Kurve zu hoch

Die EU hat im Oktober 2007 eine Verordnung herausgebracht, in der es um die Rechte und Pflichten von Fahrgästen im Eisenbahnverkehr geht. Darin heißt es in Artikel 19 („Anspruch auf Beförderung“) unter anderem:
„Die Eisenbahnunternehmen und die Bahnhofsbetreiber stellen unter aktiver Beteiligung der Vertretungsorganisationen von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität nicht diskriminierende Zugangsregeln für die Beförderung von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität auf.“

Wenn ich von meiner Physiotherapie aus der Klinik zurück nach Hause fahre, nehme ich gerne den Regionalexpress (sofern ich nicht mit dem Auto fahre). Dort wird man als Rollifahrer aber seit etwa einem halben Jahr konsequent nicht mehr mitgenommen. Lediglich mit dem Hinweis, dass es verboten sei. Auf Franks schriftliche Anfrage, womit das begründet werde, antwortet die Deutsche Bahn inzwischen schriftlich: „Diese Entscheidung wurde aus Sicherheitsgründen für unsere Rollstuhlfahrer getroffen. Hintergrund: Die fahrzeuggebundenen Rampen fahren nicht weit genug aus, um auf der Bahnsteigkante aufzuliegen. Der Bahnsteig in Hamburg […] ist höher als auf kleineren Bahnhöfen und liegt zudem in der Kurve. Stellt man die Rampe auf niedrigen Bahnsteig ein, fährt diese weiter aus, rastet aber nicht in Endstellung ein und darf somit nicht benutzt werden. Zu diesem Thema gab es in Hamburg […] einen Vor-Ort-Termin, auf dem vereinbart wurde, die Rollstuhlfahrer bei einer Anmeldung bis auf Widerruf so zu informieren.“

Nun gibt es diese Doppelstockwagen mit fahrzeuggebundener Einstiegshilfe seit 20 Jahren. Und den Hamburger Hauptbahnhof mit den heutigen Bahnsteigen mindestens genauso lange. Sofie erzählt, sie sei früher täglich mit solchen Wagen gependelt und es habe niemals Probleme gegeben.

Schön, dass es beim Eisenbahnbundesamt (Aufsichtsbehörde) ein neues Referat gibt, das sich nur mit Fahrgastrechten beschäftigt. Es bekommt nun diesen Brief mit der Bitte um Stellungnahme und vor allem auch mit der Bitte zu prüfen, inwieweit die örtlichen Behinderten-Organisationen wie vorgeschrieben an dieser Entscheidung beteiligt worden sind. Warum möchte ich fast wetten, dass das nicht der Fall ist? Warum möchte ich ebenso fast wetten, dass es das Problem mit der Kurve nicht geben würde, wenn der Zug anders herum fährt (also mit umgekehrter Wagenreihenfolge)? Und warum möchte ich darüber hinaus noch beinahe wetten, dass bei einem gemeinsamen Vor-Ort-Termin mit einer solchen Organisation irgendwem das eingefallen wäre?

Hoffentlich ziehen sie denen mal so richtig den Hosenboden stramm.

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