Öffentliches Internet

Natürlich trifft man im Internet immer wieder auf Leute, die einen privaten Blog lesen und dann die Frage stellen, ob so viel privates ins Internet gehört. Über diese Frage könnte man endlos diskutieren und am Ende gibt es trotzdem keine übereinstimmende Meinung. Ich habe für mich die Entscheidung getroffen, mein privates Tagebuch ins Internet zu stellen. Das mache ich seit drei Jahren.

Diese Entscheidung kann ich nur für mich selbst treffen. Andere, die es betrifft, muss ich vorher fragen, wenn ich etwas aus ihrem Privatleben ins Internet stelle. Grundsätzlich frage ich alle Leute, sobald ich etwas schreibe, was möglicherweise nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist.

Außerhalb meines Freundeskreises kennt niemand meinen Partner. Aus dem, was hier steht, kann niemand Rückschlüsse auf die reale Person ziehen. Innerhalb meines Freundeskreises weiß natürlich jeder, wer er ist. Bleibt also die Frage zu beantworten: Dürfen meine Freunde und Bekannten wissen, was sich bei uns abspielt?

Ich sage: Ja. In dieser Form, wie ich es geschrieben habe (und die habe ich mir schon überlegt), dürfen sie es wissen. Ich rede nicht alles schön oder bevormunde andere Menschen, indem ich ihnen nur selektive Informationen gebe, von denen ich glaube, dass sie für sie geeignet sind. So fällt auch keiner aus allen Wolken oder macht sich ein falsches Bild.

Ich bin strikt dagegen, über jemanden zu lästern. Aber ich bin sehr dafür, über jemanden zu reden. Gut wie auch schlecht. Solange es die Wahrheit ist, kann sich niemand bei mir darauf verlassen, dass ich ihn schone. Genauso wie ich übrigens auch nicht geschont werden möchte: Ich möchte, dass Leute mir ehrlich gegenüber sind und mich nicht lieb anlächeln, wenn sie mich Scheiße finden. Ich erzähle aber auch oft Dinge, über die ich mich freue oder erzähle, wie toll ich den einen oder anderen Menschen finde.

Was wiederum nicht heißt, dass ich Geheimnisse ausplaudere. Wenn mir jemand etwas vertraulich erzählt (oder nur deswegen erzählt, weil er glaubt, ich behalte es für mich), dann rede ich auch nicht darüber. Wenn
aber mein Freund denkt, er kann sich beliebig (daneben) benehmen, sehe ich keinen Grund, das vertraulich zu behandeln.

Markus und ich haben übrigens inzwischen mehrmals sehr intensiv über diese Nacht am See diskutiert. Bisher allerdings ohne ein Ergebnis, mit dem wir leben können. Ich fühle noch immer meine Grenzen nicht ausreichend respektiert, er meint nach wie vor, dass ich meiner Behinderung zu viel Raum in meinem Leben gebe, sie mein Leben zu sehr bestimmen lasse.

Ich gehe mit einem Typen ins Bett, wenn ich ihn liebe, und zwar auch körperlich. Ich muss ihn auch körperlich attraktiv finden (was nicht unbedingt „vollkommen“ oder „nichtbehindert“ bedeuten muss). Ich habe ihn gefragt, ob das bei ihm genauso ist. Ich habe keine Antwort bekommen. So muss ich raten: Da er mit mir Sex hatte, mehr als einmal, kann er dabei meine körperliche Behinderung ausblenden? Oder mag er mich (meinen Körper) trotz, mit oder wegen meiner körperlichen Behinderung?

Ich wüsste es gerne. Ich bin eine Frau und möchte das hören. Mein Herz (oder gerne auch mein Bauch) möchte das hören. Aber ich bekomme keine Antwort auf die Frage.


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