Handbikes und Autos

Es passiert leider immer wieder. Ich rede schreibe von Unfällen zwischen Handbikern, insbesondere Rennbikern, und motorisierten
Fahrzeugen. Gerade wieder mit tödlichen Folgen: Vorgestern wurde im Raum Siegen, das liegt rund 70 Kilometer östlich von Köln, ein 52 Jahre alter Rennbike-Fahrer von einem abbiegenden Auto erwischt. Er erlag noch
an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen. Ein zweiter Rennbiker
wich aus, stürzte und verletzte sich schwer. Die beiden befuhren innerhalb einer geschlossenen Ortschaft einen so genannten Schutzstreifen, also einen von der allgemeinen Fahrbahn durch eine durchgezogene Linie abgeteilten Radweg. Der Pkw war vor der Kollision nach links auf ein Fabrikgelände abgebogen und hatte die beiden entgegenkommenden Rennbiker dabei vermutlich übersehen.

Ich habe die beiden verunfallten Kollegen nicht persönlich gekannt. Mit welcher Geschwindigkeit die beiden auf der Straße, die an dieser Stelle bergab geht, unterwegs waren, kann ich auch nicht sagen. Beide hatten ein Fähnchen am Bike, also ein auf rund zwei Meter Höhe stehendes
leuchtendrotes Flatterding an einer flexiblen Plastikstange, das den anderen Verkehrsteilnehmern signalisieren soll, dass da noch jemand auf rund einem halben Meter Höhe über der Fahrbahn schwebt. Ob sie einen Helm auf dem Kopf hatten, weiß ich auch nicht. Ob die Sonne geblendet hat, auch nicht. Ich möchte insgesamt nicht spekulieren und die Unfallauswertung der zuständigen Behörde überlassen. Ich bin nur sehr erschrocken und alarmiert angesichts der Häufigkeit dieser Unfälle. Mal wieder. Es gibt keinen aus der Szene, der nicht mindestens einen tödlich
verunfallten Kollegen kennt, und der nicht mindestens von drei bis fünf
zum Glück glimpflicher verlaufenen Kollisionen mit Autos weiß. Und das liegt nicht nur daran, dass die Handbike-Szene eng vernetzt ist.

Ich selbst kenne eine Handbikerin aus Hamburg, die wirklich sehr umsichtig und vorsichtig fährt. Die auch seit vielen (ich glaube 30) Jahren einen Pkw-Führerschein hat, die aber auch regelmäßig auf der Straße trainiert und dabei bereits mehrere Unfälle mit Autos hatte. Zum Glück ist nie mehr passiert als gebrochene Knochen. Der letzte Crash hat
sie ein Jahr lang außer Gefecht gesetzt.

Angesichts solcher Erfahrungen lehne ich es nach wie vor strikt ab, mit meinem Rennbike auf einer öffentliche Straße im fließenden Verkehr zu fahren. Das ist mir einfach zu gefährlich. Die Leute sehen dich auch mit 20 flatternden Fähnchen und Warnweste nicht. Sie rechnen auch nicht damit, dass da jemand in der Höhe mit 20, 30 oder sogar 40 km/h angeschossen kommt. Ich muss eigentlich immer und ständig in alle Richtungen Blickkontakt haben. Und dabei kann ich eben nicht trainieren.
Ich muss darauf vertrauen können, dass die Leute hinter mir und die, die meinen Weg kreuzen, mich gesehen haben. Und das kann ich einfach nicht. Von daher trainiere ich nicht im fließenden Straßenverkehr – auch
wenn immer wieder behauptet wird, dass man so „nicht richtig“ trainieren könne – und bin bisher zum Glück von Unfällen verschont geblieben.

Schon als Radfahrer nützt es mir nichts, wenn ich hinterher sagen kann: „Der Autofahrer hatte Schuld.“ – Als Rennbikefahrer (also liegend)
habe ich gute Chancen, dass ich einen Crash, den ein Radfahrer noch einigermaßen glimpflich übersteht, nicht überlebe. Ich habe schon, als ich mich vor einem Jahr
kritisch über das Thema äußerte, einige Dresche bezogen. Ich kann es aber trotzdem nur wiederholen und werde weiterhin an meine Kolleginnen und Kollegen appellieren: Trainiert nicht im fließenden Straßenverkehr! Auch nicht in Ermangelung einer gesicherten Trainingsstrecke.

Ich habe am Studienort auch neu überlegen und Karten studieren, viel ausprobieren müssen. Und es ist auch noch nicht alles optimal. Aber es gibt Strecken, auf denen man mit Autoverkehr kaum zu rechnen hat. Oder ihn zumindest schon von Weitem sieht, ihn nicht kreuzen muss. Und wenn doch, dann muss man an dieser Stelle eben anhalten, das Training unterbrechen und abwarten, bis entweder alles frei ist oder alle einen gesehen haben. Solange die Straßen hauptsächtlich für motorisierte zweispurige Kraftfahrzeuge ausgelegt sind, geht es meiner Meinung nach nicht anders.

Ich wünsche dem verletzten Kollegen gute Besserung und der hinterbliebenen Familie mein Beileid.

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