Thessa, Zwiebeln und eine Beule

Da wir am letzten (Pfingst-) Wochenende trainingsfrei hatten, bot sich die beste Gelegenheit, die vorerst letzten Tage des schönen Wetters
auszunutzen und einmal an die Ostsee zu fahren. Ich wäre, hätte ich zur
Zeit ein Auto, schon mindestens drei- bis achtmal hingefahren, aber so war ich darauf angewiesen, dass irgendjemand aus meinem Freundeskreis auch dorthin will oder sich zumindest von mir dazu überreden lässt.

Am Ende waren wir 42 Leute … Ich kam mir ein wenig vor wie Facebooks Thessa, obwohl ich nicht diejenige war, die im sozialen Netzwerk zu einer Strandparty eingeladen hatte. Zum Glück hat derjenige, der das öffentlich gepostet hatte, es nur in unsere versteckte Gruppe geschrieben und nicht an irgendeine Pinnwand. Derjenige macht es nie wieder, das steht fest. Und obwohl alle nett waren, stelle ich mir unter
einem privaten Strandausflug mit Freunden etwas anderes vor. Eine nicht
unerhebliche Teilmenge aller Hamburger (Para-) Triathlet(inn)en will eben nicht nur in der Sonne relaxen, schwimmen und ihre Ruhe haben.

Der Pfingstsonntag begann noch relativ harmlos. Marie und ich hatten beschlossen, mit dem Auto nach Scharbeutz an die Ostsee zu fahren, dort zu schlafen und Montagabend wieder nach Hamburg zurück zu gurken. Am Sonntag waren wir beide noch bei ihren Eltern zum Essen eingeladen. Der Brüller war der Moment, in dem Marie feststellte, dass Zwiebeln im Essen
sind. Nicht übermäßig und keine Zwiebelstücke, aber sie waren halt drin. Ich habe mich köstlich amüsiert. Solche Diskussionen hatte ich bei
mir zu Hause früher nie… „Oah Mama! Da sind ja schon wieder so viele Zwiebeln im Essen.“ – „Nee, nur eine halbe. Und die ist gerieben. Völlig
ohne Zwiebeln schmeckt es nicht, dann meckerst du auch wieder rum.“ – „Ich will heute mit meinen Leuten an den Strand und im Auto schlafen! Wieso machst du da was mit Zwiebeln?“ – „Auf dem Weg findet sich sicherlich noch die eine oder andere Systemgastronomie. Die verwenden keine Zwiebeln. Musst du dich halt nächstes Mal vorher entscheiden.“

Das wäre jetzt der Moment, in dem in einer Großfamilie der jüngste am
Tisch krähen würde: „Also mir schmeckts.“ Oder: „Auja, wann gehen wir mal wieder zu McDonald’s?!“

In diesem Fall meinte der Vater nur: „Am Strand rauscht das Wasser, da hört keiner dein Gepupse.“ – „Nachts im Auto rauscht kein Wasser und Jule liegt direkt neben mir!“ – „Jule hat das gleiche gegessen. Macht ihr halt einen kleinen Pupswettbewerb.“ – „Och Papa!“ – „Jetzt ist es genug.“ – „Jaja, du hast ja keine Behinderung. Du kannst das steuern. Ich lerne heute einen coolen Typen kennen, sitze bei dem auf dem Schoß und nach fünf Minuten ist alles vorbei. Und das nur, weil Mama Zwiebeln ins Essen gemacht hat.“ – „That’s life.“ – „Ach vergiss es.“

Ich sagte: „Was denn für einen Typen?“ – „Kennst du noch nicht.“ – „Ist er nett?“ – „Sehr.“ – „Ich werde eifersüchtig.“ – „Du hast doch nur
Angst um deinen Schlafplatz.“ – „Im Gegenteil, ich hätte Lust auf einen
Dreier.“ – „Ich teil doch nicht meinen Typen mit dir!“

Als wir dann irgendwann losgefahren sind, sammelten wir unterwegs Cathleen noch ein und kamen dann auch irgendwann nach einem Megastau und
irrer Parkplatzsuche am Strand an. Der Sand war vor lauter Strandmatten, Handtüchern, Decken und Menschen kaum noch zu sehen, ins eiskalte Wasser trauten sich hingegen kaum welche. Wir waren aber zumindest fünf Minuten komplett drin. Nach dem ersten Schock war es genial.

Unsere nächtliche Pupsparty mit drei Leuten im Kofferraum eines Kombi
war ebenfalls unbeschreiblich toll. Jeder hatte 33 x 180 Zentimeter für
sich, das heißt, geschlafen wurde in Löffelchenstellung und wenn einer sich drehen wollte, mussten sich die anderen auch umdrehen.

Immerhin waren wir am nächsten Morgen gleich am Strand und bekamen die besten Plätze. Das alles war auch sehr entspannt, bis halt ab 11 Uhr
die ersten Leute eintrudelten, die wir nicht eingeladen hatten. Es war zwar ganz lustig und die waren auch alle nett, aber wie schon gesagt, ich wollte mich eigentlich nur in die Sonne legen und nicht quatschen, Karten spielen, Bier trinken, auf zweideutige Sprüche rausgeben und ähnliches.

Und was natürlich auch noch sein musste: Beim Ausparken gurkte Marie einer in die hintere Beifahrertür. Ein Typ, Mitte 40, nagelneue Mercedes
C-Klasse, beim Rückwärtsfahren mit seiner hinteren rechten Ecke. Glück im Unglück: Der Typ kam an den Strand und meinte: „Gehört das Auto mit dem Kennzeichen … einem von Euch?“ – Er hatte das vermutet, weil wir auf
dem Rolliparkplatz standen und er wohl vorher unsere Rollstühle am Strand gesehen hatte. Er hat Marie seine Daten aus dem Ausweis abschreiben lassen, wir haben die Autos und die Schäden fotografiert, ihn dazu – er meinte, er melde das seiner Versicherung. Es sei ärgerlich, aber nicht mehr zu ändern. Zum Glück ist er nicht einfach weggefahren.

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