Keine Hose, kein Training – aber Schwimmen

Am Freitag waren Cathleen, Simone, Jana, Marie und ich in der Hamburger City, um für Marie Sportbekleidung zu kaufen. Nachdem Marie ein paar Mal begeistert auf dem Sportplatz trainiert hatte, wollte sie an diesem Wochenende am Straßentraining (Rennrolli) teilnehmen. Es war ein totaler Reinfall.

Wir hatten zwar viel Spaß, aber wirklich gefunden haben wir nichts brauchbares. Das heftigste erlebten wir in einem Sportkaufhaus Saftladen: Der Verkäufer, Anfang 20, mindestens eine Tube Gel in den Haaren, wollte sich köstlich darüber amüsieren, dass wir Triathlon machen. Erst fragte er mehrmals, wofür wir die Klamotten brauchen, dann, ob das ein Scherz ist und wo die versteckte Kamera ist, dann amüsierte er sich derart, dass Marie fast zu weinen anfing und Cathleen irgendwann sagte: „Lasst mal woanders einkaufen. Ich habe keinen Bock auf diesen Idioten.“ – Der Verkäufer stand daneben und sagte, immernoch lachend: „Damit meinst du aber hoffentlich nicht mich, oder?“

Ich erwiderte: „Selbst wenn, würdest du uns das ja sowieso nicht glauben. Schönen Tag noch.“ – Der Verkäufer hörte auf zu lachen und sagte: „Ach kommt, Mädels, so war das doch nicht gemeint. Wer wird denn gleich beleidigt sein?“ – Cathleen war schon auf dem Weg zum Aufzug, rollte noch einmal zu ihm zurück und sagte mit einem aufgesetzten Grinsen: „Kleiner Tipp noch: Nimm nächstes Mal nicht so viel von dem Zeug. Das frisst sich ins Hirn.“ – Marie fielen fast die Augen raus. Jana lachte laut – wer ihr wahres Lachen nicht kennt, könnte es für echt
halten. Bloß raus.

Da wir auch im nächsten Kaufhaus nicht erfolgreich waren, versprach Cathleen, Marie einen ihrer Einteiler zu leihen. Größenmäßig müsste es passen. Es kam aber nicht mehr dazu, da das Wochenendtraining -das letzte in den Ferien- kurzfristig wegen Krankheit abgesagt wurde. Nun hat Marie Zeit, sich ein Teil bei unserem Sponsor zum regulären Preis zu bestellen – das ist wohl das Beste.

Heute waren wir im Schwimmbad. Sofie, Frank, Cathleen, Jana, Simone und ich – Markus musste leider arbeiten. Anfangs war es ziemlich voll, später war es angenehm leer. Wir sorgten mit unseren sechs Rollstühlen natürlich wieder für ungeahnte Aufmerksamkeit, eine Mutter mit polnischem Akzent musste ihrem etwa dreijährigen Sohn erklären, dass in solchen Stühlen jene Menschen sitzen, die der Liebe Gott mit kaputten Beinen auf die Welt geschickt hat. Ich befürchte, es wird noch einige Generationen geben, in denen uns Leute wie Außerirdische anstarren. Sollte man einem Kind wirklich erklären, dass wir vom Lieben Gott kommen?! Oder jener eine Verantwortung für unsere Behinderung trägt? Während man durchaus mal diskutieren könnte, ob Gott behinderten Menschen eine besondere Aufgabe gibt, so muss man doch befürchten, dass das dreijährige Kind überhaupt nicht schnallt, was hier vor sich geht und Angst bekommt!

Und absolut genial war ein Paar, schätzungsweise um die 20, er recht groß und muskulös, sie mit auffallend wasserstoffblonden Haaren und mindestens 82 Tatoos – während wir im Wasser auf einer Bank lagen und auf den Sprudelturnus warteten, trug er sie recht übermütig ins Wasser, sie kiecherte, er deutete ein paar Mal an, sie fallen zu lassen, dann waren sie endlich drin, sie umschlang ihn mit Armen und Beinen, er tanzte mit ihr durchs Wasser. Dann sagte sie: „Soll ich jetzt wirklich hier Pipi machen?“ – Kein Scherz. Mit großen Augen schaute ich Sofie an,
die direkt neben mir lag. Ich dachte, ich hätte mich verhört. Sofie schaute mich ebenso ungläubig an. Frank lag daneben und sagte laut: „Lasst euch nicht stören. Falls noch jemand kacken muss: Ich könnte da den Whirlpool empfehlen.“

Die beiden bekamen das nicht mit. Oder wollten es nicht mitbekommen. Sie waren schon ein Stückchen weiter getanzt. Eng umschlungen… Themenwechsel: Morgen fängt die Schule wieder an. Ich werde wieder am Unterricht teilnehmen. Ich bin gespannt, was mich da erwartet. Ich muss ins Bett.

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