Eintausend Kamelflöhe

Über Parkplätze habe ich schon ein paar Mal geschrieben. Ja, über Parkplätze kann man schreiben. Wenn man den etwas breiteren braucht, der
oft mit einem besonderen Verkehrsschild für Rollstuhlfahrer freigehalten wird. Weil man neben seinem Einstieg noch einen Rollstuhl zusammen- oder auseinander bauen muss. Ohne die Türbreite Abstand auf der Fahrerseite komme ich nicht in mein Auto.

Nun gibt es ja zuhauf Leute, die das Prinzip noch nicht verstanden haben, die unberechtigt auf Behindertenparkplätzen parken. Und dabei kann es sogar vorkommen, dass man, wenn man einen dabei erwischt und ihn
höflich auf sein Fehlverhalten anspricht (nicht, weil man es als Oberlehrerin besser weiß, sondern weil man vielleicht diesen Platz gerne
hätte), gesagt bekommt: „Dahinten sind doch noch genügend (andere) Plätze frei!“ – So geschehen gestern. Ähm ja, wie gesagt, Prinzip nicht verstanden. Ich überlege ja noch, ob ich mir für solche Fälle nicht mal einen Damenrevolver zulegen sollte. Nur einen ganz klitzekleinen.

Was macht man als Rollifahrerin, wenn so ein Fall eintritt? Richtig, das gleiche, was man tut, wenn überhaupt
keine Behindertenparkplätze vorhanden sind. Man stellt sich so hin, dass es keinen linken Nachbarn geben kann oder dieser mit ausreichend Platz parkt. Und zwar nicht, weil man ein Schild in die Tür klebt, das sieht sowieso keiner, sondern weil man zum Beispiel auf dem ganz linken Parkplatz mit ausreichend Raum zum Bordstein parkt – oder sich rotzfrech
über zwei Parkplätze stellt. Ja sorry Leute, ich vermeide das so gut es
geht, aber manchmal ist es die einzige Chance, die ich habe.

Vor einiger Zeit habe ich das mal am Hauptbahnhof gemacht, nachdem die dort vorhandenen 10+ Behindi-Parkplätze komplett belegt waren, zu mehr als 80% durch Unberechtigte. Als ich meine Freundin zum Zug gebracht hatte und wiederkam, ging gerade die große Abschleppaktion los.
Der Bezirkliche Ordnungsdienst war mit zwei Leuten vertreten und hatte ein halbes Dutzend Abschlepper geordert, die die ganzen Falschparker konsequent an den Haken nahmen. In einiger Entfernung neben meinem Auto gab es eine Diskussion, weil jemand, der auf dem Gehweg parkte, mit seinem Strafzettel nicht einverstanden war und die Verkehrsüberwachungskraft bepöbelte.

Der brachte dann wiederum mich ins Spiel: „Warum hat die da keine Knolle bekommen? Die parkt über zwei Plätze. Nur deshalb stehe ich hier auf dem Gehweg.“ – Ich war eigentlich schon fast weg, wartete dann aber doch noch ab. Auch auf die Gefahr, dass ich doch noch ein Ticket bekäme.
Die Verkehrsüberwachungskraft, die bis dahin noch recht ruhig war, fing
an zu sieden: „Die Dame hat einen blauen Parkausweis für Behinderte in der Scheibe gehabt. Und das Auto ist für Handbedienung umgerüstet. Also habe ich mir gedacht, sie wird so geparkt haben, weil sie sonst nicht ein- und aussteigen kann. Die für sie reservierten Plätze sind nämlich alle durch rücksichtslose Verkehrsteilnehmer belegt. Das ist auch der Grund für das massive Abschlepperaufgebot hier. Und Sie behindern durch Ihr Falschparken die Fußgänger. Die Rollstuhlfahrerin müsste nämlich Ihretwegen auf die Fahrbahn ausweichen, Bordstein runter, Bordstein rauf, mit ihrem Rollstuhl. Und jetzt empfehle ich Ihnen, hier wegzufahren, denn der nächste Abschlepper ist Ihrer. Die Anfahrt müssen Sie sowieso schon zahlen.“ – Er wollte klagen.

Es kann aber auch anders gehen, wie ich heute von einem im Rollstuhl sitzenden Kumpel gelesen habe. Dem haben sie bei einer ähnlichen Aktion,
er parkte mit einigem Abstand auf dem ganz linken Parkplatz einer Filiale einer Bürobedarfskette, auf dem kein Behindertenparkplatz vorgesehen war, und fand beim Zurückkommen einen Zettel an seinem Auto:

„Verwarnung! Dies ist zwar kein Strafzettel, aber wenn es nach mir
ginge, würden Sie zwei bekommen. Durch Ihr idiotisches, egoistisches und rücksichtsloses Parken beanspruchen Sie einen Parkplatz, der normalerweise für 20 Kamele samt Treiber ausreicht. Da dieser Zettel wahrscheinlich sowieso nicht fruchtet, verabschiede ich mich und wünsche
Ihnen baldigst einen Motorschaden auf einer völlig vereinsamten Landstraße um 23 Uhr bei minus 25 Grad und Windstärke 12. Außerdem mögen
1000 Kamelflöhe Ihr Arschloch heimsuchen, und zwar dann, wenn Ihre Arme
von einer temporären Lähmung befallen sind. Ein Parkplatzgeschädigter –
P.S.: Wenn Sie noch einmal so blöd parken, dann scheiße ich Ihnen auf die Motorhaube.“

Ja sag mal, geht’s noch? Der Zettel ist zwar nicht neu, wie man im Internet leicht feststellen kann, aber es gibt doch offenbar Leute, die den kopieren und verteilen. Und sich keine Gedanken machen. Oder wenig Verständnis aufbringen. Das Gute ist ja, dass ich die eintausend Kamelflöhe an meinem Po vermutlich nicht mal merken würde. Hingegen sollte ich mir für den angekündigten Kackfrosch auf der Haube vielleicht
doch den Damenrevolver kaufen? Nur den ganz klitzekleinen.

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