Die Weihnachtstage habe ich bei mir in der WG verbracht. Liam und Frank haben zwei Tage vor Heilig Abend noch einen kleinen Weihnachtsbaum besorgt, keinen aufblasbaren, sondern einen im Eimer, den man hinterher
einpflanzen kann, Lina und Sofie haben ihn geschmückt, es war recht nett. Cathleen war am Heilig Abend bei ihrer Mutter, Liam und Lina waren bei Liams Eltern. Sofie, Frank und ich haben es uns im Gruppenraum gemütlich gemacht, gemeinsam gegessen, geredet, sind anschließend zum Gottesdienst in den Hamburger Michel gefahren. Ich habe es schon erwartet: Die Kirche war bis auf den letzten Platz belegt. Wenn man jetzt erwähnt, dass es sich um den vierten Gottesdienst an diesem Tag handelte und die Kirche 2.500 Plätze hat, kann sich wohl jeder vorstellen, was dort los war. Aber die Leute waren ruhig und nett, die kleinen Kinder, die sonst oft lauter sind als der Pastor, waren alle schon im Bett.
Am ersten Weihnachtstag habe ich erstmal ausgeschlafen, mittags haben wir alle zusammen gegessen, bevor Sofie und Frank zu Sofies Mutter und Lebensgefährten verschwunden sind. Am zweiten Weihnachtstag hatten wir in der WG ein gemeinsames Frühstück und dazu auch einige Freunde eingeladen.
Nachgedacht oder gegrübelt habe ich eigentlich nicht viel. Letztes Jahr Weihnachten habe ich im Krankenhaus verbracht, mich mehr oder weniger amüsiert über einen Pfleger, der als Weihnachtsmann verkleidet und „Ho Ho Ho“ rufend über die Flure tobte, an einem Videoabend in der Sporthalle teilgenommen und Frust geschoben. Vor zwei Jahren habe ich mit meinen Eltern gefeiert, als 15-jährige mich über alle möglichen Geschenke gefreut, da war die Welt noch in Ordnung..
Dieses Jahr habe ich (noch) nichts vom Weihnachtsmann bekommen. Ich war halt nicht brav genug. Innerhalb der WG schenken wir uns nichts, das haben wir von vornherein so festgelegt, und das finde ich auch gut so. Jeder hat was zu einem gemeinsamen Bunten Teller, der im Gruppenraum auf dem Tisch steht, dazugegeben. Ansonsten habe ich noch eine Kleinigkeit für meinen Jan, den ich erst in der nächsten Woche wieder sehe, da er bei seinen Eltern in Regensburg ist.
Das ist für mich aber auch nicht überraschend. Wenn ich an den übrigen Tagen des Jahres keinen Kontakt zu meiner Familie haben will, muss das auch nicht an Weihnachten sein, auch wenn überall propagiert wird, dass es sich um das Fest der Liebe, der Familien und der Versöhnung handele. Unsere Probleme sind so schwerwiegend, dass sie sich nicht mit einem Weihnachtsfest lösen können.
Nicht verstanden hat das meine Mutter, die mich am 2. Weihnachtstag nachmittags anrief. Mal wieder auf dem Handy und mit unterdrückter Rufnummer. Sie wollte mir noch einmal ein schlechtes Gewissen machen, indem sie mich darauf hinwies, dass sie ja im Moment in der Klinik sei, ausgerechnet über Weihnachten, und ich würde sie nicht besuchen. Es sehe für sie so aus, als wenn ich, jetzt wo ich genug eigenes Geld habe, keinen Kontakt zu ihnen mehr nötig hätte. Der Vorwurf ist natürlich heftig, aber es muss ja immernoch eine Steigerung geben, wenn man Gespräche erzwingen will. Sie hat es nicht verstanden, vermutlich kann sie es nicht verstehen. Als ich aufgelegt hatte, habe ich einen Moment darüber nachgedacht, mir eine neue Handynummer zu besorgen.
