Tanz in den Mai

Meine erste (kurze) Woche an meinem neuen Studienort ist rum. Ich vermisse Marie. Ich habe die letzten drei Nächte so gut geschlafen wie schon lange nicht mehr, denn in meinem Zimmer ist nachts eine derartige Stille, dass man die Flöhe husten hört. Und bei hustenden Flöhen kann ich besonders gut schlafen.

Ich habe einige nette Kommilitoninnen und Kommilitonen kennen gelernt. Was mir auffällt, ist, dass, einige Kilometer weiter südlich als Hamburg, die Menschen zwar wesentlich offener für Smalltalk sind, aber sich schwerer mit jemandem anfreunden. Den Eindruck habe ich mehrfach gewonnen. Vielleicht fehlen mir aber auch einfach nur bereits meine Freunde. Man war hier zwar immer höflich und freundlich zu mir, aber man schaut auch sehr distanziert und abwartend. Vielleicht ist es aber auch gar nicht so verkehrt, denn dumme Sprüche habe ich andererseits bisher auch noch nicht bekommen.

Diejenigen, mit denen ich persönlich gesprochen habe, wissen von meinem Problem mit meiner Mutter. Und sie wissen auch, dass ich keine Ortsangaben über mich im Internet lesen möchte. Ich habe bislang den Eindruck, als wenn alle das verstanden haben. Einige zeigten sich schockiert, andere zunächst ungläubig – drei Leute kennen allerdings meinen Blog. Und das war eine Erfahrung, die ich bisher nicht hatte. Klar wissen viele Freundinnen und Freunde aus Hamburg von meinem Blog, aber viele lesen ihn nicht, weil er ihnen „zu langweilig“ ist. Verständlich, denn wenn man mich live kennt, muss man das alles nicht nochmal im Internet nachlesen. Was ich aber bisher noch nicht erlebt habe, ist, dass ich jemanden kennen lerne, der vorher schon zufällig über meinen Blog gestolpert ist und diesen liest. Das war in dieser Form so das erste Mal und es war schon eine spannende Erfahrung.

Und wenn erstmal eine liest, ist es nicht mehr weit, bis eine Freundin ebenfalls meinen Blog liest. So gibt es, wie beschrieben, drei Kommilitoninnen (die untereinander eng befreundet sind), die nun die Person zur Stinkesocke live kennen. Der erste Moment war dabei ganz lustig: Als ich erzählte, dass ich Probleme mit meiner stalkenden Mutter habe, kombinierte die eine Kommilitonin sehr schnell und sagte: „Im Internet gibt es gerade eine Bloggerin, auch eine Julia, die ähnlichen Stress hat. Die sitzt auch im Rollstuhl. Das bist nicht zufällig du?“ – „Könnte sein.“ – „Aus dem Leben einer Stinkesocke?“

Ich deutete auf meine Füße und sagte: „Stinkesocke.“ – „Echt? Das ist ja voll verschärft! Du bist doch total berühmt!“ – „Naja.“ – „Was naja, doch klar! Ich habe eine Webseite mit Fotos drauf, da hat der Zähler nach drei Jahren endlich die Tausendermarke geknackt. Bei dir sind es 2,75 Millionen!“ – „Kann schon sein.“ – „Kann schon sein, nun gib dich nicht so bescheiden! Ich lese seit Ewigkeiten mit und … voll krass! Ich hätte nie gedacht, dass ich dich mal live sehen würde. Also, ich hatte das auch nie vor, aber jetzt … Wahnsinn.“ – Wahnsinn. Vermutlich muss ich mir demnächst doch noch Autogrammkarten zulegen.

Die besten Bäcker in Uninähe kenne ich bereits, heute Abend bin ich zum Tanz in den Mai eingeladen. Hoffen wir mal, dass niemand den Maibaum klaut.


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