Einen ganz schönen Schrecken habe ich gestern bekommen, als ich von
der Arbeit nach Hause kam. Marie müsste auch jeden Moment kommen, Helena sollte eigentlich schon zu Hause sein. Ihre Sachen waren auch schon da, ihr Rollstuhl parkte im Flur, in ihrem Zimmer war sie aber nicht. Im ganzen Haus war sie nicht. Ihr Handy lag auf ihrem Schreibtisch. Ich rief nach ihr. Niemand antwortete. Spielte sie Verstecken mit mir? Das wäre das erste Mal. Die Terrassentür war auch zu, also im Garten war sie nicht. Ich schaute in jedes Zimmer, guckte unter ihre Bettdecke – nichts.
Irgendwann schaute ich noch einmal genauer in den Garten. Auf die Entfernung konnte ich es nicht eindeutig erkennen, aber … da lag doch jemand auf dem Trampolin! Um das Trampolin ist ein hohes Netz, damit sie
sich nicht verletzt, und das versperrte natürlich die Sicht. Lag Helena
auf dem Trampolin? Aber warum war dann die Terrassentür von innen zu? Und wieso liegt sie da? Unterzuckerung?
Ich öffnete die Terrassentür. Je näher ich dem Trampolin kam, umso eindeutiger wurde, dass Helena auf dem Rücken auf dem Trampolin liegt. Alle Viere von sich gestreckt, Nase nach oben. Ich rief zwei Mal ihren Namen, aber sie reagierte nicht. Mein Puls ging in die Höhe. Als ich direkt neben dem Trampolin war und das Netz am Eingang zur Seite zog, musste ich dann doch lächeln: Sie hatte Stöpsel im Ohr und hörte Musik. Augen geschlossen. Ich kletterte aus dem Rollstuhl nach unten auf das Trampolin. Sie ließ ihre Augen zu und grinste. Ich legte mich links neben sie. Auch auf den Rücken. Ich bekam ihren rechten Ohrstöpsel.
Und warum war die Terrassentür von innen zu? – „Ich bin durch die Haustür raus. Mein Schlüssel hängt da vorne am Netz. Ich dachte mir, es ist vielleicht schlauer, die Terrassentür nicht offen stehen zu lassen, wenn ich hier hinten liege und die Augen geschlossen habe.“ – Recht hat sie. Sehr weitsichtig, unsere große Kleine. Denn durch die offene Terrassentür flögen bestimmt nicht nur Vögel rein…