Ich will es gar nicht kommentieren. Ich habe es auch nicht kommentiert, als meine Großtante, die mit der Currywurst, plötzlich vor der Tür stand und rein wollte. Sofie hatte die Tür geöffnet, meine Großtante aber gar nicht erst reingelassen, sondern mich zur Tür geschickt. Ich dachte: „Sollte sie jetzt das Weihnachtsfest zum Anlass nehmen, sich zu entschuldigen, lässt du sie rein. Auch wenn sie nicht deine Ansichten hat, ich möchte, dass man mich versteht, dass sich langfristig etwas ändert, also gib ihr eine Chance.“ Aber sie grüßte nicht mal, sondern wollte gleich mit den Worten „ich muss mit dir reden“ an mir vorbei stapfen. Was nicht funktionierte, da ich mich, bevor ich die Tür geöffnet habe, geschickt positioniert und den Rollstuhl festgebremst habe, so dass die Tür nicht weiter aufging. Also rappelte sie gegen die Tür. Leider etwas unglücklich mit dem Kopf. Sie flippte gleich aus: „Du spinnst ja wohl!“
Ich erwiderte: „Entschuldigung, aber du bist gegen die Tür gelaufen! Was möchtest du? Auf ‚mit dir reden‘ habe ich keinen Bock. Das eskaliert jedes Mal.“ Sie hielt sich den Kopf, aber es blutete nicht. „Das nehme ich dir übel. Mich hier als alte gebrechliche Frau im Flur abzufertigen und mir die Tür vor den Kopf zu schlagen. Du brauchst dich bei mir nicht mehr zu melden. Und auch nicht um Geld betteln. Glaube ja nicht, dass du von mir noch einen Cent bekommst!“
Was sollte das jetzt schon wieder? Ich melde mich bei ihr sowieso nicht. Und zum letzten Mal habe ich von ihr 50 Euro geschenkt bekommen, das war exakt vor zwei Jahren zu Weihnachten, dazwischen hat sie für mich eben eine Currywurst bezahlt und mir ein paar Socken, weiß mit rosa Streifen von Tschibo, ins Krankenhaus mitgebracht. Und eine Illustrierte. Habe ich je nach Geld gebettelt? Ich kann mich nicht daran erinnern. In den letzten zwei Jahren auf keinen Fall. Auf meinem Sparbuch liegen über 10.000 Euro, von dem fest angelegten Unfallgeld mal ganz zu schweigen. Wieso sollte ich da um Geld betteln?! Irgendwie sind die alle irre. Und der Hinweis auf ihre Gebrechlichkeit … sie rennt kilometerweit mit ihrem Wanderverein und weist eine Rollstuhlfahrerin auf ihre Gebrechlichkeit hin. Skurriler geht es kaum.
Also schloss ich die Tür und ließ sie draußen labern. Als ich mich umdrehte, stand Sofie am Ende des Flurs, machte eine Scheibenwischergeste und murmelte: „Die haben doch alle ein Rad ab.“
Jetzt, als die Tür zu war, fiel mir ein, dass auch meine Mutter am Telefon schon eine Bemerkung über Geld gemacht hatte. Wahrscheinlich haben die beiden miteinander telefoniert und darin liegt auch der Besuch der Großtante begründet. Ein Glück, dass ich sie nicht reingelassen habe. Nun stand sie im Flur, lehnte sich gegen die Tür, klopfte und murmelte: „Mach die Tür auf, ich weiß, dass du dahinter stehst.“ Genial. Ich ließ sie stehen und fuhr in mein Zimmer.
