Einzeltraining

Eigentlich wollte ich ja schon viel früher darüber schreiben, aber ständig kommt ja etwas dazwischen: Helena, jenes Mädel, das vor zwei Jahren überhaupt nicht schwimmen konnte und auch irgendwie zumindest halbwegs davon überzeugt war, wegen ihrer Cerebralparese das Schwimmen auch nicht erlernen zu können, ist seit etwa sechs Wochen in einem Schwimmverein. In demselben, in dem Marie und ich auch trainieren, wobei wir beide ja keiner festen Trainingsgruppe angehören, sondern, wenn wir Zeit haben, dazu stoßen, da wir uns ja in erster Linie für Triathlon und Freiwasserschwimmen interessieren. Helena hat ja schon im Januar ihr  Jugendschwimmabzeichen in Silber geschafft, aktuell trainiert sie für Gold. Dafür muss sie Kraulschwimmen und Rückenkraul können. Daran hatten wir geübt, es sieht auch schon ganz gut aus, aber sie überlegt noch zuviel und verheddert sich dann. Aber das wird schon werden.

Jedenfalls hat ihr, als sie neulich uns wieder begleitet hat und ein wenig für sich geschwommen ist, während Marie und ich trainiert haben, ein Trainer des Vereins den Floh ins Ohr gesetzt, dass er mit ihr richtig trainiert und sie dann irgendwann auch auf Wettkämpfen mitschwimmen kann. Das Problem ist: Die Gruppe, in der sie mithalten kann, ist altersmäßig um die 8 Jahre. Für die Gruppe der 13 und 14 Jahre alten Mädchen ist sie viel zu langsam. Sie solle aber mal bei den Achtjährigen Schnuppertraining machen, was sie getan hat. Inzwischen haben sie sich nun darauf geeinigt, dass sie weiterhin mit den Achtjährigen mittrainiert und anschließend noch eine Stunde Einzeltraining bekommt. Aktuell habe noch ein zweites Mädchen mit Behinderung aus einer Nachbargemeinde Interesse und komme nach den Ferien zu diesem Einzeltraining dazu. Der Trainer sagt, er möchte da etwas aufbauen. Wir zahlen derzeit nun auch den Vereinsbeitrag für Helena – und sind gespannt, wie sich das entwickelt.

Helena schwärmt natürlich von ihm. Da nimmt sich jemand eine ganze Stunde nur für sie Zeit. Und der hat natürlich Ahnung vom Schwimmen und auch davon, wie man es vermittelt. Allerdings sei sie seine erste Schwimmerin mit Cerebralparese, er habe lediglich mal einen sehbehinderten Schwimmer aus dem Iran eine Zeitlang betreut. Nur erklärt Helena ja sehr genau, wo eventuelle Probleme liegen, so dass die beiden wohl ein gutes Team sind. Ich bin in den ersten zwei Wochen mit dorthin gefahren, hab es mir angeschaut, in der Zwischenzeit einige Dinge auf meinem Laptop erledigt, dann ist Marie einmal mit dorthin gefahren, die letzten Male ist Helena alleine gewesen.

Ich hoffe, dass das alles gut wird. Der Trainer ist Mitte 30, sehr engagiert, freundlich, die beiden verstehen sich gut. Helena erzählt sehr viel, wenn sie wieder zu Hause ist. Ich habe kürzlich mit einer Kollegin darüber gesprochen, einfach ohne Anlass, weil sich das ergeben hat: Sie fand das merkwürdig. Ich bin im Moment nun überfragt, ob sie ängstlich ist oder gar eifersüchtig, oder ob sie einfach nur vorsichtiger oder erfahrener ist – oder Marie und ich uns so für Helena freuen, dass wir keinen neutralen Blick mehr haben. Sie meint, es sei unüblich, dass ein Schwimmlehrer Einzelstunden gebe und dann auch noch mit ins Wasser komme.

Also Helena schwimmt in der Gruppenstunde die ganze Zeit mit den anderen im tiefen Wasser, während der Einzelstunde auch, die erste Dreiviertelstunde, die letzte Viertelstunde mache er technische Übungen mit ihr, und immer, wenn sie etwas nicht richtig hinbekomme, steige er zu ihr in das dann brusttiefe Wasser und halte sie fest. Oder gebe ihr einen Schubs, damit sie erstmal Geschwindigkeit aufnehme. Oder korrigiere ihre Körperhaltung. Einerseits freue ich mich ja über das Engagement und möchte nicht übervorsichtig sein, andererseits … warum sagt die Kollegin sowas? Argh.


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