Kleiner Fortschritt

Die letzten beiden Wochen hat täglich kein anderes Thema auf der Tagesordnung gestanden als: Wie geht es mit Maria weiter? Unglaublich. Es ist so verdammt schwierig, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, wenn sich einzelne Beteiligte (in diesem Fall das Sozialamt) nicht eindeutig positionieren. Es gibt nach wie vor keine über den 31.01. hinausgehende Zusage. Und es wird auch in der nächsten Woche nichts entschieden werden. Maria muss darauf vertrauen, dass es am 01.02. schon
„irgendwie weitergeht“.

Am Dienstag hat eine Spedition ihr altes Zimmer geräumt und sämtliche
privaten Sachen erstmal hierher gebracht. Das ist dem nächsten Problem geschuldet: Sie möchte auf keinen Fall in ihrer bisherigen Einrichtung bleiben. Das kann sie nur dann glaubhaft darstellen, wenn sie einen anlassbezogenen Schlussstrich zieht und sofort auszieht. Sie musste diesen Schlussstrich ziehen, bevor überhaupt geklärt ist, wie es weitergeht. Das wäre schon für jemanden, der nicht auf Pflege und Assistenz angewiesen ist, ein enormer psychischer Druck.

Eins ist aber in den letzten zwei Wochen deutlich geworden: Obwohl sie körperlich so eingeschränkt ist, dass sie sich nicht mal aus eigener
Kraft am Kopf kratzen kann, ist ihr Verstand bestechend scharf. So scharf, dass es keine Zweifel gibt, dass sie hier wohnen könnte, dass sie es packt, dass man sie alleine lassen kann, auch über einen langen Zeitraum von mehreren Tagen, dass sie alles organisiert, was sie braucht, und zwar selbständig. Alleine zurecht zu kommen, auch mit Assistenz und Pflegedienst, ist absolute Bedingung. Wir haben uns dafür entschieden, dass Maria dauerhaft hier wohnen kann. Was sie in Tränen ausbrechen ließ. Dass sie sich hier wohlfühlt und hier wohnen möchte, braucht man, glaube ich, nicht noch einmal erwähnen.

Einen kleinen Fortschritt gibt es allerdings: Die Frau vom Sozialmedizinischen Dienst, die sich am letzten Montag
so merkwürdig präsentiert hat, nimmt an der nächsten Gesprächsrunde nicht mehr teil. Frank hat sich beim zuständigen Dezernenten beschwert. Er meinte, er habe ihn angerufen und ihm angekündigt, er faxe ihm gleich
ein offizielles Sitzungsprotokoll zu, aus dem sich einige Unzulänglichkeiten ergeben, auch schon ohne dass man die Verfahrensakte gelesen hat. Ob er sich das einmal reinziehen und zurückrufen könnte. Eine halbe Stunde später rief er zurück, er habe mit dem Abschnittsleiter dieser Sozialmedizinischen Mitarbeiterin gesprochen, es
käme zum nächsten Termin jemand anderes. „Es kommt immer wieder vor, dass einem Mitarbeiter ein spezieller Fall mal nicht so liegt. Das kann tausend Gründe haben. Bevor wir uns jetzt stundenlang damit beschäftigen, ob es persönliche oder sachliche Gründe dafür gibt, schicken wir einfach jemand anderes und schauen, ob derjenige dieselben Bedenken hat. Wenn ja, kann man das dann immernoch genau prüfen, wenn nein, hatte der erste Mitarbeiter vielleicht nur einen schlechten Tag.“ Solange es bei einem schlechten Tag bleibt, soll es mir recht sein.

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