Öffentlichkeit

Der 60. Geburtstag meiner Mutter

Genau 10 Jahre ist es heute her, dass ich mit dem Bloggen begonnen habe. 10 Jahre! Eine lange Zeit. Damals war ich 16 Jahre alt, lag in einem Krankenhaus und war ziemlich übel zugerichtet. Ich wurde auf dem Schulweg von einem Auto geknutscht und bin geflogen. Zuerst über den Asphalt, dann mit einem Heli – und ein paar Wochen später zum ersten Mal aus dem Rollstuhl, weil sein Vorderrad sich im Schnee verhedderte. Damals hatte ich Stress mit meiner Muddi. Sie konnte nicht begreifen, dass ich nicht lange aus dem Krankenhaus durfte, auch nicht, wenn sie ihren 50. Geburtstag feiert… Weiterlesen »Der 60. Geburtstag meiner Mutter

Weihnachten 2018

Ist es schlimm, wenn ich nicht geputzt habe? Ich finde, es ist immer sauber bei uns. Einmal pro Woche kommt zu uns eine junge Frau, die feucht durchwischt. Einmal im Quartal werden die Fenster geputzt. Ansonsten gurkt, wenn sonst niemand zu Hause ist, ein Saugroboter durch die Räume. Naja, groben Dreck mache ich dann schonmal sofort weg, nasse Hündinnen werden vor der Tür abgetrocknet und ein feuchter Lappen mit etwas Scheuermilch durchquert hin und wieder auch mal das Waschbecken. Aber wenn ich sehe, dass unsere Nachbarn seit Tagen mit nichts anderem mehr beschäftigt sind als mit Hausputz, finde ich Maries… Weiterlesen »Weihnachten 2018

Terror und Maschinenpistolen

Es hat in diesem Monat in der westlichen Welt keinen Terroranschlag gegeben – wenn man von den beiden gescheiterten Sprengstoff-Attentaten in New York und Malmö absieht. Wobei beim letzten ja noch nicht klar ist, ob der Täter überhaupt eine politische Motivation hatte. Es scheint, als würde unsere diesjährige Advents- und Weihnachtszeit vom Terror verschont bleiben. Und darüber bin ich sehr froh. Nachdem ich mir heute die mediale Berichterstattung über einen eigentlich harmlosen Vorfall in der Hamburger Michaelis-Kirche, der sich am Heiligen Abend zugetragen hat, angeschaut habe, drängt sich mir allerdings der Eindruck auf, ein Boulevardblatt könnte den nächsten Anschlag nicht… Weiterlesen »Terror und Maschinenpistolen

Weihnachtswunsch

Fast zehn Jahre sind seit meinem Unfall vergangen. In der letzten Woche hatte ich meine letzten beiden Psychotherapie-Stunden. Eine weitere Verlängerung ist nicht vorgesehen und aus meiner Sicht auch nicht nötig. Meine frühere Therapeutin ist seit der Geburt ihres zweiten Kindes nicht mehr beruflich tätig, ihre Vertretung, die zwar gut, aber nicht ganz so gut wie meine erste Therapeutin war, findet, ich sei ausreichend reflektiert, um mein Leben alleine im Griff zu haben. Genauso hat sie es formuliert, und ich glaube, damit wird deutlich, was ich meine, wenn ich behaupte, sie sei nur „gut“ und nicht „sehr gut“. Sollte ich,… Weiterlesen »Weihnachtswunsch

Vollmond

Es sind die Nächte rund um den Vollmond, an denen üblicherweise die meisten skurrilen Menschen unterwegs sind. Ich beneide keine Kollegin und keinen Kollegen um seinen Nachtdienst (den ich im Moment zum Glück nicht machen muss), denn die denken im Moment jede Nacht, es ginge nicht mehr schlimmer – bevor der Nächste völlig frei dreht. Dabei muss es gar nicht der Mann im Nachthemd sein, der vom Kirchturm fällt: In der vorletzten Nacht kam einer nackt mit einem Straßenbesen in der Hand durch die Tür zur Notaufnahme, unterhielt sich zuerst mit einem Feuerlöscher, später tanzte er mit seinem Besen und… Weiterlesen »Vollmond

Perspektivwechsel

Ich bin schon oft gefragt worden, wie ich mich mit meinem Rollstuhl fortbewege. Ich habe da mal ein Video gemacht aus einer wohl eher seltenen Perspektive. Der schwarze Balken und die eher niedrige Auflösung müssen sein, damit sich hier niemand wiedererkennt. Ich hoffe, es gefällt und vermittelt einen Eindruck. Welchen … darf gerne kommentiert werden. Hier.

