Zwei Stunden parken

Ich bin aktuell noch immer auf der Suche nach einer neuen Stelle in
einer Klinik, auf der ich vier Wochen meiner Famulatur ableisten kann. Das ist kurzfristig gar nicht so einfach, aber möglicherweise zeichnet sich für die nächste Woche etwas ab. Heute war ich zu einem kurzen spontanen Bewerbungsgespräch unterwegs. Das ist nicht unbedingt üblich, aber in dieser Klinik meinte man: „Kommen Sie heute zwischen 13 und 14 Uhr mal bitte vorbei und stellen sich 10 Minuten vor. Bringen Sie Ihren Lebenslauf mit!“

Wie gesagt, ob ich ab nächster Woche dort vier Wochen mitrollen darf,
stellt sich noch heraus. Als ich zurück zu meinem Auto kam, das ich in der Nähe eines S-Bahn-Knotens geparkt hatte, traute ich meinen Augen kaum: Es gab dort zwei Behindertenparkplätze. Ich hatte auf dem rechten der beiden geparkt, und, weil ich auf der Fahrerseite aussteige, weit rechts am Rand gehalten. Links neben mir, auf dem anderen Behindertenparkplatz, stand ein VW-Bus mit Hebebühne unter der Schiebetür. Dieser parkte nicht nur auf dem linken Parkplatz, sondern dort auch noch ziemlich weit links, damit genügend Platz für die ausfahrende Bühne vorhanden ist.

Irgendein „Riesenarschloch“ (es singt sinkt für Sie: Das Niveau) hatte seinen vergammelten Twingo mittig zwischen die beiden Fahrzeuge gestellt. Und zwar so, dass er die Spiegel einklappen musste, um nicht den Lack der anderen Fahrzeuge zu zerschrammen. Immerhin hat er
die Spiegel eingeklappt, bevor er sich, wie gesagt mittig, also auf der
Trennlinie, zwischen die beiden Autos gestellt hat. Das „Riesenarschloch“ (ich zitiere bloß) war nicht zu sehen. Allzu groß durfte die Person nicht sein, denn sie kann nur durch die Kofferraumklappe ausgestiegen sein.

So eine Scheiße. Ein Ausweis lag beim Twingo natürlich nicht in der Scheibe, dafür hatte aber bereits jemand unmissverständlich klar gemacht, was er von dem Fahrer hält. Auf einer Wurstpappe von der fahrbaren Imbissbude gegenüber stand mit Kugelschreiber geschrieben: „Sie sind ein Riesenarschloch!!!“ – Die Pappe hatte ihm jemand hinter den Scheibenwischer geklemmt. Ein Rollstuhlfahrer war es nicht, es sei denn, der konnte über die Motorhaube des Twingos robben.

Das Problem war, dass ein Herausziehen des Twingos durch einen Abschlepper nicht möglich war, weil er dabei unter Garantie gegen mindestens eins der parkenden Fahrzeuge gestoßen wäre. Ein Anheben wäre aus den gleichen Gründen ebenfalls nicht möglich: Der von der Polizei herbeigerufene Abschlepper nahm den Auftrag nicht an, weil er nicht garantieren könne, dass das Auto nicht bei einer Windböe gegen eins der parkenden Autos schaukeln würde. Bliebe nur, mein Auto so schräg anzuheben, dass es gleich vom Twingo wegschwingt. Allerdings ohne jede Gewährleistung.

Nö. Die anwesende Polizeistreife meinte: „Außer einer Verwarnung über
35 Euro kann ich nichts für Sie tun. Sie können nur auf dem Zivilweg versuchen, Verdienstausfall geltend zu machen. Aber ich kenne keinen Fall, in dem das geklappt hat. Das ist sowas wie höhere Gewalt. Und wir müssen auch weiter, wir können uns nicht stundenlang mit einer Parkbehinderung aufhalten, auch wenn es mir leid tut.“

Schon gut. In dem Moment kam die Fahrerin angelaufen. Nachdem ich inzwischen bereits geschlagene zwei Stunden gewartet hatte. Sie wollte tatsächlich durch die Heckklappe einsteigen. Es sei doch alles halb so wild, sie habe nur zwanzig Minuten dort gestanden. Die Polizistin stieg wieder aus und meinte: „Den Einsatz haben wir aber schon vor über einer Stunde bekommen. Nun möchte ich Ihre Papiere sehen. Und Warndreieck, Verbandskasten und fünf Warnwesten. Und wo ist Ihr Innenspiegel? Ich werde eine Mängelmeldung fertigen.“ – Sehr schön. Von Hammelbeinen kann man bei einem (weiblichen) Schaf ja bekanntlich nicht sprechen, und an den Eiern hatten sie sie aus gleichen Gründen auch nicht. Aber ich glaube, jeder weiß, warum die Aktion dann am Ende doch noch etwas von einem kleinen inneren Bratkartoffelessen für mich hatte. Die Dame fauchte und schnaubte, es rauchte aus ihren Ohren und ich konnte mir nicht verkneifen, die Polizistin anschließend noch um die persönlichen Daten der Frau zu bitten, um meine zivilrechtlichen Ansprüche durchsetzen zu können. „Ich muss seit zwei Stunden dringend pinkeln und das Klo im Bahnhof ist wegen Sanierung zu, ich werde meinen Anwalt fragen, inwieweit hier Schmerzensgeld und Verdienstausfall in Betracht kommen.“

Die Frau guckte mich mit großen Augen an. Eine Entschuldigung brachte
sie aber nicht über die Lippen. Lust habe ich auf anwaltliches Theater natürlich nicht, das wird ihr Glück sein. Aber vielleicht hat die Drohung ja was genützt und meine rollenden Kolleginnen und Kollegen haben künftig eine Nervensäge weniger, die ihnen die Plätze blockiert oder sie durch solch unüberlegtes Handeln stundenlang außer Gefecht setzt.

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