Neun Gänge

Nach wie vor knarzt nichts. Der Motor schnurrt, ist im Gegensatz zu
meinem vorherigen Fahrzeug kaum zu hören und mit Blick auf die Größe des Fahrzeugs und das Drehmoment erstaunlich wenig durstig. Bisher bereue ich den Kauf meines neuen Autos
noch nicht. Ich will zwar nicht sagen, dass das noch kommen wird, aber wundern würde es mich nach meinen letzten Erlebnissen nicht. Allerdings könnte ich ja vielleicht auch mal Glück haben.

Bei dem ganzen Schnickschnack, den derjenige, der sich das Auto mal ausgesucht hat, bevor er aus persönlichen Gründen vom Kauf zurückgetreten ist, geordert hat, würde es mich nicht wundern, wenn schon demnächst irgendwas verrückt spielt. Die Light-Version vom Kollisionsassistenten hatte ja bereits mein letztes Auto. Genützt hat es
mir bekanntlich nichts, und ob der jetzige den letzten Crash, bei dem ein anderer Fahrer falsch abgebogen und mir in die Seite gekracht ist, verhindert hätte, wage ich auch zu bezweifeln. Aber eine nervige Verschlimmbesserung habe ich schon festgestellt: Das aktuelle Auto reagiert auch auf Fußgänger, die schnell an einen Überweg laufen und dort schlagartig stehen bleiben. Gerade in der Großstadt gibt es immer wieder Leute, die man auf die Ampel zujoggen sieht, bei denen man aber anhand ihrer Aufmerksamkeit und ihrer Blicke auf das Verkehrsgeschehen ahnt, dass sie stehen bleiben werden. Der aktuelle Kollisionsassistent erkennt ihre Blicke freilich nicht und leitet munter eine Vollbremsung ein, was im fließenden Verkehr nicht unbedingt nützlich ist. Nein, es ist niemand aufgefahren, aber der Typ, der hinter mir auch voll in die Eisen gehen musste, hat mich an der nächsten Ampel sehr böse durch sein Seitenfenster angefunkelt.

Was positiv ist: Das Neun-Stufen-Getriebe erscheint wesentlich besser
für höhere Geschwindigkeiten geeignet als das mir bekannte Sechs-Stufen-Getriebe. Gerade bei Geschwindigkeiten über 70 kommt tatsächlich noch was, was die Drehzahl des Motors und damit die Gesamtlautstärke beim Fahren nochmal deutlich reduziert. Während in meinem bisherigen Fahrzeug ab etwa 65 km/h der sechste Gang gewählt wurde (je nach Beschleunigungswunsch mitunter auch erst bei 160 km/h) und dann der Drehzahlbereich von etwa 1.300 bis 4.200 Umdrehungen pro Minute ausgereizt wurde, schaltet die jetzige Neun-Stufen-Automatik erst
bei ungefähr 130 km/h in den letzten Gang – was zur Folge hat, dass man
bei 130 km/h mit etwa 1.300 Motorumdrehungen mitschwimmt.

Gibt man Vollgas, schaltet er bei etwa 210 km/h vom achten in den neunten Gang. Schneller als 215 km/h (Tacho) bin ich bislang nicht gefahren, weil die Autobahn nicht ausreichend frei war. Laut Fahrzeugschein soll er 222 schaffen, also Tacho etwa 230 km/h. Was nicht
sein müsste. Die Automatikschaltung reagiert um ein Vielfaches zügiger als die Vierstufen-Automatik, die man von den etwas älteren Autos kennt,
aber gefühlt nicht schneller als das DSG-Getriebe, das ich von dem vorherigen Fahrzeug kannte. Was anders ist, ist das Überspringen von einzelnen Gängen: Wenn man beispielweise bei 130 km/h im neunten Gang plötzlich Vollgas gibt, springt er mitunter bis in den 5. Gang zurück. Beim DSG-Getriebe wurde zwar auch vom 6. in den 4. zurückgeschaltet, aber nicht ohne im 5. auch einmal kurz einzukuppeln.

Was auf jeden Fall toll ist, ist die 360-Grad-Ansicht beim Rückwärtsfahren. Eine Rückfahrkamera ist gerade bei viel Gepäck oder aus
anderen Gründen eingeschränkter Sicht ja schon sinnvoll, aber hier wird
quasi aus der Heckkamera, einer Frontkamera und zwei Kameras in den Seitenspiegeln ein Bild „von oben auf das Auto“ berechnet, so dass man nicht nur sieht, gegen welchen Poller man gerade rückwärts lenkt, sondern auch, welches Verkehrsschild gleich vom vorderen Kotflügel touchiert wird, weil man beim Ausparken die Räder voll eingeschlagen hat. Klar, man könnte auch aus dem Fenster gucken und nein, ich gehöre nicht zu denjenigen, denen sowas passiert ist, aber diese konzentrierte Info auf dem Bildschirm ist schon geil.

Nicht ganz so geil finde ich persönlich die Ambiente-Beleuchtung. Da haben sie bunte LEDs hinter allen möglichen Ecken und Falzen versteckt, die in drei wunderhübschen Farben leuchten und Wohnzimmeratmo aufkommen lassen. Kobaltblau mag im Sommer dazu führen, dass man die Klimaanlage trotz Abendhitze drosseln kann, orange hat den gegenläufigen Effekt im Winter – und weiß hilft unmittelbar bei der Feststellung, ob man alleine
im Auto sitzt. Also bevor sich jemand mit mir streiten will: Es sieht spannend aus und ist auch sehr gelungen, aber aus meiner Sicht ist das überflüssiger Spielkram. Ich beschwere mich aber nicht, denn man kann das zum Glück auch komplett abstellen.

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