Keine Wahl

In meinem Geburtsjahr, also vor rund einem Vierteljahrhundert, wurde in Deutschland das so genannte „Betreuungsrecht“ reformiert. Bis dahin konnten Menschen mit Behinderung entmündigt und für sie ein Vormund bestellt werden. Die betroffenen Menschen waren damit geschäftsunfähig (und folglich beispielsweise auch nicht fähig, zu heiraten). Seit der Reform soll genauer hingeschaut werden. Die Betreuung soll als Hilfe verstanden werden. Sie ist quasi eine von einem Richter in einem Betreuungsverfahren angeordnete „Vollmacht“. Der betroffene Mensch wird in seiner Geschäftsfähigkeit nicht mehr automatisch eingeschränkt. Für die Bereiche, in denen er Hilfe benötigt, ist der rechtliche Betreuer berechtigt, zusätzliche rechtswirksame Erklärungen abzugeben. Er muss… Weiterlesen »Keine Wahl

Darum

Ob wir eines Tages noch erfahren, warum sie nicht mehr schreibt? Tja, wie soll ich es nun erklären? Ich habe im Knast gesessen. Sitzen weil … stehen kann ich ja bekanntlich nicht. Und immer nur liegen? Uncool. Dreiundzwanzig lange Monate kein Internet! Man verhaftete mich wegen meines Blogs. Einige Beiträge waren einfach zu schlecht, stilistisch und inhaltlich flach. Okay. Ganz so war es nicht. Ich durfte mir neulich im Rahmen meines Studiums eine Justizvollzugsanstalt von innen ansehen. Es gab in der dortigen „Röchel-Abteilung“, wie man den Trakt für die älteren und kranken Gefangenen nannte, sogar rollator- und rollstuhlgerechte Zellen. Ich… Weiterlesen »Darum

Rollstuhlfahrer essen draußen

Im Jahr 2015 dürfen öffentliche Einrichtungen nur noch barrierefrei gebaut werden. Oder zumindest nach einer entsprechenden Vorschrift, die weitestgehende Zugänglichkeit für Menschen mit Beeinträchtigungen sicherstellt. Wesentliche Bestimmungen gelten zum Beispiel für die Gastronomie. So wäre es in der Regel unzulässig, eine bereits barrierefreie Gaststätte nun so umzubauen, dass künftig eine Stufe vor dem Eingang ist und im Rollstuhl fahrende Menschen ab sofort draußen bleiben müssen. Eigentlich. Im Hamburger Hauptbahnhof gibt es eine Fressmeile mit verschiedenen gastronomischen Einzelbetrieben. Viel fettiges Junkfood, aber als Kompromiss gibt es durchaus die eine oder andere essbare Kleinigkeit. Insbesondere dann, wenn selbst zu kochen oder langes… Weiterlesen »Rollstuhlfahrer essen draußen

Plätschern, rieseln, pullern

Oft kommt es ja nicht vor, dass man mich morgens in einem Supermarkt antrifft. Aber heute bin ich um eine Lebenserfahrung reicher geworden. Nämlich dass morgens grundsätzlich nur schwerhörige Omas und Opas einkaufen. Nicht etwa, dass mir ein paar Gehwagen im Weg gestanden hätten. Und niemand auf meine Bitte reagiert hätte, sie beiseite zu schieben. Keineswegs. Im Gegenteil, der Laden war so gut wie leer. Es wurden an etlichen Stellen die Regale aufgefüllt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wuselten hin und her. Normalerweise, wenn ich einkaufe, plätschtert im Hintergrund irgendeine Musik. Manchmal rieselt sie auch, manchmal pullert sie – ich habe da… Weiterlesen »Plätschern, rieseln, pullern