Abends wollte ich mich gerade ausziehen, als plötzlich Krach im Flur war. Ich hörte Liam irgendwas energisch rufen, konnte das aber nicht verstehen, da Musik lief. Ich drehte die Musik leise und lauschte. In dem Moment sprang meine Zimmertür auf und mein Vater stürmte rein. Er brüllte mich an: „Hast du Tante … die Tür an den Kopf geschlagen? Überlege dir genau, was du jetzt sagst.“ Ich zog erstmal den Kopf ein, sagte dann: „Sie ist gegen die Tür gelaufen.“
Jetzt stand er direkt vor mir. Er hatte eine Fahne. Ich hatte Angst. „Ich frage noch einmal: Hast du Tante … die Tür an den Kopf geschlagen?“ Liam stand in der Zimmertür, sprach meinen Vater an: „Herr …!“ Bevor er irgendwas sagen konnte, ging er auf ihn zu, Liam ging zwei Schritte rückwärts, mein Vater knallte die Tür zu. Nun kam er wieder auf mich zu: „Ich warte auf eine Antwort!“ Ich erwiderte: „Ich habe dir schon eine Antwort…“ Weiter kam ich nicht, dann bekam ich eine Ohrfeige. Die saß. Aber richtig. Mit erhobener Hand stand er vor mir: „Hast du ihr die Tür an den Kopf geschlagen oder nicht? Überlege dir genau, was du sagst!“
Ich antwortete: „Sie ist gegen die Tür gelaufen!“ Er wollte mit der anderen Hand zuschlagen, aber ich riss die Arme hoch. „Nimm die Arme runter“, brüllte er mich an. Das fehlte noch. Ich schrie nach Liam, schrie um Hilfe. Mein Vater wollte mir den Mund zuhalten, war aber wohl von der Kippfreudigkeit meines Rollstuhls überrascht. Ich bekam das Übergewicht und fiel nach hinten und rollte aus dem Stuhl raus. Ich glaube wirklich, dass er davon selbst überrascht war. „Du zerstörst unsere ganze Familie, merkst du das nicht?“ Zum Glück hatte mich nirgendwo gestoßen bei meinem freien Fall. Ich robbte ein Stück zur Wand, setzte mich rückwärts gegen Bett und Wand, kauerte mich zusammen. Er versetzte meinem umgefallenen Rollstuhl einen Tritt, so dass er halb unter meinen Schreibtisch donnerte. Ich war erschrocken und ängstlich zugleich über dieses Gewaltpotential, das ich bisher so noch nicht erleben musste.
Er ging wutschnaubend und Türen knallend raus. Das ganze hatte keine zwei Minuten gedauert. Ich heulte und als ich hochzog, merkte ich einen metallischen Geschmack im Mund. Ich blickte an mir herab. Mein T-Shirt war voller Blut. Es war meine Nase, die blutete. An meinen Rollstuhl kam ich nicht. An die Taschentücher auf dem Nachttisch auch nicht. Ich versuchte, das Blut mit den Fingern abzuwischen, aber es lief ohne Ende. Ich rief nach Liam. Niemand kam. Hörte mich keiner? Dann ging die Tür einen Spalt auf. „Ist er noch drin?“ – „Nein, er ist raus“, antwortete ich. Liam kam rein. Sah mich. Sagte: „Ach du Scheiße.“ In dem Moment klingelte es an der Tür. Er rannte hin, ich rief ihm hinterher: „Lass ihn draußen!“
Dann hörte ich hektische Schritte auf dem Flur. „Wo ist das?“ – „Hier gleich die Tür.“ Die Polizei. Irgendwann muss ich in dem Verein noch Mitglied werden. So oft wie im letzten Jahr hatte ich nie in meinem Leben mit den Bullen zu tun. Die ganze Falschparkerei, eingeschlossen in Aufzügen, verrückte Nachbarn, abgetretene Außenspiegel, … so langsam reichte es. Eine Frau, Mitte 20, kam auf mich zu. Ihrem Kollegen sagte sie: „Ruf mal nen Arzt.“ Sie hockte sich neben mich. „Nehmen Sie mal den Kopf auf die Brust. Ist vermutlich nur die Nase. Zähne sind noch alle drin?“
Keine Ahnung. Doch, Zähne waren noch drin. Keine Ahnung, wieso die Nase überhaupt blutete, die hatte eigentlich gar nichts abgekriegt. „Bleiben Sie mal sitzen. Hier sind Papiertücher, nur erstmal drunter halten. Sonst geht es Ihnen gut? Haben Sie sonst irgendwo Schmerzen?“ Ich schüttelte den Kopf. Ich war eigentlich auch gegen großes Tamtam, die Nase fühlte sich nicht gebrochen an und würde wohl jeden Moment wieder aufhören zu bluten.
