Schengen

Lange nichts Kurioses mehr passiert, das geht so nicht. Ich sitze in einem Schnellbus der Linie 31 stadteinwärts, als zwei Jugendliche, geschätzt 16 Jahre, auf mich zukommen. Vorher hatten sie mich schon mehrmals längere Zeit angeschaut, anfangs sogar einmal auf mich gezeigt und sich angeregt unterhalten. Einer der beiden baut sich vor mir auf und sagt mit verstellter, tiefer Stimme: „Hallo!“

Dabei gibt er sich, als wäre er geistig unterbelichtet. Der andere von den beiden legt sich eine Hand auf den Kopf und kratzt sich mit der anderen unterm Arm, macht dabei Uh-uh-uh-Geräusche wie ein Orang Utan mit Hormonüberschuss. Ich fummel mir den Knopf aus einem Ohr und kann e mir nicht verkneifen: „Na? Seid ihr behindert?“

Der Orang-Utan-Typ stockt, guckt mich an und sagt: „Ey, du Opfer, ic geb dir gleich ‚behindert‘!“ – „Nö lass mal, ich hab schon.“

Der andere Typ sagt, plötzlich mit normaler Stimme: „Ich hab da mal eine Frage. Kannst du uns sagen, in welcher luxemburgischen Stadt wurde 1985 ein Vertrag unterzeichnet, dass die Kontrollen an den Grenzen weniger werden? Wir hatten das heute morgen im Test und sind uns nicht sicher.“

„Naja, wenn das im Test vorkommt, habt ihr das doch bestimmt im Unterricht gehabt, oder?“ – „Ja, aber wir erinnern uns nicht.“ – „Ich würde mal auf Schengen tippen.“

Im gleichen Moment fuhr der Bus an die Haltestelle. Bevor die beiden Jungs aussteigen, sagt einer laut: „Siehste, ich hab dir gesagt, die kann nur nicht laufen.“

Seufz. Du mich auch.

Schlagwörter:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert