Physikum – mündliche Prüfung

Es gibt einen ersten Teilerfolg zu vermelden: Ich habe nach gefühlter viel zu langer Wartezeit heute endlich die Mitteilung bekommen, dass ich für den schriftlichen Teil des Physikums zugelassen bin! Das heißt: Ich habe den mündlichen Teil bestanden! Ick freu mir!!!

Im Medizinstudium gibt es nach vier Semestern eine Zwischenprüfung, früher offiziell „Physikum“ genannt, heute inoffiziell auch noch so, die
sich in einen mündlichen und einen schriftlichen Teil gliedert. Der mündliche Teil ist in Hamburg vor dem schriftlichen – und sah so aus, dass ich, zusammen mit noch zwei Kommilitonen über 210 Minuten geprüft wurde. Jeder ist etwa eine Stunde lang dran, zwischendrin gab es zwei Mal eine Viertelstunde Klo- und Trinkpause, und ich empfand es als blanken Horror.

Zum Anmelden muss man ja sowieso schon jede Menge Dokumente vorlegen,
an dem Tag mussten wir dann noch eine Stunde vor dem eigentlichen Termin vor Ort sein, die Personalausweise wurden kontrolliert, die Handys mussten abgeschaltet werden, es gab ein Vorgespräch, in dem man uns erklärte, was auf uns zukommen würde und in dem wir gefragt wurden, ob es uns gut ginge und wir uns den Anforderungen der Prüfung gewachsen fühlen. Und dann sollten wir einmal bei uns gegenseitig Blutdruck messen…

Und danach war ich natürlich als Erste dran, ob es an meinem Nachnamen liegt, dessen Anfangsbuchstabe ziemlich früh im Alphabet dran kommt, oder an meinem immerwährenden „Glück“ bei solchen Dingen, lasse ich mal offen. Es waren insgesamt sechs Leute plus wir drei im Raum. Ein
Prof führte fast ausschließlich das ganze Gespräch und ich muss sagen: Es war kein Zuckerschlecken. Er war sehr freundlich, hat auch überhaupt keinen Druck aufgebaut, aber es war nie genug und er wollte alles genau wissen. Immer, wenn ich auf eine Frage geantwortet habe, kam noch eine weitere Nachfrage. Und immer, wenn man die Nachfrage beantworten konnte,
kam noch eine weitere Nachfrage. Er kam sozusagen von einem Detail ins nächste und hat sich am Ende so in dem ganzen Kram verfahren, dass er, zusammenfassend betrachtet, alle drei Schwerpunkte behandelt hatte und auch eine rote Linie erkennbar war – aber eben erst bei nachträglicher Betrachtung. In dem Moment habe ich immer wieder gedacht: Was für ein konfuses Gespräch!

Es begann in etwa so: „Zur Einstimmung habe ich erstmal eine lustige Frage: Wo befindet sich der kleinste Knochen des menschlichen Skeletts?“
– Das war ja noch einfach und das könnte wohl auch jeder Zweite beantworten, der nicht Medizin studiert. Nachdem wir uns nun ausgetauscht hatten, dass der im Ohr sitzt und Steigbügel heißt, wollte er wissen, ob ich wüsste, warum er so heißt. Ich antwortete, dass seine Form namensgebend war, und er fing zu diskutieren an, ob ich mir da sicher sei. Schließlich hätte der Steigbügel ja auch was mit dem Gleichgewichtssinn zu tun und den wiederum bräuchte man auch beim Reiten. Da lief das eigentliche Prüfungsgespräch aber gerade erst eine Minute lang. Ich habe es mit etwas Charme versucht und geantwortet: „Deswegen haben den auch nur Leute, die regelmäßig auf dem Pferd sitzen.“

Das fand er wohl ganz gut. Er fragte nach: „Ist das so?“ – Ich antwortete: „Nein, ist es nicht, aber er hat auch nichts mit dem Gleichgewicht zu tun.“ – Worauf er dann fragte: „Wie funktioniert das eigentlich, das Gleichgewicht?“ – Naja, und so weiter. Vom Ohr kamen wir
dann zum Gehirn, vom Gehirn über Herz und Lunge zu den Verdauungsorganen und dort dann ließ er sich dann bis ins gefühlt letzte
chemische Detail die Verwertung von Fruchtzucker erklären, um dann über
die in der Bauchspeicheldrüse produzierten Hormone mit einem Sprung zur
Schilddrüse zu gelangen und … bevor wir dort noch tiefer einsteigen konnten, war meine Zeit rum.

Die anderen beiden Kommilitonen hatten beide deutliche Lücken, und ließen sich auch wiederholt in die Fangfragen des Prüfers verstricken, und obwohl ich dachte, ich wäre schon fertig, wurde ich dann immer nochmal gefragt. „Wissen Sie es? Erklären Sie das bitte mal Ihrem Kollegen.“ – Peinlich. Aber ich werde sicherlich nicht aus Empathie sagen, dass ich es nicht weiß. Er hatte ja die gleichen Möglichkeiten, sich vorzubereiten, und wenn er seine Schwerpunkte anders gesetzt hat, sind das eben meine Punkte.

Ob es am Ende gereicht hat, wollte man uns vor Ort nicht sagen. Heute
habe ich Bescheid bekommen: Ich bin zum schriftlichen Teil zugelassen. Damit weiß ich zumindest, dass der mündliche Teil bestanden ist. Die Note erfahre ich hoffentlich auch noch. Die anderen beiden haben es allerdings nicht geschafft. Was mich ehrlich gesagt sehr überrascht hat,
denn etliche Fragen haben sie beantworten können. Insofern hoffe ich mal, dass ich nicht nur so „gerade eben“ bestanden habe. Aber die Hauptsache ist: Ich bin durch. Durch den mündlichen Teil. Schriftliche Arbeiten liegen mir mehr, von daher bin ich zuversichtlich, auch das zu schaffen. Nächste Woche ist es soweit: Ich bin schon tierisch aufgeregt.

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