Ich verspüre gerade ein dringendes Bedürfnis, nämlich: Mal wieder etwas nettes zu schreiben. Und auch wenn es sich in den letzten Tagen und Wochen anders gelesen hat, mein Leben hält auch noch nette Dinge für
mich bereit. Zum Beispiel ein Wochenend-Trainingslager. Ich habe mich schon über einen Monat darauf gefreut, endlich mal viele nette Leute wiederzutreffen und mal richtig Zeit für Sport, Quatschen, Spielen, Lachen und nochmal Sport zu haben. Am Freitagnachmittag war es endlich mal wieder so weit, zusammen mit den Sportlerinnen und Sportlern aus Niedersachsen sind wir wieder in das Kaff gefahren, in dem wir im Januar schon einmal ein Wochenend-Trainingslager hatten.
Neben den alten Hasen, meinen langjährigen Freundinnen und Freunden und den üblichen Deppen waren dieses Mal auch eine neue Trainerin aus Hamburg, eine neue Trainerin aus Niedersachsen und einige neue Sportlerinnen und Sportler dabei. Simone war dieses Mal nicht mit, da sie auf einer Familienfeier Anwesenheitspflicht hatte.
Cathleen und ich hatten ein gemeinsames Zimmer und wie schon beim letzten Mal war es in den Schlafräumen (wir hatten ein Zweierzimmer) so saukalt, dass wir mit zwei Kissen und zwei Decken in einem Bett geschlafen haben, um uns gegenseitig zu wärmen. Wir wussten ja schon, dass die Heizung nur die Stufen „Schockgefrieren“ und „Gefrieren“ kannte und hatten uns entsprechend warme Schlafklamotten mitgenommen. Ich hatte unter meiner Schlafanzughose noch eine Leggings und über meinem Oberteil noch ein Kapuzenpulli. Plus zwei Paar Socken. Und trotzdem kann ich nicht sagen, dass mir richtig warm im Bett war. Immerhin musste dieses Mal der Meckerdrachen aus Niedersachsen zu Hause bleiben, der sich letztes Mal partout nicht damit anfreunden wollte, dass Betten doppelt belegt wurden, und wiederholt entsprechenden Budenzauber veranstaltet hatte.
Dafür war unsere neue Trainerin, die die Jungs trainiert, um so netter. Sie hat jahrelang selbst Leistungsschwimmen gemacht, hat erst eine Ausbildung zur Physio absolviert und studiert nun Sportwissenschaften. Mit ihr hat sich unser Verein echt ein Goldstück geholt. Sie ist zudem bildhübsch und hat eine absolut tolle Figur, so dass nicht nur die Jungs geblendet sind, sondern vor allem die Mädels neidisch werden.
Wir Mädels hatten die neue Trainerin am Wochenende zum ersten Mal erlebt und es war wirklich gut. Besonders gefällt mir an ihr, dass sie es schafft, einerseits total ernst zu sein (wenn sie redet, ist es mucksmäuschenstill und alle hören zu, alle sind pünktlich, keiner macht irgendwelchen Unsinn), andererseits aber total albern und vor allem sehr offen. Sie sagt dir ehrlich ihre Meinung, lässt keine Extrawürste zu, respektiert aber jeden so wie er ist und ist für jeden Spaß zu haben. Ich glaube, sie wäre nicht der Typ, mit dem ich abends alleine was trinken gehen würde, aber ich mag sie total gerne. Allerdings gibt es auch keinen Grund für Tatjana, die uns sonst trainiert, eifersüchtig zu sein. Die beiden ergänzen sich prima.
