Flirter und Dickmacher

Gibt es Männer, die mit sexy Frauen in Kontakt kommen wollen und sie deshalb scheinbar unbeabsichtigt anrempeln? Indem sie beim Laufen verträumt auf ihr Handy gucken, betont abwesend rückwärts oder seitwärts
gehen, verlorenes Gleichgewicht oder die versehentlich unangemessene Geschwindigkeit vor unübersichtlichen Ecken vortäuschen? Ja, die gibt es.

Gibt es Frauen, die mit knackigen Männern in Kontakt kommen wollen und sich ähnlich anstellen, dabei aber noch auf weitere Tricks aus der Kiste, wie zu hohe Absätze, Orientierungslosigkeit, … ach, ich muss aufpassen. Beides hat, wenn es nicht zu plump ist, einen gewissen Charme. Flirten gehört dazu.

Würden alle die Menschen, die mich in letzter Zeit unbeholfen angerempelt haben, charmant mit mir flirten wollen – wie cool wäre das bitte? Wie gerne würde ich das Spielchen mitspielen und genauso unbeholfen den knackigen Muskelmann so umfallen lassen, dass er sich plötzlich in meinen Armen wiederfindet!

Aber nein … es rempeln immer nur die Doofen. Und die Doofen wollen nicht flirten, sondern nur ins Gespräch kommen. Ja, sorry, ich weiß, ich
nörgel schon wieder rum. Allerdings sagt meine Psychologin immer, ich soll nicht alles runterschlucken. Und für alle Leserinnen und Leser, die
jetzt abbrechen wollen, sei gesagt: Es wird gleich besser! Also liest du weida!

Jedoch erst nochmal zu den Doofen. Besonders lustig wird es, wenn ich
das Ansinnen frühzeitig erkenne. Ein kurzer Blickkontakt, auffällig betontes Weggucken – und dann sich auffallend langsam und im Handy lesend auf Kollisionskurs begeben. Selbst dann, wenn ich inzwischen mehrere Kurskorrekturen gemacht habe, ändern diese Leute ihren Kurs immer wieder so, dass wir wieder zusammen rasseln würden – zufällig immer in die Richtung, in die ich auch korrigiert habe. Und zufällig immer nach einem kurzen Hochgucken. Und irgendwann bleibe ich stehen, spreche ein bis zwei Meter vor dem Crash denjenigen an und erlebe dann meistens, dass diejenigen trotzdem bis zur Kollision weiter laufen, um dann zu sagen: „Oh, oh, Entschuldigung, haben Sie sich verletzt? Das ist
mir ja unangenehm, meine Mutter (Vater, Nachbar, Freund) saß auch mal im Rollstuhl und da habe ich immer geschimpft, wenn Leute keinen Platz gemacht haben, und heute bin ich selbst unaufmerksam. Ich hoffe, Sie können mir verzeihen.“

Ein Seufzen. Und ein müdes Lächeln.

Richtig lachen musste ich aber vor einigen Tagen beim Einkaufen. Ich hatte für eine Party drei Flaschen Cola, Chips, Erdnüsse, Gummibärchen und noch irgendwas anderes ekelhaft Ungesundes auf dem Schoß. In einem langen Gang begegnete mir eine Frau mit einer offensichtlichen Beeinträchtigung. Sie gehörte zu einer Wohngruppe, die direkt vor mir mit einem Bus, auf dem groß das Logo einer hiesigen Wohneinrichtung für geistig behinderte Menschen klebte, angekommen war, geschlossen in den Supermarkt einfiel und sich dann aufteilte. Diese Frau, etwa Mitte 40, musterte meinen ungesunden und kaloriereichen Einkauf und prustete laut ein „Boa! Oha! So viele Dickmacher!“ aus sich heraus. Um dann zwei Sekunden später über sich selbst zu lachen mit den Worten: „Naja, warum auch nicht?!“

She made my day. Immernoch breit grinsend erreichte ich die Kasse. Als ich dran war, sah mich die Kundin, die vor mir gerade ihren Einkauf in ihren Hackenporsche räumte. Sie strich mir plötzlich über den Oberarm
und sagte: „Schön, dass Sie sich trotz Allem freuen können.“ – Darauf hatte ich nun gerade noch gewartet.

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