Ich hatte bereits mehrmals darüber geschrieben: Über eine Wohnanlage für behinderte Menschen und Senioren, die im Hamburger Stadtteil Bergedorf gebaut wurde. Vier Leute, die ich aus meinem Sportverein kenne, sind dort eingezogen, zwei Wochen später brannte es in dem Haus und ein Drittel der Bewohner musste ins Krankenhaus, unter anderem, weil diverse Auflagen nicht eingehalten worden seien, so die örtliche Presse.
Wie so etwas passieren konnte? Das Gebäude wurde im vereinfachten Verfahren genehmigt, da werden so unwichtige Dinge wie der Brandschutz nur anhand von Zeichnungen überprüft, für alles weitere ist der Bauherr verantwortlich. Und warum dem Experten der Stelle, die öffentliche Gelder für den barrierefreien Bau dieses Hauses bereit gestellt hat, nicht aufgefallen ist, dass sich Rollstuhlfahrer in dem Haus gar nicht bewegen können, wurde auch nicht geklärt.
Insbesondere die vielen Verletzten bei dem Brand und das hartnäckige Nachfragen der örtlichen Tageszeitung, aber auch das Einmischen der örtlichen Politik haben dazu geführt, dass der Bauherr nachbessern musste. Inzwischen lassen sich Mieter schon anwaltlich vertreten, um ihre Grundinteressen durchzusetzen. Heute war ich dort zu einer Geburtstagsfeier zu Besuch.
Ich greife das Thema noch einmal auf, denn ich bin der Meinung, dass man dringender genauer kontrollieren muss, ob Bauauflagen eingehalten werden. Man darf eins nämlich nicht vergessen: Man baut hier mit Steuergeldern geförderten Wohnraum für behinderte Menschen, weil behinderte Menschen sonst auf der Straße säßen. Insbesondere in Hamburg sind nur diese geförderten Wohnungen überhaupt mit dem Rollstuhl erreichbar und die Warteliste ist lang. Teilweise steht man trotz Dringlichkeitsschein (was bedeutet, dass man von Wohnungsnot unmittelbar bedroht ist) drei bis vier Jahre an. Da hat die Szene ein Interesse, dass mit den Mitteln, die die Szene mühsam erkämpft hat, auch vernünftig gebaut wird.
Wie gesagt, dieses eine Unternehmen, das in Hamburg einige hundert barrierefreie Wohnungen gebaut hat, muss nun nachbessern. Unter anderem sind auf jeder Etage Rauchschutztüren einzubauen. Mussten wir in unserem
Wohnprojekt auch. Der Unterschied ist nur: In dem von der Zeitung als „Pfuschbau“ betitelten Haus wurden diese Türen an die Stromversorgung der Treppenhausbeleuchtung angeschlossen. Kein Witz! Löst ein Rauchmelder aus, schließen die Türen automatisch. Ein Rollifahrer bekommt die Türen nicht alleine geöffnet, er müsste sich von der Feuerwehr helfen lassen. Soweit, so schlecht.
Die Treppenhausbeleuchtung hat einen Schaltkreis über fünf Etagen, geschätzte 50 Glühlampen hängen dran. Diese Treppenhausbeleuchtung hat eine Komfortfunktion: Kurz bevor es dunkel wird, blinkt die Beleuchtung drei Mal im Abstand von 10 Sekunden. So hat jemand, der noch länger Licht braucht, die Chance, noch im Hellen zum Schalter zu latschen und neu draufzudrücken. Das Problem ist aber: Durch das Geblinke gehen, so meine Freunde, die in dem Haus wohnen, pro Woche zirka zwei bis drei Glühlampen kaputt. Und jedes Mal, wenn eine Birne durchbrennt, fliegt die Sicherung oder der FI-Schutzschalter raus. Für die gesamte Treppenhausbeleuchtung. Und das bedeutet nicht nur, dass es in dem Haus dunkel bleibt, sondern auch, dass jedes Mal sämtliche Rauchschutztüren zufallen. Und die bleiben auch zu, bis der Hausmeister kommt, den Zählerraum aufschließt, die Sicherung wieder einschaltet und, sofern er es nicht vergisst, anschließend durch die Etagen wandert und alle Rauchschutztüren wieder einhakt. Wie gesagt, pro Woche etwa zwei bis drei Mal. Dadurch beginnen nun die ersten Leute wieder, diese Türen zu verkeilen…
Dann hat jemand einen Gutachter bestellt, weil ihm der Aufzug in dem Haus besonders laut vorkommt. Zum Vergleich: Bei uns fahren zwei Aufzüge und bei der Endabnahme wurde auch der ausgehende Lärmpegel bestimmt. Er liegt bei 32 dB(A) im Ruhezustand und bei 42 dB(A) während der Fahrt, gemessen in der Kabine. Beim Anfahren und Stoppen können einzelne Spitzen bis zu 48 dB(A) erreicht werden. In den Zimmern selbst ist der Aufzug nicht zu hören. In dem „Pfuschbau“ hat der Aufzug laut Gutachten ein normales Betriebsgeräusch, während der Fahrt in der Kabine gemessen, von 67 dB(A). Das ist ungefähr so laut wie ein Staubsauger, allerdings nicht ungewöhnlich. Was jedoch nicht sein darf: Im Schlafzimmer derjenigen, die das Gutachten in Auftrag gegeben hat, ist der Aufzug noch mit bis zu 54 dB(A) zu hören. Zum Vergleich: Maximal 30 dB(A) sind erlaubt. Es scheint ein Konstruktionsfehler vorhanden zu sein, denn die Vibrationen des Aufzugs (genauer gesagt der Hydraulikpumpe) sind in den Wohnungen zu spüren, zum Beispiel, wenn man eine Hand auf den Küchentisch legt.
Und noch ein drittes Beispiel: In einigen Wohnungen wurden nach dem Brand neue Balkontüren eingebaut. Was vorher noch barrierefrei war, ist es jetzt nicht mehr. Zum Teil hat man neuerdings ganz erhebliche Schwellen eingebaut.
Die beste Lösung wäre wohl ein Umzug. Aber umziehen kommt nicht in Frage, denn es ist in ganz Hamburg keine andere barrierefreie Wohnung frei. Frühestens 2016 würde das (nach den durchschnittlichen Wartezeiten
gemessen) klappen, vorausgesetzt, die Behörde, die die Wohnungen für Rollstuhlfahrer zuteilt, erkennt die Mängelsituation als Begründung für einen Umzug an und hält sie nicht für zumutbar. Kurzum: Ich bin froh, dort nicht zu wohnen, denn die Bewohner des Hauses kommen im wahren Sinne des Wortes nicht zur Ruhe.