Das Wochenende war also absolut toll und was wäre ein Blogbeitrag von mir, wäre da nicht eine kleine Anekdote am Rande. Ich sage nur: Sven. Wird nächstes Jahr volljährig, kommt auch aus Hamburg, ist aber noch relativ neu dabei, hat irgendeine angeborene körperliche Behinderung – und hat am Wochenende den Erdbaumaschinenführerschein mit Auszeichnung bestanden. Nicht nur, weil er seinen Rolli selbständig wieder aus dem Schlamm manövrieren konnte (auch wenn er hinterher aussah wie nach dem Schlamm-Catchen), sondern vor allem, weil er so viel gebaggert hat. Jede, die nicht bei drei auf dem Baum war, bekam signalisiert, dass er sie gerne als Partnerin hätte. Und mit ’signalisiert‘ meine ich keine warm leuchtenden Augen mit ein paar leisen, bescheidenen und netten Worten, sondern einen Hochleistungs-Blitzlichtbalken mit Pressluftfanfare.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Wenn wir nach dem Training duschen und nur eine rolligerechte Kabine haben, duschen wir alle durcheinander. Jungs und Mädchen, jung und alt – niemand muss, jeder hat die Chance, am Ende alleine und ungestört zu sein, aber wer schnell die warme Dusche haben will, riskiert, nackt gesehen zu werden. Und ja, man wird angeschaut, gerade die Jungs, die gerade durch die Pubertät sind, gucken schon mal genauer hin. Stört mich aber nicht, sollen sie gucken. Ist ja, solange es nicht übertrieben wird (und das wurde es noch nie), auch ein wenig schmeichelhaft, wie ich finde. Solange es halt nur Interesse und kein Gegaffe ist. Und Gegaffe hatte ich zumindest, wie gesagt, noch nie.
Ich hätte also auch nichts dagegen, wenn einer nach dem Duschen meine Nähe sucht, sich direkt neben mir abtrocknet und anzieht, das vielleicht spannend findet, mit mir redet, und sei es auch nur über das Training oder das Wetter. Was aber gar nicht ging, war Sven, der zu Cathleen und mir gerollt kam, nachdem er geduscht hatte und wir uns gerade abtrockneten, und fragte, ob jemand von uns wüsste, was ‚Onanie‘ bedeute. Cathleen antwortete: „Ja, das weiß ich, und du weißt es auch. Wenn du mit mir darüber sprechen willst, dann sag das direkt und stell bitte nicht so doofe Fragen.“ Er wollte uns dann zu verstehen geben, dass er das Wort gerade irgendwo gelesen hatte und das ja gar nicht wusste, was es bedeutet und auch nicht wüsste, was ‚Selbstbefriedigung‘ sei. Ich empfahl ihm Google und als er merkte, dass er das Thema falsch begonnen hatte, gab er irgendwann auf.
Am Abend klopfte er nochmal an unserer Zimmertür und wollte uns mitteilen, dass er inzwischen gegoogelt hatte und er unterschiedliche Informationen darüber gefunden hätte, wie oft man das täglich oder wöchentlich tun dürfte. Menno!!! Warum fragt er nicht einfach, ob ich es mir selbst mache und wenn ja, wie oft? Darum ging es doch. Ja, ich hätte Verständnis für solche Fantasien und für den Reiz, so etwas über jemanden, den man vielleicht toll oder attraktiv oder spannend findet, herauszufinden, zu entdecken, zu erfahren. Was nicht heißt, dass ich ihm das so einfach erzählt hätte. Ich mag die plumpe Tour eigentlich nicht. Aber seine Tour war so derbe plump, dass wir ihm irgendwann damit gedroht haben, das den Betreuern zu melden, wenn er damit nicht aufhört. Leider hat er sich das mit diesem Mist bei fast allen Mädels „verdorben“ – obwohl er sonst eigentlich ganz nett war. Können einen Hormone so in die Irre steuern?!.
Nichtsdestotrotz war es ein schönes Trainingslager. Eins der schönsten sogar. Es war eine ruhige, entspannte Veranstaltung, die trotzdem sehr viel von uns abgefordert hatte. Es war harmonisch, die Leute waren nett und so viel wie an diesem Wochenende habe ich lange nicht mehr gelacht.