Fremde Hände

Ich kann mich wundern. Zu staunen und sich wundern zu können, ist wichtig für die seelische Gesundheit. Sagt man, und zitiert dabei manches Mal den berühmten Einstein falsch. Macht in diesem Fall aber nichts, denn auch falsche Zitate können passen… Oder werden nochmal passend gemacht. Ich jedenfalls kann mich manchmal nur noch wundern. Und ob das für die seelische Gesundheit gut ist, sagt Einstein nicht. Und fragen kann ich ihn auch nicht mehr.

Da liegen drei Leute in einem Bett und gucken fern. Alle sind 20 Jahre alt oder älter, alle relativ unerfahren, insbesondere in puncto Sexualität. Eine Person wird von einer anderen befummelt. Vorsichtig, allmählich, mit Augenkontakt und den eindeutigen Signalen, dass es gefällt und okay ist. Irgendwann verschwindet die befummelte Person ins Bad, kommt danach kurz zurück und geht schlafen. Am nächsten Morgen verabschiedet sie sich mit den Worten: „Können wir gerne nochmal machen.“

Ein eindeutiger Fall von Kindesmissbrauch, so die Einschätzung einer Leserin, die mir inzwischen diverse (nicht veröffentlichte) Kommentare und auch diverse Mails geschrieben hat. Und empört ist. Und ein riesiges Fass aufmacht, ihre Mails an einen riesigen Verteiler sendet und fremde Menschen motiviert, mir ebenfalls Mails zu schreiben. Etliche von ihnen lesen gar nicht erst, nur halb oder nur die reißerische Mail, und beklagen anschließend ebenfalls einen Kindesmissbrauch.

Um das ganz klar zu stellen: Ich habe nichts gegen Menschen mit anderen Meinungen. Verschiedene Meinungen sind interessant. Sie auszutauschen ist wichtig, um den eigenen Standpunkt zu bestimmen, falls nötig zu verändern und zu festigen. Wir alle wissen, dass wir alle ständig dazu lernen. Insbesondere in Bereichen, in denen wir keine oder nur wenige Erfahrungen sammeln durften. Zu einem Meinungsaustausch gehört, dass man Ansichten, Moral- und Wertevorstellungen als solche kennzeichnet. Dass man argumentiert und begründet. Und weitere Meinungen
zulässt. Und die Gesprächspartner ernst und wichtig nimmt. Auf Augenhöhe.

Ich habe etwas gegen Hetze. Gegen mutwilliges Verdrehen von Tatsachen, nur um Stunk zu machen, Aufmerksamkeit zu erregen und sich in den Mittelpunkt zu stellen. Es ist langweilig und nervig und ich frage mich, welche Persönlichkeiten hinter solchem Aktionismus stecken. Was diese Menschen den ganzen Tag zu tun haben, um sowas anzuzetteln. Ob sie das für sich brauchen. Was es ihnen gibt. Zumal es nicht das erste Mal ist, sondern in letzter Zeit ständig wieder vorkommt. Vielleicht bringt eine gewisse „Berühmtheit“ im Netz es mit sich, vielleicht haben einzelne Leserinnen und Leser auch zu wenig Hobbys.

Noch einmal: Ich meine damit nicht diejenigen, die einen (begründeten) Kommentar hinterlassen haben. Diese Kommentare habe ich veröffentlicht, die habe ich mir durchgelesen. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass es Leserinnen und Leser gibt, denen mein Verhalten seltsam vorkam, die aus dargelegten Gründen anders gehandelt hätten. Das kritisiere ich nicht, im Gegenteil, es hilft mir, meinen Standpunkt und meine Handlungen zu überprüfen. Ob ich das am Ende genauso sehe, ob es möglicherweise Ungenauigkeiten in meiner Erzählung gab, ob ich vielleicht Stimmungen nicht ausreichend transportiert habe oder ob ich schlicht akzeptiere, dass es Menschen mit anderen Meinungen gibt, ist völlig offen.

Aber ansonsten habe ich nichts Verbotenes gemacht und sehe in dem, was ich getan habe, auch nichts Verwerfliches. Auch nichts, wofür ich mich rechtfertigen müsste. Das „Kind“ war 20 und damit alleine in der Lage, „Nein“ zu sagen. Auch muss ich mit Niemandem einen schriftlichen Vertrag schließen, bevor ich mit ihm oder mit ihr ins Bett gehe. Ich kann ein „Ja“ auch in den Augen ablesen und ich habe das „Ja“ in den Augen abgelesen. Ich habe zu keiner Zeit die Absicht, andere Menschen auszunutzen, mich über sie lustig zu machen oder herablassend zu sein. Und damit ist zum schrägen Vogel alles gesagt.

Noch nicht alles gesagt ist zu meinem künftigen Umgang mit Kommentaren. Seit einiger Zeit moderiere ich diese ja bekanntermaßen. „Moderieren“ heißt nicht, dass ich sie inhaltlich verändere, sondern dass ich entscheide, ob ich sie unter meinem Beitrag in meinem Blog veröffentliche. Nötig war das einst geworden, als mein Blog in einem Fetisch-Board verlinkt worden war. Diese Szene liest zwar noch immer mit, postet hin und wieder (vor allem bei Fragerunden) auch nochmal was, aber es ist insgesamt sehr ruhig geworden. Jeden ernst gemeinte Kommentar habe ich bisher veröffentlicht, unabhängig davon, ob die Verfasserin oder der Verfasser meiner Meinung war. Bisher habe ich mir alle Kommentare durchgelesen und mich mit ihnen irgendwie auseinandergesetzt. Bei einigen, wo ich unsicher war, ob da möglicherweise verbotene Äußerungen stattfinden, habe ich vorher bei meinem Advocado angefragt.

Ab sofort wird es allerdings so sein, dass ich diese „Aufgabe“ in fremde Hände gebe. Hände, in die ich sehr viel Vertrauen habe. Man kann es nennen wie man will. Für mich ist es eine Art Luxus, um mich wieder mehr auf die angenehmen Seiten des Bloggens konzentrieren zu können. Selbstverständlich lese ich noch meine Kommentare – sofern sie halt veröffentlicht wurden. Ich habe nie gedacht, dass das eines Tages mal nötig sein wird. Ich habe aber auch nie damit gerechnet, dass meine Seiten über drei Millionen Mal aufgerufen werden würde.

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