Nun kamen noch mehr Polizisten. Was für eine Aufregung! Die beiden wurden aber gleich wieder weggeschickt. „Der ist abgehauen. Handelt sich wohl um den Vater.“ – „Na dann: Frohe Weihnachten!“ sagte der andere. Ich war zitterig, fing an zu frieren. Zwei Mal gab mir die Polizistin neue Taschentücher. Ein Teil des Blutes lief im Rachen runter und verklebte dort. Das war ziemlich eklig. Irgendwie hörte es überhaupt nicht auf. Dann kam eine ganze Horde Leute ins Zimmer. Einer stellte sich vor, sagte, er sei der Notarzt. Ich solle mal die Taschentücher wegnehmen. Er schaute mir in den Mund. Er wackelte an meiner Nase und fragte, ob das weh täte. Tat es nicht. Er fragte mich, was passiert sei. Ich sagte ihm, dass ich eine Ohrfeige bekommen hätte und aus dem Rollstuhl gefallen sei. Aber eigentlich nicht auf die Nase. Er legte mir eine Infusion in den Arm. So ein Zirkus! Dann meinte er, dass ich mal für ein paar Minuten die Nasenflügel zusammendrücken sollte.
Nach drei Minuten hörte die Blutung auf. Ich musste mich auf eine Trage legen und sollte mit ins Krankenhaus. Ich wollte eigentlich nicht, aber die Polizistin meinte, es sei besser. Ich wurde in den Rettungswagen verladen, der Notarzt stieg zwar erst mit ein, verabschiedete sich dann aber von mir. Ich fragte: „Wo bringen Sie mich denn hin?“ – „Ins Albertinen-Krankenhaus.“ – „Nee, dorthin möchte ich nicht. Können Sie mich nicht nach … fahren? Dort war ich bis vor kurzem und die haben die ganzen Unterlagen da. Außerdem sind die auf Querschnitte spezialisiert.“ – „Was meinen Sie mit Querschnitt?“ – „Na meine Querschnittlähmung.“ – „Sie sind querschnitzgelähmt?“ Oh. Mein. Gott. „Ja, fahren Sie mich bitte nach …?“ Die beiden schauten sich an. „Ich muss das klären, wir dürfen immer nur das nächste aufnahmebereite Krankenhaus anfahren.“ – „Naja, es muss ja aber auch geeignet sein. Ich reagiere ja alleine schon auf viele Medikamente ganz anders, fängt beim Blutdruck an.“
Der andere Typ kam wieder, hatte eine Mappe in der Hand. „Sie müssten hier einmal unterschreiben, dass Sie die Kosten für den Transport übernehmen, wenn Ihre Kasse nicht zahlt.“ Ich unterschrieb und los ging es. Einmal quer durch Hamburg. Die Straßen hatten offenbar einige Frostschäden davon getragen, ich kam mir vor wie auf einem Kamel. Eine halbe Stunde später wurde ich ausgeladen. „Das kenne ich hier“, dachte ich mir. Ich wurde in einen Raum geschoben, wurde von einem Arzt, den ich nicht kannte, untersucht. Kopf bewegen, Arme bewegen, Rücken abklopfen, abhören, … nichts spannendes festzustellen. „Ich möchte gerne noch ein paar Bilder von Ihrem Kopf machen“, sagte er. Also musste ich noch in eine Röhre. Da war aber auch nichts zu sehen.
Danach bekam ich ein Bett auf meiner alten Station, ein Zimmer zusammen mit einer anderen Frau, die aber schon schlief. Es wurde einmal Blutdruck gemessen. Ich soll klingeln, wenn mir übel würde. „Ein Klogang und eine Pampers wären ganz gut“, sagte ich. Nein, ich sollte nicht aufstehen. „Können Sie sich kathetern?“ Na sicher. Licht aus, schlafen konnte ich aber nicht. Was für eine Nacht! Was für ein Theater wegen ein wenig Nasenbluten! Und wofür habe ich eigentlich die Ohrfeige bekommen? Irgendwann schlief ich dann doch ein.
