Eklig und süß

Eklig ist …

… wenn man in der Badewanne liegt, einen Kirsch-Joghurt löffelt und der ganze Kram baden geht. Der Joghurt soll ja gut sein für die Haut, aber die ganzen zermatschten Kirschen im Badewasser? Eklig!

… wenn man das Unigelände berollt, hinter einer Glastür plötzlich ein völlig besoffener Typ steht und einen auf den Mund küssen will. Küssen soll ja gut sein für die Seele, aber fremde Menschen mit schwarzen Zähnen? Eklig!

… wenn man bei einer Mitbewohnerin der WG im Zimmer steht und ihre Katze plötzlich eine fette Spinne knackend zerbeißt und runterschluckt. Spinnen sollen ja nützliche Tiere sein, aber wenn sie im Mund platzen? Eklig!

… wenn man in der U-Bahn steht, ein betrunkener Mensch zusteigt, einen tiefen Zug aus seiner Bierpulle nimmt und anschließend den Inhalt seines Mundes über die sitzenden Leute prustet. Bier soll ja gut sein für die Haare, aber bereits getrunkenes? Soooo eklig!

… wenn man im Restaurant sitzt, eine superleckere Pizza isst, und gegenüber ein junges Mädchen beim Warten auf ihre Pommes sich Popel als Vorspeise gönnt. Popel essen soll ja nicht ungesund sein, aber im Restaurant? Eklig!

… wenn man eine Tüte Kartoffelchips öffnet und in eine Schüssel umfüllt, dabei eine tote Assel zum Vorschein kommt. Asseln sollen ja nicht giftig sein, aber als Eiweißbeigabe im Knabberkram? Eklig!

… wenn man nach einem Wettkampf duschen will, auf dem Fußboden aber noch eingetrockneten Schaum vom Vortrag findet. Nun assoziiert man Schaum ja mit Seife, aber wenn sie bereits den Dreck von einem fremden Körper gelöst hat? Eklig!

… wenn man im Bus steht und jemand ohne Taschentuch und ohne etwas vor den Mund zu halten gegen die Glastür niest. Die Tür muss man ja, anders als in der Bahn, zum Glück nicht berühren, aber alleine der Anblick von langsam herablaufenden grüngelbem Lungensekret? Eklig!

… wenn man bei der Post in der Schlange steht, sich als Rollstuhlfahrerin auf Sitzhöhe direkt hinter einer laut furzenden Oma befindet. Pupsen kann ich auch gut, aber in Richtung fremder Leute in einer Schlange? Eklig!

… wenn man über das Volksfest rollt und in einer sich drehenden Schaukel jemand zu kotzen beginnt. Rückwärts zu essen an sich finde ich schon eklig, wenngleich man bei einem Medizinstudium echt abstumpft, aber auch noch in Rotation? Eklig!

Hmmm.

Süß ist …

… wenn mir im Supermarkt eine alte Dame, die sich ohne ihren Gehwagen kaum noch auf den Füßen halten kann, die Tür aufhält. Eigentlich würde ich ihr die Tür aufhalten, ich habe die Kraft und sitze bequem, aber so?
Süß!

… wenn ich von einer jungen Rollstuhlfahrerin (5 Jahre), mit der ich neulich in einer Wartezeit vor dem Sport „fangen“ gespielt habe, hinterher ein Bild von uns beiden malt. Ich hätte zwar früher nie geglaubt, dass ich fremde gemalte Bilder mag, aber solche? Süß!

… wenn mir der alte Herr, der mich im Juli zu seiner Geburtstagsparty eingeladen hat, ein Päckchen mit Adventsplätzchen schickt. Man soll zwar verliebten Gockeln nicht aus der Hand fressen, aber der? Soooo süß!

… wenn mir die Nachbarin, von Gegenüber, die ich überhaupt nicht näher kenne, plötzlich selbst gestrickte Wollhandschuhe schenkt. Fahren kann ich damit zwar nicht, aber bunte Handschuhe, falls man irgendwo rumsteht? Süß!

… wenn Marie für ihre Familie einen Nudelauflauf macht und mir eine Tupperschüssel davon mit in die Uni bringt. Auch wenn ich lieber mit ihrer Familie zusammen esse – dass sie dabei an mich und meinen Auflauffetisch denkt: Süß!

… wenn ich zu einem Treffen eingeladen werde, bei dem jemand für eine Leistung ausgezeichnet wird, ich mich dafür aufbrezel und dann ein junger Mann ins Stottern kommt. Er ist zwar überhaupt nicht mein Typ und viel zu jung, aber seine Verlegenheit? Süß!

… wenn ich mich beim Schwimmtraining warm mache, ein kleines Mädchen aus der Vorgruppe zu mir ins Wasser hüpft, um mich zu begrüßen, nachdem ich ihr mal gezeigt habe, wie man trotz Querschnitt schwimmt. Ich mag keine Störungen beim Training, aber der kleine Wurm? Soooo süß!

… wenn Marie und ich bei Maries Eltern im Pool liegend die Sterne beobachten und der Hund angetapst kommt, einmal die Lage checkt und dann in Maries oder meinen Rollstuhl springt, sich mit seinen 35 Kilos auf dem Sitzkissen einrollt und weiterschläft. Ich mag zwar keine Hundehaare im Sitzkissen, aber dieser Hund? Soooo süß!

… wenn ich in meinen Kühlschrank gucke und dort plötzlich wieder Saft finde, weil Cathleen von sich aus einfach an mich gedacht hat und den Kram im Rucksack anschleppt. Ich mag zwar nicht bemuttert werden, aber dass Cathleen immer möchte, dass es allen gut geht: Soooo süß!

… wenn 2,27 Millionen mal meine Blogseiten aufgerufen werden, weil Menschen lesen möchten, wie es mir geht. Ich schreibe eigentlich nur Tagebuch, ich kenne die meisten Leser gar nicht, aber dieses Interesse und diese Anteilnahme? Süß!!!


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert