr lange, bis diese Datensätze auch offiziell für die Terrorbekämpfung und die Aufklärung schwerer Verbrechen genutzt werden dürfen.
Menschen mit Behinderung, die (sinngemäß) sich nur im Rollstuhl oder ähnlich eingeschränkt fortbewegen können, die blind sind oder in erheblichem Umfang ständig hilfebedürftig, sind in Deutschland von der Kraftfahrzeugsteuer befreit. Dieser Personenkreis könnte also theoretisch eine Flugzeugturbine als Antrieb verwenden – Steuern fallen nicht an.
Jener Personenkreis, der sich im Straßenverkehr nur eingeschränkt bewegen kann (hierzu zählen Menschen, die wegen gesundheitlicher Einschränkungen eine Gehstrecke von etwa zwei Kilometern nicht innerhalb
von rund dreißig Minuten zurücklegen können) und entsprechend einen Ausweis für Menschen mit Behinderung hat, auf dem das eingetragen ist, zahlte bisher nur die halbe Kraftfahrzeugsteuer – oder konnte alternativ
eine vergünstigte Jahreskarte für den öffentlichen Nahverkehr kaufen.
Da wurde ja im Rahmen der Mautdiskussionen versprochen, dass niemand schlechter gestellt wird als vorher, wenn die Maut kommt. Die Kraftfahrzeugsteuer soll entsprechend gesenkt werden. Nun zahlen Menschen mit Behinderung ja in einigen Fällen keine Kraftfahrzeugsteuer,
so dass hier ein anderer Weg gefunden werden musste, um diejenigen nicht mit Einführung der Maut zu belasten.
Das Gesetz sieht nun vor, dass die Pkw-Maut nicht zu entrichten ist für Kraftfahrzeuge, die für schwerbehinderte Personen zugelassen sind, die entweder (sinngemäß) sich nur im Rollstuhl oder ähnlich eingeschränkt fortbewegen können, die blind sind oder in erheblichem Umfang ständig hilfebedürftig. Also jener Personenkreis, der nach wie vor von der Kraftfahrzeugsteuer befreit ist.
Das Gesetz sieht darüber hinaus vor, dass die Pkw-Maut auch nicht zu entrichten ist für Kraftfahrzeuge, die für Personen zugelassen sind, die
sich im Straßenverkehr nur eingeschränkt bewegen können (also diese Zwei-Kilometer-Regel). Hier umfasst das Pkw-Maut-Gesetz also künftig einen wesentlich größeren Kreis.
Soweit ist das wohl erstmal ganz gut. Man hat die Menschen mit Behinderung zumindest schonmal nicht vergessen.
Welche Auswirkungen hat das aber für die Praxis? Einige, würde ich sagen.
1. Ich müsste für mein Auto jetzt jährlich 234 € Steuern zahlen (Diesel mit Euro 6). Die Pkw-Maut pro Jahr beträgt später pro Jahr 96 €,
die Steuerentlastung 100 €. Künftig würde ich also 230 € zahlen und hätte 4 Euro gespart.
2. Da ich aber von der Kraftfahrzeugsteuer wegen meiner Behinderung befreit bin, zahle ich jährlich 0 € Steuern. Das kann man nicht ermäßigen, aber die Pkw-Maut fällt auch nicht an, somit zahle ich künftig auch 0 € und bin genauso dran wie vorher.
3. Gehörte ich nun zu denjenigen Leuten, die noch laufen können, aber
nicht so weit und so schnell (erhebliche Einschränkung, Zwei-Kilometer-Regel) und hätte ich keine Jahreskarte für den öffentlichen Nahverkehr, zahlte ich jetzt die Hälfte von 234 € Steuern (also 117 €). Die Entlastung wegen der Pkw-Maut betrüge künftig 0 €, somit zahlte ich immernoch 117 € Steuern. Eine Pkw-Maut fiele nicht an, also bin ich später mit 117 € genauso dran wie heute.
4. Gehörte ich zu denjenigen Leuten mit der erheblichen Einschränkung
(Zwei-Kilometer-Regel) und hätte eine Jahrskarte für den öffentlichen Nachverkehr, zahlte ich jetzt 234 € Steuern, würde künftig im Rahmen der
Pkw-Maut nicht entlastet werden, müsste aber ebenfalls keine Maut zahlen. Würde also künftig auch 234 € zahlen und würde damit 4 € pro Jahr mehr zahlen als ein nicht behinderter Mensch (siehe 1.).
Auch wenn es nur vier Euro pro Jahr sind … An einer anderen Stelle gibt es aus meiner Sicht aber noch eine Ungenauigkeit.
Nämlich: Im Kraftfahrzeugsteuergesetz heißt es, dass die Steuervergünstigung für behinderte Menschen nur für ein Fahrzeug zusteht. Die Nutzung dieses Fahrzeugs darf nicht gewerblich sein, andere
Personen dürfen das Fahrzeug nicht nutzen, es sei denn, sie fahren mich
durch die Gegend oder führen dadurch meinen Haushalt.
Aus diesem Grund ist es zum Beispiel auch nicht möglich, dass Marie alleine mit meinem Auto zum Training fährt. Auch wenn sie ebenfalls die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt. Auch wenn kein eigenes Auto auf sie zugelassen wäre. Wenn Marie und ich uns die Nutzung meines Autos teilen wollten, müssten wir beide auf die Steuerbefreiung verzichten, obwohl wir beide die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung
erfüllten.
In dem neuen Pkw-Mautgesetz steht davon ausdrücklich nichts. Dort heißt es nur, dass die Pkw-Maut nicht für Autos zu entrichten ist, die auf schwerbehinderte Personen mit den zusätzlich erwähnten Merkmalen zugelassen sind. Als Rollstuhlfahrerin könnte ich also theoretisch zwei Autos zulassen, könnte zwar nur für eins die Steuerbefreiung in Anspruch
nehmen, aber für das andere die Steuerermäßigung ohne dass ich Maut zahlen müsste. Also Beispiel:
5. Ich müsste jetzt für das (erste) Auto 0 € zahlen und für das zweite 234 €. Ab Einführung der Maut würde sich die Steuer für das zweite Auto um 100 € ermäßigen, eine Maut fällt aber nicht an. Somit zahle ich künftig nur noch 134 €.
Das finde ich natürlich gut, nicht nur, weil es mal relativ einfach gelöst ist. Aber die Frage ist, wann die ersten Leute auf schlaue Ideen kommen. Ich sehe schon ein neues Geschäftsmodell. Alle meine Leserinnen und Leser, die ihr Auto auf meinen Namen zulassen möchten, sparen künftig rund 70 € pro Jahr. 30 € bekomme ich. Macht bei 10.000 Klicks am
Tag … huch, ist mir schwindelig.