Um sechs tobte die Schwester rein. Was habe ich das vermisst in den letzten sechs Monaten! Wenn mir nicht mehr übel sei, könnte ich nach Hause. Der Arzt käme gleich und würde mich noch einmal ansehen, dann könnte ich gehen. Sie war gerade aus der Tür, da kam ein Arzt rein. Den kannte ich auch nicht. Wenn mir nicht mehr übel sei, könnte ich nach Hause. „Wieso übel? Mir war nicht übel. Ich hatte Nasenbluten.“ – „Ja. Ich ziehe Ihnen noch die Kanüle aus dem Arm, dann können Sie los.“ – „Ich muss erstmal organisieren, wie ich nach Hause komme. Mein Rollstuhl ist zu Hause und ich habe auch niemanden, den ich jetzt anrufen und fragen könnte.“ – „Nee, Sie kriegen einen Transportschein und wir bestellen Ihnen ein Fahrzeug.“ Zehn Minuten später bekam ich meine Papiere und zwei dicke Sanitäter mit einem fahrbaren Sitz kamen rein. Ich wurde in einen VW-Bus verladen, der eine Sanitäter setzte sich neben mich auf einen Klappsitz und dann ging es los.
Um kurz vor acht Uhr war ich wieder zu Hause. In meinem Zimmer sah es aus! Auf der Erde jede Menge Verpackungen von irgendwelchen medizinischen Sachen, vollgeblutete Tücher – wie auf einem Schlachtfeld.
Ich wurde aufs Bett gehoben. Mein Rollstuhl lag noch immer unter dem Schreibtisch. Der eine Sanitäter holte ihn hervor. Das eine Rad, gegen das mein Vater getreten hatte, hatte so eine Acht, dass das Rad am Rahmen schleift. Hallo?! Stahlfelge, Titangreifreifen? Verbogen? Wie gut, dass ich den Tritt nicht abgekriegt habe!
Leider habe ich keine Ersatzräder. Ersatzschlauch, Ersatzreifendecke ja, aber kein komplettes Rad. Mein Glück war, dass im Abstellraum noch ein alter Rollstuhl von Sofie stand, den ich mir erstmal unter den Nagel
gerissen habe. Leider lassen sich die Räder verschiedener Rollstühle wegen verschiedener Steckachsen nur begrenzt untereinander tauschen, leider hat man keinen Anspruch auf einen zweiten Rollstuhl und auch nicht auf ein zweites Paar Räder. Da alleine schon die Räder fast 1.000 Euro kosten, habe ich mir bisher keine gekauft. Das wird sich jetzt aber wohl ändern.
Erstmal habe ich eine Mülltüte aufgemacht, um den ganzen Kram in meinem Zimmer loszuwerden, dann das ganze Blut vom Laminat geschrubbt, mich gewaschen (duschen soll ich heute nicht) und kaum war ich wieder in
meinem Zimmer, klingelte es an der Tür. Hätte mein Vater oder sonst irgendwer aus meiner Familie vor der Tür gestanden, hätte ich nicht geöffnet. Liam kam gleich um die Ecke, noch in Schlafsachen. Es war die Polizei. Zwei andere Beamte. Sie wollten wissen, wie es mir ginge und ob mein Vater nochmal aufgetaucht sei. „Nicht, dass ich wüsste“, sagte ich.
„Ihm wurde ein Platzverweis ausgesprochen. Sollte er hier in den nächsten 14 Tagen vor der Tür auftauchen, rufen Sie bitte gleich die Polizei und sagen am Telefon, dass es sich um jemanden handelt, der einen Platzverweis bekommen hat. Dann kommen wir ganz schnell. Ich will mich in Ihr Privatleben nicht einmischen, es geht mich auch nichts an, aber an Ihrer Stelle sollten Sie sich überlegen, ob Sie nicht bei Gericht eine Verfügung beantragen, dass er hier nicht auftauchen darf. Dann können Sie selbst entscheiden, wann Sie ihn sehen wollen.“ Ich sagte, dass ich darüber nachdenken werde und mich mit meinem Anwalt abspreche. Dann verschwanden sie wieder.
Ich habe keine Lust mehr. Auf diesen ständigen Zirkus. Ich möchte meine Ruhe haben. Ich weiß, es ist nicht so einfach und ich weiß auch, dass man sich seinen Problemen stellen muss. Aber ich finde, so langsam ist das Maß jetzt mal voll. Ich bin 17. Und ich finde, allmählich wird das alles zu viel für eine 17-jährige. Mensch, andere Leute in meinem Alter… ach, lassen wir das. Erstmal schlafen.