Alles Bagaluten

Nachdem Cathleen Ende März eine Information von ihrer Krankenkasse bekommen hat, dass sie ab 1. Mai neue Verträge über die Versorgung mit Verbrauchs-Hilfsmitteln mit einem Lieferanten für alle Versicherten verbindlich abgeschlossen hat, kam heute von eben diesem auch noch ein „Informationsschreiben“ – Frank sagte dazu nur: „Das sind alles Bagaluten.“

Ich übersetze einzelne Passagen des Textes mal von amtsdeutsch nach stinkesöcksisch:

„Wir werden auch weiterhin Ihre Inkontinenzversorgung fortführen“ – Du hast keine Chance, dich dagegen zu wehren.

„Wir werden alles dafür tun, dass Sie auch weiterhin mit uns zufrieden sind.“ – Wir haben einen Scheißjob angenommen, in dem wir nur Gewinn machen, wenn wir auf Kosten kranker und behinderter Menschen sparen, du wirst also nie zufrieden sein, aber wir zeigen guten Willen.

„Damit alles nahtlos und pünktlich klappt“ – Wenn du dich nicht sofort rührst, gibt es keine Pampers mehr.

„Das Rezept sollte als Dauerverordnung für Inkontinenzprodukte verschrieben sein.“ – Am besten machen wir gleich für die nächsten Jahre einen sicheren Vertrag. Und am besten schreibt dein Arzt kein konkretes
Produkt drauf, dann gehen wir davon aus, dass wir den letzten Scheiß liefern dürfen.

„Wir sind Ihnen gegenüber verpflichtet, Sie medizinisch notwendig zu versorgen.“ – Komm mir bloß nicht mit Selbst- oder Mitbestimmungsrechten.

„Wir bieten Ihnen auch weiterhin eine auf Ihren individuellen Bedarf abgestimmte und für Sie kostenfreie Versorgung mit Inkontinenzslips. In der beigefügten Preisliste haben wir die kostenfreien Produkte für Sie aufgeführt.“ – Wenn du nichts zuzahlen willst, bestimmen wir, wieviele Pampers du im Monat brauchst und welches Produkt du nimmst.

„Leider können wir Ihnen Ihre gewohnten Produkte nicht mehr kostenfrei liefern.“ – Wir wollen unsere Gewinne optimieren und liefern künftig nur noch Scheiß.

„Damit Sie aber Ihre gewohnte Qualität weiterhin einsetzen können“ – das, was wir ab heute im Rahmen des Vertrages liefern, entspricht nicht der gewohnten Qualität.

„Wir haben uns bemüht, die Zusatzkosten für Sie so gering wie möglich zu halten.“ – Vergleiche am besten gar nicht erst mit anderen Anbietern.

„Den wirtschaftlichen Aufschlag entnehmen Sie bitte beigefügter Preisliste.“ – Wir lassen dich ordentlich zuzahlen, aber wir nennen es einfach mal anders.

„Wir würden uns freuen, wenn Sie uns Ihre Entscheidung frühzeitig mitteilen könnten, ansonsten würden wir Sie zukünftig mit unserem kostenfreien Produkt beliefern.“ – Ruf schnell bei uns an und lass dich vollsülzen, sonst schieben wir dir ein paar Billigpampers unter. Die Verordnung für die Kasse haben wir ja nicht (siehe oben), somit kommt mit der Lieferung gleich die Privatrechnung.

Und wenn man nun mal wissen will, was man kostenlos geliefert bekommen darf, schaut man am besten in die beigefügte Tabelle:

Slips gibt es nur von easy und Delta. Das erste ist ein Noname-Produkt, das bei der Saugleistung (nach DIN) genau 48% der jetzigen Markenversorgung erreicht. Die Markenversorgung kann 2,8 Liter halten, allerdings wird das gemessen, indem man das Produkt unter Wasser drückt, 5 Minuten auf die Leine hängt, abtropfen lässt und dann auswiegt. Da das aber mit der Realität nichts zu tun hat, kann man diese Zahlen etwa durch 4 teilen, um den tatsächlichen Wert zu ermitteln.

Das bedeutet: Dieses Noname-Produkt läuft bei etwa 330 ml aus. Das billige Discountprodukt fasst immerhin 450 ml. Wenn man nun berechnet, dass ein Mensch pro Tag etwa 2 Liter trinkt und davon 1,5 Liter über die Harnwege ausscheidet, bräuchte man pro Tag rund 3 bis 4 Windeln. Da man pro Monat nur 80 Stück bekommt, sollte man es irgendwie mit 2 bis 3 Stück hinbekommen. Und jetzt bloß kein Bier trinken oder sowas…

Aber es wurde ja schon gesagt: Die gewohnte Qualität gibt es nur mit Zuzahlung. Sieht man dann von einem weiteren Discountprodukt von forma-care ab, bleibt nur noch eins: Der Mercedes unter den Inkontinenzprodukten. Tena. Hier würden bei einer Versorgung von 4 Stück pro Tag bei Größe M bis zu 100 € Eigenanteil pro Monat anfallen.

Für dieselbe Summe (allerdings ohne den hier bereits eingerechneten Zuschuss der Kasse) kann ich aber auf dem freien Markt dieses Produkt auch bekommen. Soviel also zum Thema „Zusatzkosten möglichst gering halten“.

Die Krankenkassen lassen keinerlei Spielraum bei der Auswahl des Lieferanten. Das bedeutet: Entweder, du nimmst Schrott oder du nimmst den Mercedes mit 100 € Zuzahlung. Dazwischen gibt es nichts. Cathleen ist das zu blöd und bestellt nun für 50 Euro pro Monat ihr bisheriges Markenprodukt bei einem anderen Lieferanten – und die Kasse bleibt völlig außen vor. Das ist für sie die wirtschaftlichste Lösung. Denn für eine Schülerin ist jeder Euro wertvoll.

Toll gemacht. Wie gesagt: Das sind alles Bagaluten.

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