Unpassende Diagnosen

Nachdem ich gestern noch bei meinem Praktikumsplatz angerufen habe,
bin ich heute morgen mit Öffis direkt hingefahren und habe mich vorgestellt. Zum Glück hat alles geklappt und ich darf im nächsten Semester in der Inneren Medizin ganz viel Dünnpfiff lernen. Über Dünnpfiff, meinte ich. Und darüber, warum die Behandlung einzelner Krankheiten nicht so klappt, wie sie eigentlich klappen müsste. Aktuell hat mich eine Professorin heiß gemacht für ihren Forschungsansatz im Bereich der Soziologie. Ich möchte nicht zu viel darüber verlieren, nur,
dass es darum geht, herauszufinden, warum es Patienten gibt, die von Arzt zu Arzt rennen, bevor mal jemand eine passende Diagnose stellt. Zielgruppe sind dabei weniger die Patienten, die seltene Krankheiten haben, so dass es wirklich nicht einfach ist, die Diagnose zu finden. Ziel sind vielmehr die Patienten, die eine Krankheit haben, die eigentlich jeder Arzt sofort erkennen müsste – und trotzdem klappt es nicht. Oder die Patienten, die mit offensichtlichen Symptomen in die Aufnahme kommen, und trotzdem wird die Diagnose falsch gestellt.

Ich forsche nicht selbst, sondern ich helfe nur. Im Rahmen meines vorgeschriebenen Praktikumstags einmal pro Woche. Zusammen mit vier Kommilitonen. Es geht nicht darum, herauszufinden, dass Ärzte übermüdet oder überstresst sind, es geht auch nicht darum, Rechtfertigungen für Behandlungsfehler zu finden oder eine Art Beschwerdemanagement zu betreiben. Sondern es geht darum, sich mit dem System und der darin enthaltenen Arzt-Patienten-Beziehung kritisch auseinanderzusetzen. Auch wenn ich heute schon weiß, dass ich mich später im Job nicht den ganzen Tag nur mit theoretischen und statistischen Dingen beschäftigen möchte, halte ich das für sehr lehrreich und spannend. Zumal meine Aufgabe an diesem Praktikumstag mit intensivem Patientenkontakt (also sozuagen direkt an der Front) zusammenhängen wird.

Ich freue mich also auf ein weiteres halbes Jahr mit spannenden Neuigkeiten und Arbeit in einem Bereich, den ich bisher kaum kennengelernt habe. Die Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich zu tun haben werde, wirkten erstmal auch völlig entspannt und normal, soll heißen, ich bekam nicht ein einziges Mal die Frage gestellt, ob das mit dem Rollstuhl alles funktionieren wird – also könnte das alles doch mal völlig entspannt und fokussiert auf die Sache ablaufen!

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