Kein Gel, kein Blinker, kein Hemd

Ich sag ja, der Alltag hat mich wieder. Wieder erwischt. Gleich drei Mal.

Zuerst stehe ich während meines praktischen Tags in einem Untersuchungsraum und suche eine neue Flasche Ultraschallglibber, nachdem die alte komplett leer ist. Warum holt derjenige eigentlich keine neue, der die alte leer gemacht hat? Der Patient, Anfang 30, recht
gepflegt aussehend, arbeitet bei einem Pizza-Schnellimbiss, sagt: „Wird
das bald mal was? Deine Fo**e findest du doch morgens beim Waschen auch
immer an derselben Stelle. Oder etwa nicht?“ – Ich muss ohnehin raus, da es hier kein Ultraschall-Gel mehr gibt. Im Dienstzimmer treffe ich meinen Lieblings-Oberarzt. Ich sage: „Ich soll mir ja jeden Zynismus sparen. Daher frage ich direkt: Mein Patient möchte mit meiner Fo**e geschallt werden. Was soll ich tun?“ – „Bitte was?“ – „Irgendwie sowas.“
– Der Oberarzt geht ins Behandlungszimmer, ich rolle mit meiner Flasche
Gel grinsend hinterher. Er poltert los: „Was ist das hier für ein Scheiß mit der Fo**e?“ – „Ich hab nur gesagt, sie findet ihre Fo**e ja auch beim Waschen, wieso denn nicht den Glibber?“ – Der Oberarzt nimmt mir die Flasche aus der Hand, knallt sie auf die Arbeitsplatte, winkt, ich möge mitkommen, stampft in einen anderen Untersuchungsraum und sagt zu dem dortigen Arzt: „Sie kümmern sich gleich mal um die Pottsau in der
Vier.“ – „Pottsau?“, fragt er, und der Patient, der da gerade auf der Behandlungsliege liegt, bekommt große Augen. „Ja, der macht da anzügliche Kommentare über Vaginalschleim, ich kann unser Küken im Rollstuhl da nicht alleine reinlassen. Nehmen Sie den Sicherheitsmann mit rein und wenn der sich nicht benimmt, fliegt er raus.“ – Soviel zum letztens gepredigten Thema „Unvoreingenommenheit“ …

Danach warte ich auf den Bus. Ein Mann, der eigentlich gar nicht so schlecht aussieht, spricht mich an. Ich denke, es geht um meinen sexy Körper, während er fragt: „Was kann der denn so? Einen Motor hat er aber
nicht, oder? Und auch keine Blinker?“ – Nö. – „Ist das denn nicht anstrengend, immer mit den Händen zu fahren?“ – Argh!

Und zu guter Letzt rolle ich durch einen Supermarkt. Ich habe, da ich
zu einer Versammlung etwas vornehmer gekleidet sein musste, ein weißes Hemd an. Als ich durch den Durchgang zwischen den beiden Kassentischen rolle, bleibe ich mit dem Arm an einem vorstehenden Metallspan hängen. In den Ärmel reißt ein großes Loch, meine Haut blutet. Die Kassierin kümmert das nicht, zuckt mit den Schultern. Ich frage nach dem Chef. Der
kommt und sagt: „Was fahren Sie auch durch den engen Gang? Sie hätten doch die Kollegin bitten können, dass sie die Rollstuhlkasse öffnet. Da wäre das nicht passiert. Sie müssen die Rollstuhlkasse benutzen, so steht es dran. Wenn Sie sich woanders die Klamotten zerreißen, weil sie am Kassentisch hängen bleiben, ist das Ihr Problem. Schönen Tag noch, ich habe zu tun.“ – Ähm … und wenn sich da jemand den Hintern aufreißt oder vielleicht nur das Kleid, dann war der Arsch zu dick für diesen Kassendurchgang? Ich glaube, die Bemerkung hätte er sich nicht getraut. Wenigstens ein Pflaster hätte er mir anbieten können, wenn er schon das 79 Euro teure Hemd nicht der Versicherung melden will.

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