Poststreik

Eine Packstation ist für mich als Rollstuhlnutzerin nur bedingt geeignet. Ich könnte zwar zu jeder Zeit mein Paket abholen, müsste dabei
aber darauf hoffen, dass es nicht in einem Fach liegt, an das ich nicht
heran komme. Üblicherweise lasse ich alles, was per Versand kommt, an die Praxisanschrift von Maries Mutter senden, dort ist im Zweifel auch dann jemand, wenn Marie und ich gerade in der Uni sind.

Nun streikt ja bekanntlich gerade die Post. Und DHL. Der Postbote kommt zur Praxis seit inzwischen über zwei Wochen nicht mehr, Laborwerte, Entlassungsberichte und ähnliches müssen in nervtötenden Telefonaten einzeln per Fax nachgefordert werden, nahezu keine einzige Rechnung wird zur Zeit mehr bezahlt, vermutlich weil die Privatpatienten
sie gar nicht bekommen haben. Dagegen ist mein Problem, dass ich gerne meine bestellte Ware hätte, eher nebensächlich.

Immerhin hatte mir der Versender die Tracking-Nummer geschickt. Als ich im Onlineportal nachgucke, wo nach fünf Tagen meine Sendung wohl festklemmt, lese ich: „Die Sendung konnte nicht zugestellt werden. Der Empfänger wurde benachrichtigt. Die Sendung kann in der Filiale […] abgeholt werden.“ – Dazu Tag und Uhrzeit, zu der Maries Mutter definitiv
Sprechstunde hatte. Na super.

Eine Benachrichtigungskarte hat Maries Mutter nicht. Die Angestellten
haben auch nichts angenommen. Also mache ich mich mit meinem Handbike und der Sendungsnummer auf einem Blatt Papier auf den Weg zur Postfiliale. Nach zehn Minuten bin ich an der Reihe. „Mit der Sendungsnummer aus dem Internet kann ich nichts anfangen“, werde ich freundlich begrüßt.

„Ihnen auch einen guten Tag“, denke ich mir. Ich antworte: „Die Benachrichtigungskarte haben wir leider nicht bekommen.“ – „Das kann am Streik liegen. Ich brauche die Adresse.“

Ich nenne der Mitarbeiterin die Adresse der Praxis. „Und den Ausweis bitte“, sagt sie. Den habe ich schon in der Hand und lege ihr den auf die Theke. „Da steht aber eine ganz andere Adresse, dann können wir das nicht aushändigen.“ – „Das ist eine abweichende Lieferanschrift.“ – „Was
ist das für eine Anschrift?“ – „Eine Arztpraxis.“ – „Haben Sie eine schriftliche Vollmacht dabei, dass Sie im Namen der Arztpraxis Pakete abholen dürfen?“ – „Nein.“ – „Dann darf ich Ihnen das nicht aushändigen.“ – „Mein Name steht aber auf dem Paket.“ – „Moment, ich schaue nach.“

Nach einiger Zeit kommt die Mitarbeiterin wieder zu mir zurück und sagt: „Da steht tatsächlich Ihr Name drauf. Dann darf ich Ihnen das auch
aushändigen. Unterschreiben Sie bitte hier.“ – Am Ende habe ich mein Paket. Beim Dialog ließe sich sicherlich noch eine Menge verbessern. Stichwort: Negative Grundhaltung. Das ist mir, als jemand, die täglich mit sehr viel „geht nicht“ konfrontiert wird, besonders aufgefallen. Mich nervt es, wenn Menschen immer erstmal sagen, dass etwas nicht geht,
statt vorher die Sache zu prüfen. Ich musste ihr also drei Mal widersprechen, um am Ende meine bezahlte Ware zu bekommen. Ich finde, das müsste nicht sein.

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